Blind Date mit Folgen - Roman
den Chatroom verlassen wollte. Typisch! Er hatte zwar nichts Konkretes geschrieben – sie war ja dann auch verschwunden, weil sie sich der plötzlichen Nähe gewahr wurde –, doch sie vermutete, dass er ihr ein Treffen vorschlagen wollte.
Eigentlich war es die Frage nach dem Glücklichsein gewesen, vor der sie sich drücken wollte. Das war einfach zu persönlich. Bei der Frage fühlte sie sich entblößt, und das, obwohl sie ihm bereits andere persönliche Dinge erzählt hatte. Sie hätte gar nicht anders gekonnt, als die Wahrheit zu schreiben und ihn in ihre Vergangenheit blicken zu lassen. Aber sie war gerade noch rechtzeitig auf die Bremse getreten, denn das hätte ohne Zweifel zu weit geführt.
Er würde also nach München kommen, am Wochenende. Bei dem Gedanken verspürte sie plötzlich eine ihr unbekannte, seltsame Erregung. Wie sollte sie reagieren, falls er ihr tatsächlich ein Treffen vorschlug? Ganz abgeneigt war sie eigentlich nicht, aber wirklich überzeugt auch nicht. Sie wusste nur, dass sie ein kleines Kribbeln in der Magengegend verspürte.
Seit dem Ausloggen waren gut drei Stunden vergangen. Inzwischen hatte sie trotz allem die nötige Konzentration gefunden, die Kolumne für den morgigen Tag aufzuarbeiten. Das Thema ›Shop till you drop‹ – ›Shoppe bis du umfällst‹ – hatte natürlich sehr zur gesteigerten Motivation beigetragen, denn sie war ja selbst eine Liebhaberin von Fashion und den neusten Trends. Deshalb wurmte sie das Pink Flamingo-Dilemma umso mehr.
Damit die Farbe dunkler wirkte, bekamen die Nägel eine zweite Schicht, dann blies Maira auf ihre Zehen, damit der Lack schneller trocknete. Nach ein paar Minuten machte sie sich daran, Pacino und die Fische zu füttern. Sie knipste das Licht wieder aus. Das Wohnzimmer wurde nun alleine durch den grünlichen Schimmer der Wasserbeleuchtung erhellt, was dem Raum in Mairas Augen einen dschungelartigen Touch gab. Sie legte sich aufs Sofa und beobachtete das farbenfrohe Treiben im Aquarium. Ihre Gedanken wanderten gen Israel.
Durch Yaron entdeckte sie die Liebe zu den Fischen und zur Unterwasserwelt. Seit seiner Kindheit tauchte er und kannte praktisch jedes Riff im Roten Meer. Zwar machte ihr bei ihren ersten Tauchgängen die Bootsfahrt zu schaffen, sie übergab sich mehrfach in die unruhige See, doch sobald sie untertauchten, war das Unwohlsein wie weggeblasen und Maira war verzaubert von der Vielfalt und zarten Schönheit, die sie in der Tiefe entdeckte.
Wenige Tage nach ihrer Rückkehr in die Schweiz hatte sie einen großen Teil ihrer Ersparnisse für ein Gesellschaftsaquarium mittlerer Größe ausgegeben. Für das 180-Liter Becken hatte sie für den Hauptschwarm Zebrabärblinge ausgesucht, dazu vier Schmetterlingsbuntbarsche, zwei Skalaren, je vier Platy und Neonfische sowie einige der Putzfische Antennenwelse. Die Zusammenstellung war wunderschön fürs Auge und um dem Ganzen den ultimativen Meereslook zu geben, hatte sie das Aquarium mit Kies gefüllt, es mit Mangrovenwurzeln, Wasserpflanzen, Muscheln und Steinen ausgeschmückt, bis das Becken schließlich wie ein japanischer Unterwassergarten aussah.
Jedes Jahr zu ihrem Geburtstag kamen mehr Fische dazu – Geschenke von Eve, Sven oder ihrem Vater – und heute war sie stolze Besitzern von über 50 Fischen acht unterschiedlicher Arten.
Die Mikrowelle riss sie abrupt aus ihren Gedanken. Maira stand auf und lief in die Küche. Sie zog das aus Schmorbraten, Nudeln und Erbsen bestehende Fertiggericht heraus, schnappte sich ihr Besteck und setzte sich damit ins Wohnzimmer, wo der Laptop immer noch offen auf dem Kaffeetisch stand. Sie band ihre langen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen. Den warmen Teller stellte sie neben sich auf das Sofa, dann loggte sie sich ein. Sofort wurde sie von FEUER33 angeschrieben.
FEUER33:
Vorhin bist du gegangen, ohne dich zu verabschieden. :-( Machst du das immer so?
Es war ihm also aufgefallen …
von SECRETS an FEUER33:
Ich hatte noch Dinge zu erledigen und hab dir doch gesagt, dass ich mich ausloggen würde. Jetzt bin ich ja wieder da. Wieso, wolltest du mir etwas Wichtiges sagen? ;-)
FEUER33:
Nicht unbedingt top wichtig, aber hattest du schon mal …
Da zischte es und der Bildschirm wurde plötzlich schwarz. Der Computer war abgestürzt! Ohne Vorwarnung. Ausgerechnet jetzt, verflixt!
Sie versuchte, den Laptop neu hochzufahren, aber es tat sich nichts. Das gab es doch nicht! Was sollte sie tun?
Maira
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