Blind vor Wut
ihre Augen brannten vor unbewusstem Verlangen.
»M-meine Güte«, sagte sie und machte sich endlich von mir los. »Ach herrje, schau nur mal, was ich angestellt habe!«
»Na, dreh dich einfach um«, sagte ich. »Dein kleiner Junge wird sich schon um seine Mama Carol kümmern.«
Sie drehte sich um, und ich machte ihr den BH wieder zu. Sie hatte schon längst meinen ersten Annäherungsversuch vergessen und nahm solche intimen Dienste ganz selbstverständlich hin. Oder sollte ich sagen, mit Freuden? Ohne dass ich Wesentliches dafür hätte tun müssen, fürchte ich, hätte sie auf der Stelle jegliche Beherrschung verloren. Aber das wollte ich nicht. Das gehörte nicht zum Plan.
Als sie nun meine Hand gegen ihre Brust drückte und sich mit gerötetem Gesicht zu mir umdrehte, tat ich einen großen Schritt zurück.
»Um auf diese Angelegenheit heute zurückzukommen …«
»H-Herbie …« Sie kam auf mich zu. »M-müssen wir gerade j-jetzt darüber reden?«
»Aber ja«, beharrte ich. »Warum denn nicht, Mama Carol?«
»N-nun, ich könnte dich noch ein wenig küssen.«
Ich lachte herzlich und meinte, solche Umstände wolle ich ihr nicht machen. Wenn sie mich küsste, würde sie wieder außer Atem kommen und ihre Kleidung in Unordnung bringen und weiß Gott was noch alles. »Ich will dich mal was fragen, Mama Carol«, sagte ich. »Erinnerst du dich noch an die Bedingungen in Papas Testament?«
Sie nickte abwesend und dachte noch immer an, na Sie wissen schon. »Testament? Ja, ich glaube schon.«
»Du sollst mir bis zu meinem einundzwanzigsten Geburtstag ein moralisch einwandfreies Umfeld bieten, richtig? Wenn du das tust und bis zu diesem Zeitpunkt allein bleibst, wird Papas Erbe gerecht unter uns beiden aufgeteilt. Falls du das aber nicht schaffst, bekommst du gar nichts, deine Hälfte fließt in einen Treuhandfonds, dessen Einnahmen dann an mich gehen …«
Wieder nickte sie und runzelte angesichts meines ernsten Tonfalls leicht die Stirn. Ja, Herbie? Was das alles denn mit ihr zu tun habe? Ich fragte sie, ob sie wisse, auf welche Summe sich Papas Erbe belaufe oder sich zum Zeitpunkt meiner Volljährigkeit belaufen werde, dann beantwortete ich mir diese Frage selbst.
»Ja«, sagte ich, als sie vor Staunen nach Luft schnappte. »Um solch eine Summe geht es, Mama Carol. Das meiste steckt in Immobilien, und die Preise steigen ständig. Jetzt kannst du sicherlich verstehen, warum die Bank, die Nachlassverwalterin, dich gern um deine Hälfte bringen würde.«
»Mich um mein Geld bringen! A-aber …«
»Dich um dein Geld bringen«, wiederholte ich. »Mensch, bei einer solchen Summe ist allein mit den Nachlassverwaltungsgebühren ein Vermögen zu verdienen.«
»A-aber … aber …« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Aber das geht doch nicht! Warum können die denn so etwas Gemeines mit mir machen?«
»Das geht ganz leicht, leider«, meinte ich traurig. »Von dir wird erwartet, dass du mir ein moralisch einwandfreies Zuhause bietest. Sollten sich also Beweise dafür finden, dass du eine unmoralische Frau bist …«
»Eine un…! A-aber … aber …«
»Ich weiß«, sagte ich und drückte ihr tröstend die Hand. »Ich weiß, niemand könnte reineren Herzens sein als du, Mama Carol. Die Frage ist allerdings, was andere Leute zu glauben bereit sind. Also, heute hat sich dir ein Mann in abscheulichster Weise genähert, ein Mann, der dich, wie du sagst, seit Wochen verfolgt. Und warum hast du ihn dann nicht schon längst zur Rede gestellt oder die Polizei gerufen?«
»Na ja«, sie zögerte. »Ich … ich habe dafür keinen Grund gesehen. Das hätte ich wohl tun sollen, schätze ich, aber …«
»Siehst du denn nicht, dass dein Unvermögen, entsprechende Schritte zu unternehmen, auch als Ermutigung für den Mann gedeutet werden könnte?«
»Na ja …«
»Hast du ihn je angelächelt oder ihm zugenickt oder sonst etwas getan, das als Ermutigung aufgefasst werden könnte?«
»Na ja – ein paarmal vielleicht. Ganz zu Anfang. Aber …«
»Und die anderen Männer, die mit dir geflirtet haben, warst du auch zu denen freundlich?«
»Na ja – aber ich hab damit nichts Besonderes gemeint, Herbie! Ich wollte eben nur freundlich sein, so wie die Menschen eben miteinander umgehen sollten!«
Ich bin sicher, sie war überzeugt, dass sie die Wahrheit sagte. Was natürlich nicht stimmte. Wonach sie suchte, war eine gute Nummer – weiß Gott, wie lange sie schon danach suchte –, und früher oder später würde sie, wenn
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