Blind vor Wut
gegeben hat, was wir getan haben.«
Was ich getan habe, dachte ich. Was ich getan habe. Mit seinem Vorrat an Betäubungsmitteln. Hätte nicht gedacht, dass er das spitzkriegt. Jedenfalls nicht so schnell, aber …
»Liz«, sagte ich, »erzähl mir erst mal, was genau geschehen ist.«
»Steve hat damit angefangen, verdammich! Er hat Daddy erzählt, wie du ihn losgeschickt hast, um importierte Gänseleberpastete zu kaufen, und dass er zwei Stunden vergeblich danach gesucht hat. Also ist Daddy natürlich neugierig geworden; ein Highschool-Schüler, der so etwas kauft. Und er wollte alles über dich wissen. Wer du bist und wo deine Eltern sind, deine Mutter, meine ich, und, na ja, dann hatte er einen Patienten und war recht lange weg. Als er wieder aus der Praxis kam, hat er uns noch einen Haufen weiterer Fragen gestellt und meinte schließlich, du seist anscheinend nicht die Art von Bursche, mit der wir Umgang haben sollten, und dass wir dich ab sofort nicht mehr treffen dürften.«
»Das ist alles?«, fragte ich.
» Alles? Ist das nicht genug? Aber es ist tatsächlich noch nicht alles. Er hat Steve aufgetragen, dir einen Brief zu schreiben und zu erklären, dass wir zu keinem Zeitpunkt zu euch zum Dinner kommen würden.«
Das sei ja wirklich schade, meinte ich, da ich doch ganz wild darauf sei, sie bald wiederzusehen, außerdem sei meine Mutter für ein paar Tage nicht da. Und ich dachte: Tja, Al, vielleicht hast du noch mal Glück gehabt. Der Doc scheint dich nur in Quarantäne stecken zu wollen.
»Allen, mein Schatz«, sagte Liz. »Ich muss mich jetzt verabschieden.«
»Auf Wiedersehen …«, ich unterdrückte ein Gähnen, »… auf Wiedersehen, Liz, mein Schatz.«
»Ich werde morgen Nachmittag die Schule schwänzen. Wir treffen uns gleich nach Ende der letzten Vormittagsstunde.«
»Ähm«, meinte ich. »Augenblick mal, um Himmels willen! Das kannst du doch nicht machen, Baby. Wenn das dein Dad herausfindet, ist die Hölle los.«
Liz schniefte nur abfällig. »Das findet er nicht heraus. Er käme noch nicht mal auf die Idee, dass einer von uns ihm nicht gehorchen würde.«
»Vielleicht steckt Steve es ihm. Er scheint ja ziemlich unter der Fuchtel eures Vaters zu stehen.«
»Unter meiner . Steve tut ganz genau das, was ich ihm sage. Außerdem kommt er später nach, er muss erst noch eine schwere Prüfung schreiben.«
Ich zögerte und suchte nach weiteren Einwänden. Schließlich fanden sich meine Fingerabdrücke in der ganzen Drogenschublade, und ich schien über einer ziemlich großen Jauchegrube zu baumeln, in die mich Dr. Hadley ganz nach Belieben plumpsen lassen konnte.
Lizbeth verstand mein Zögern falsch. »Allen, es ist doch in Ordnung, wenn wir zu dir nach Hause kommen, oder? Mit der Hausverwaltung, meine ich. Es gibt doch wohl keine Beschränkung, dass du farbige Besucher nur nachts empfangen darfst?«
»Na ja, um ehrlich zu sein«, meinte ich und sah einen Ausweg. »Der Hausverwaltung ist es nicht …«
Ich unterbrach mich, so getroffen war ich von dem, was sie gerade über Steve gesagt hatte: Er würde unter ihrer Fuchtel stehen und ganz genau das tun, was sie ihm sagte. Das war doch ziemlich ungewöhnlich, oder? Jungs in dem Alter sind äußerst empfindlich, wenn ihre Autorität bedroht ist, und dass Steve Befehle von seiner Schwester entgegennahm …
»Eigentlich«, sagte ich endlich, »ist es der Hausverwaltung vollkommen gleich. Ihr seid überaus willkommen. Pass nur auf, dass Steve so schnell wie möglich nachkommt. Das sieht besser aus, weißt du, nur für den Fall, dass jemand unerwartet hereinplatzt.«
»Ich verstehe«, meinte sie. »Natürlich möchte ich, dass wir beide zumindest eine Weile allein sind.«
»Ich auch«, erklärte ich. »Vielleicht könnte ich dich ja rasieren.«
Schockiert holte sie Luft, womöglich tat sie auch nur so. Dann kicherte sie. »Du böser, böser Junge, du! Gute Nacht, Schatz. Ich muss los.«
»Gute Nacht.«
Wir legten auf, und ich linste nachdenklich in mein Martiniglas. Ich grübelte. Ja oder nein? Und schließ lich entschied ich, dass es wohl das Risiko wert war, Liz und Steve in der Wohnung zu haben.
Vielleicht könnten sie mich ja erlösen.
Vielleicht würden sie mir zurückgeben, was Mutter mir genommen hatte.
Je mehr ich darüber nachdachte, umso aufgeregter wurde ich. Ich wollte mir noch einen Martini einschenken, doch dann riss ich die Hand zurück und stand auf, trug Krug und Glas in die Küche und schüttete alles in den Ausguss. Ich
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