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Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Thompson
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Chirurg.«
    Tiefes Schweigen. Das sie schließlich durchbrach: »Ach, verstehe.«
    »Ist was?«, fragte ich.
    »Nein, nein. Ich habe gerade nachgedacht, hab versucht, mich zu erinnern, meine ich. Du hast die beiden schon mal erwähnt, oder?«
    »Möglich«, antwortete ich. »Ich dachte eigentlich nicht, aber …«
    »Du wirst doch nett zu ihnen sein, oder? Machst keinen Ärger oder sonst etwas, das du nicht darfst?«
    Ich stöhnte und meinte nur, warum wir die ganze verdammte Sache nicht einfach vergessen würden? Mir war das so oder so vollkommen egal.
    »Ich hab dir doch gesagt, dass der Vater wahrscheinlich auch kommt. Der Doktor. Er ist einer dieser stinkigen Aufsteiger und hat seine Kinder entsprechend erzogen, er wird diesen Besuch als einen wichtigen Schritt nach oben auf der sozialen Leiter ansehen. Ich bin angeblich einer von ihnen, verstehst du? Und du bist die Maikönigin. Jedenfalls sind wir wahrscheinlich zu viert, und solange der Doktor nicht anfängt, uns Spritzen zu setzen oder mit seinem Skalpell zu bearbeiten …«
    »Ach, Schatz, rede doch nicht so. Natürlich habe ich nichts dagegen, dass du sie einlädst. Ich fände es zwar besser, wenn ich dabei wäre, aber das geht ja nun mal nicht …«
    »Na ja, ich weiß auch noch gar nicht, ob ich sie wirklich einlade«, meinte ich. »ich hab mich noch nicht entschieden.«
    »Aber ich möchte es«, sagte sie, und sie schien es wirklich so zu meinen. »Bitte lade sie ein. Es ist gut für dich, Gesellschaft zu haben, und, ähm, ja, vielleicht wird es ja ganz unterhaltsam. Wenn ich zurück bin, kannst du mir alles erzählen.«
    Dabei ließen wir es bewenden. Mutter hatte stets eine gepackte Tasche im Büro, also sagten wir uns am Telefon Gute Nacht – nachdem ich zigmal mein Versprechen wiederholt hatte, mich anständig zu benehmen.
    Tatsächlich hatte ich meine Pläne hinsichtlich der Hadleys ein wenig abgeändert und beabsichtigte nun, sie anständig zu behandeln. Zum einen war da Liz und unser gemeinsames Beisammensein. Nach so einer Sache, auch wenn sie nicht das übliche Ende gefunden hatte, kann man eine Frau doch nicht vor den Kopf stoßen. Und sie zum Essen einzuladen, würde es ihr leichter machen, darüber hinwegzukommen. Und dann war da noch der Doktor. Ich nehme keine Drogen, weshalb mich schon das Probieren so mitgenommen hatte, aber ich finde immer interessante Einsatzmöglichkeiten dafür. Und für einen leichten Zugang zu Drogen bedurfte es der Dienste von Dr. Hadley.
    Ich schenkte mir noch einen Martini ein und trank ihn aus, während draußen die Dämmerung einsetzte. Ich überlegte, was ich zu Abend essen wollte, mir fiel aber nichts ein. Aus Mangel an sonstiger Beschäftigung ließ ich mir von der Auskunft Hadleys Telefonnummer geben und rief an.
    New York ist in den letzten Jahren völlig vor die Hunde gegangen. Sein Scheitern lag schon immer drohend in der Luft, nehme ich an, das liegt an der uralten Infrastruktur und ihren schon lange verstorbenen Entwicklern, an dem fast völligen Fehlen jeglicher Planung und der politischen Schieberei, die die Bauzeichnungen der Ingenieure zu Lachnummern verkommen ließen – Blaupausen, auf denen fälschlicherweise wichtige Installationen eingezeichnet sind, die die Vervollständigung des Unvollständigen zeigen oder einfach erlogen sind, je nach Faulheit oder Inkompetenz ihres Urhebers. Jedenfalls ist die Stadt krank, und ihr beschämender Ursprung zeigte sich letztlich an einer Plage von Störfällen und Versehen, im besten Falle einer Verhunzung dessen, was schon zu besten Zeiten kaum mehr als ein geordnetes Chaos gewesen war. Und da es scheinbar keinen Grund dafür gab, gab es auch kein Gegenmittel.
    Beim ersten Anruf bei den Hadleys war ich falsch ver bunden. Beim zweiten Anruf ebenfalls. Und genauso auch beim dritten. Ich nahm eine Auszeit und noch einen Drink, als das Telefon klingelte und Lizbeth dran war.
    Sie sagte, sie würde aus einem Süßigkeitenladen in der Nähe ihrer Wohnung anrufen, und sie klang verwirrt, wütend und ein wenig verängstigt.
    »Es ist etwas passiert, Allen. Ich glaube, Daddy weiß das von uns.«
    »Er weiß von uns?«, wiederholte ich. »Was gibt es denn da zu wissen?«
    »Na ja …«
    »Es ist doch gar nichts passiert, Baby. Wir haben ein bisschen herumgespielt, das war auch schon alles.«
    »Ich bin mir sicher, er weiß, dass wir in der Praxis waren. Ziemlich sicher. Und ich glaube, er hat etwas entdeckt, was ihm, na, du weißt schon, eine Vorstellung davon

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