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Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Thompson
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ziemlich sicher, dass Mr. Velie sie schon wegen eines anderen Ärgers angerufen hatte, meine Beurlaubung von der Schule. Deshalb …«
    »Ach ja?« Er kniff die Augen zusammen. »Worum ging es dabei? Warum bist du beurlaubt worden?«
    »Es war nicht Allens Schuld!«, ging Josie verärgert dazwischen. »Dieser alte Kauz von Lehrer – Allen ist zehnmal klüger als er! –, er hat ihn bei Mr. Velie gemeldet, und …«
    »Psst, Mädchen. Ich habe nicht dich gefragt.«
    »Ich bin aber nicht still! Mr. Velie hat mir alles erzählt, und er hat sich geschämt, dass er Allen suspendiert hat. Aber natürlich muss er sich vor seinen Kollegen stellen. Das ist einfach nicht fair!« Ihre Augen funkelten. »Allen kann sich kaum umdrehen oder den Mund aufmachen, ohne dass sich jemand auf ihn stürzt!«
    Der Sergeant schüttelte den Kopf und musste zugeben, dass ich wirklich ein echter Pechvogel sei. »Zumindest hast du diesmal etwas Glück, vielleicht sogar ziemlich viel. In diesem Fall mit den Sanders, meine ich. Sie haben es nämlich wirklich auf dich abgesehen – vor allem Mrs. Sanders. Sie haben versucht, gegen dich eine Anklage wegen Mordes zu erwirken.«
    » Mord? Mein Gott, warum sollte ich denn ein kleines Baby ermorden?«
    »Es sind schon verrücktere Dinge passiert.« Blair zuckte mit den Schultern. »Ich hab schon alles Mögliche erlebt. Die Kids betrinken sich oder sind zugedröhnt und stellen nur so zum Spaß alle möglichen furchtbaren Dinge an.«
    Ich zitterte, und mir war kalt bis in die Schuhsohlen. Blair murmelte beruhigend.
    »Immer langsam, Junge. Du brauchst dir keine Sorgen machen. Ich weiß, du warst so offen und ehrlich wie ein Richter, ich habe ja gleich danach mit dir gesprochen, und ich weiß, dass es ein Unfall war. Nicht nur das, auf dem Dach hat ein Mann gearbeitet, der schwört auch, dass es ein Unfall war. Also, ich hab hier diese eidesstattliche Erklärung …«
    Er zog ein eng getipptes Blatt Papier aus der Tasche und reichte es mir. Er und ein anderer, wohl der Mann vom Dach, hatten es bereits unterzeichnet, und es gab noch Platz für meine Unterschrift.
    »Soll eine Aussage von dir aufnehmen«, erklärte er. »Aber ich wusste ja, dass du ziemlich aufgeregt sein würdest, außerdem kann ich das selbst wahrscheinlich besser formulieren. Alles, was dir nicht richtig erscheint, kann ich ändern. Falls du lieber warten willst, bis deine Mutter zurückkommt …«
    Ich las seine Aussage durch, ein Unfallbericht. Nach der Art zu urteilen, wie er sprach, hätte ich nie gedacht, dass er zum Erstellen eines solchen Dokumentes fähig wäre. Es war grammatikalisch vollkommen korrekt – ein nahezu perfektes Beispiel für Klarheit, Kürze und Struktiertheit.
    Ich unterschrieb und reichte ihm das Blatt mit der Bemerkung zurück, er hätte Schriftsteller werden sollen.
    »Findest du? Das habe ich mir auch immer gedacht.«
    »Da haben Sie richtig gedacht.«
    »Stoff zum Schreiben hätte ich genug. Das ist die Hauptsache, glaube ich. Ich finde, das meiste, was ich lese, ist eigentlich überflüsssig. Die haben einfach nichts zu sagen.«
    »Das ist sehr wahr«, bestätigte ich.
    »Ja«, meinte auch Josie. »Nicht nur, dass die Leute nichts zu sagen haben, sie haben auch keine Tochter, die erstklassig tippen kann und in Journalismus und Englisch Einser hat.«
    Blair wurde rot und räusperte sich. Mein Essen würde bestimmt kalt werden, meinte er, wenn es nicht schon kalt sei, also würden Josie und er jetzt besser gehen.
    »Bleiben Sie, und essen Sie mit mir«, lud ich sie ein. »Ich habe sicherlich genug für alle, und ich hasse es, allein zu essen.«
    »Danke, aber ich muss zur Arbeit.« Blair nahm seinen Hut und stand auf. »Außerdem habe ich schon gef… – gegessen. Muss früh essen, wenn ich Nachschicht hab.«
    Ich stand ebenfalls auf, doch Josie blieb sitzen. Blair sah sie stirnrunzelnd an und bewegte den Kopf in Richtung Tür. »Du hast mich gehört, Mädchen. Ich muss zur Arbeit.«
    »Ich nicht.« Josie lächelte gelassen. »Und ich habe noch nicht gef… – gegessen, und ich hasse es ebenfalls, allein zu essen. Also nehme ich Allens Einladung an, mit ihm zu Abend zu essen.«
    »Du meinst allein? Ihr beide esst allein? «
    »Genau das meine ich«, sagte Josie. »Gibt es irgendeinen Grund, warum wir das nicht tun sollten?«
    »Nun ja …« Der Sergeant gestikulierte schwach. »Ähm, weißt du. Ich meine, schließlich – also …«
    »Ja? Sag doch bitte, was du zu sagen hast, und bring es auf den Punkt.

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