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Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Thompson
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ein Junge! Bringen die dir denn in der Schule gar nichts bei?«
    »Ach, herrje!«, sagte ich beschämt und knöpfte alles um. »Hat man so was schon gesehen!«
    »Was hältst du denn von den Dodgers, Herbie?«, wollte Mrs. Flugenheimer wissen. »Das is doch ’n Ding, was?«
    »Ja«, meinte ich. »Echt ein Ding. Und was ist mit den Russkis?«
    »Wir sollten denen die Bombe auf Moskau schmei ßen«, betonte Mrs. Dillingham und wiegte sich vor und zurück. »Das wird ihnen eine Lehre sein!«
    Mrs. Schultz meinte, das würden wir nie tun, weil das Oberste Gericht das niemals zulassen würde. »Stimmt doch, oder, Herbie? Die Richter sind doch alle verkappte Kommies.«
    »Also, ich sag Ihnen mal was«, fing ich an und sprach vertraulich leise. »Ich sag Ihnen, wenn die Würfel gefallen sind und man alles vom Ende her betrachtet, gibt es nur eins, das müssen Sie zugeben. Sie müssen eins zugeben, ganz egal, was die anderen sagen.«
    »Ja, Herbie, was denn?« Eifrig beugten sie sich vor. »Was ist es denn, Herbie?«
    »Sie müssen eins zugeben, wenn man sich das mal genauer betrachtet und alles gesagt ist, so am Ende des Tages«, sagte ich. »Das ist so klar wie Kloßbrühe, und das müssen Sie zugeben, unter Mussolini waren die Eisenbahnen pünktlich.«
    Ich verengte vielsagend die Augen und nickte ihnen zu. Sie warfen sich bedeutungsvolle Blicke zu und nickten im Chor zurück. Dann lächelten wir uns in gegenseitiger Anerkennung an. Ich schwatzte noch ein wenig mit ihnen – bestand darauf, dass sie irgendwann in nächster Zukunft mal auf Kaffee und Kuchen bei Carol und mir vorbeischauen müssten (sie waren ziemlich baff über die Einladung) – und ging dann weiter zur Wohnung.
    Es versteht sich von selbst, dass ich eine ziemlich gute Vorstellung davon hatte, was Itzop Kozalski zu Carol gesagt hatte, außerdem würde ich ja bald einen ausführlichen Bericht von ihm bekommen. Es war also äußerst ermüdend, ihr Wort für errötendes Wort aus der Nase zu ziehen, wie es der Anschein von Besorgnis, den ich an den Tag legte, von mir verlangte.
    Als sie fertig erzählt hatte, legte ich die Stirn in Falten und schüttelte den Kopf.
    »Das macht mir Sorgen, Mama Carol«, stellte ich fest. »Ich hoffe, es ist nicht das, was ich denke, aber …«
    Ich ließ meine Worte in eine brütende Stille verklingen, hielt inne, schüttelte den Kopf, kümmerte mich nicht um ihre immer nervöser wirkenden Nachfragen, was mich denn so beunruhigen würde.
    »Bitte, Herbie«, flehte sie und rutschte auf dem Sofa zu mir hin. »Sag es mir bitte, Schatz.«
    »Ich weiß nicht«, entgegnete ich. »Ich könnte mich auch irren.«
    »Herbie?«
    »Ich glaube zwar nicht, aber vielleicht schon. Wenn ich allerdings recht habe, und da bin ich mir eigentlich zu hundert Prozent sicher, dann …«
    »Herbie! Du musst es mir einfach sagen!«
    Ich zögerte noch einen Augenblick, dann seufzte ich schwer und meinte, es sei wohl tatsächlich besser, ich würde es ihr sagen. Wenn ich auch nur den leisesten Verdacht hätte, meine eigene liebe Mama Carol sei in Gefahr, dann sei es meine Pflicht, sie zu warnen.
    »Aber beantworte mir erst eine Frage, Mama Carol. Ist dir so etwas schon früher mal passiert, abgesehen von heute? Ich meine, haben sich dir auch schon andere Männer unsittlich genähert?«
    »Hm … Ein paar haben versucht, mit mir zu flirten.«
    »Wie viele, würdest du schätzen?«
    »Na ja …« Sie lachte unbehaglich. »Ach, ich weiß nicht, Schätzchen. Schon ein paar, würde ich sagen.«
    »Ungefähr jedes Mal, wenn du allein ausgehst, richtig? Hat einer von denen jemals etwas anderes versucht, als nur zu flirten? Wie zum Beispiel, sich an dir zu reiben oder gegen dich zu stoßen? Oder dir vielleicht Andeutungen ins Ohr zu flüstern?«
    Sie nickte, peinlich berührt. »Ich verstehe einfach nicht, warum die Männer so etwas tun, Herbie. Ich meine, warum können sie nicht alle so nett und süß sein wie du?«
    »Das wird mir immer ein Rätsel bleiben«, antwortete ich und drückte ihr liebevoll das Knie. »Aber wer weiß? Vielleicht wäre ich auch so geworden, wenn mich nicht meine süße Mama Carol aufgezogen hätte.«
    »Du Charmeur, du! Schon allein dafür gebe ich dir einen dicken Kuss.«
    »Nur einen?«
    »Nein! Ein Dutzend!«
    Also gut. Wir brauchten eine Weile, um zum Thema zurückzukommen, denn zu einem Dutzend Küsse gehören natürlich auch ein Dutzend Umarmungen und weitere Tätscheleien und Zärtlichkeiten, und sie keuchte davon schwer, und

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