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Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Thompson
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heruntergekommenen Seelen zeigen solle, die sich nicht nur weigerten, dorthin zurückzugehen, woher sie gekommen seien, sondern diejenigen, die höhergestellt waren als sie, mit unanständigen und unwürdigen Forderungen nach einem anständigen, würdevollen Leben belästigten.
    »Denk doch mal einen Augenblick nach, Herbie«, meinte Itzop. »Im Grunde deines Herzens weißt du, dass ich recht habe.«
    »Ach, geh zur Hölle«, erwiderte ich und lachte kurz.
    Itzop konnte manchmal ganz schön aufgeblasen sein. Er hatte seine eigene Art von Wahrheit – eine eher symbolische, in der das Einzelne fürs Ganze stand. Die ungeheuer vergrößerte Essenz der Dinge, wie sie tatsächlich waren.
    Mit seiner kleinen Allegorie über Anarchie, den Missbrauch des Geldes durch die Reichen, zielte er wohl auf mich ab, nahm ich an. Oder eher auf meine Mission Carol, gegen die er von Anfang an gewesen war. Vor ein paar Tagen hatte er mithilfe einer anderen Fabel Protest angemeldet, auf dem ersten Blick ging es um die Beschreibung einer mathematischen Formel, an der er angeblich gerade arbeitete.
    Er glaube (erklärte er), wenn Zeit und Raum identisch seien, wie Einstein herausgefunden habe, dann könne die Raumzeit auch genauso gut eine neue Art von Materie sein. Natürlich habe noch niemand die Raumzeit bis an ihre Ränder ausgelotet, also wäre es durchaus nicht unlogisch anzunehmen, dass sie im allumfassenden Plan der Dinge relativ unbedeutend sei: vergleichsweise winzige adhäsive Zwischenräume in einer infiniten kosmischen Struktur. Warum nicht, wollte er wissen. Alles in der Natur hat nicht nur irgendeine Funktion, es hat eine ultimative Funktion. Warum also sollte die ultimative Funktion der Raumzeit nicht die von Mörtel sein, der das Universum zusammenhält?
    »Wie wär’s denn mit auseinanderhalten?«, hatte ich lachend vorgeschlagen und war damit prompt in seine Falle getappt. Er wies natürlich darauf hin, dass die Natur bereits für das Auseinanderhalten gesorgt habe. Die Natur habe bemerkt, auf welch wundersame Weise der Mensch seine Erde von sich fernhielte, und entschieden, dass er der Richtige dafür sei.
    Also, wie Sie sehen, eine sanfte Spitze gegen meinen unerklärten Krieg gegen Carol. Ich hatte beschlossen, nicht weiter darauf einzugehen, und auch diesmal entschied ich, ihn mit keinem Wort zurechtzuweisen. »Also, mal sehen«, meinte ich knapp, zog meine Brieftasche hervor und zählte ein paar Scheine ab. »Dreihundert, richtig? Zwei-fünfzig Lohn, fünfzig Ausgaben.«
    »Das ist wirklich zu viel«, meinte Itzop verlegen. »Ich bin nicht mal die Hälfte wert.«
    »Unsinn«, schnitt ich ihm das Wort ab und legte noch hundert Dollar drauf. »Nimm es, ich bestehe darauf. Du wirst noch ein paar größere Ausgaben haben, weißt du?«
    Er nahm das Geld, murmelte noch immer protestierend (wenn auch mit offenkundiger Erleichterung). Ich nahm die kleine braune Ampulle, die er mir reichte. Es handelte sich um Krotonöl, wahrscheinlich das wirkungsvollste Abführmittel überhaupt. Ohne Angst vor Widerspruch könnte ich behaupten, dass jeder, der von dem Öl nimmt, ohne sich zuvor aufs Klo gesetzt zu haben, verrückt sein muss.
    Aus offenkundigen Gründen wird es nur noch selten verkauft oder verschrieben. Ich fragte Itzop, ob er große Schwierigkeiten gehabt habe, es zu beschaffen, doch er schüttelte nur beiläufig den Kopf.
    »Nicht sehr. Ich bin damit weggerannt, und die Hunde haben geblockt und abgewehrt.«
    »Brave Hunde, It«, sagte ich. »Ich hoffe, du hast genug, um sie ordentlich zu versorgen.«
    »Reichlich«, antwortete er, doch ein ungewöhnlich düsterer Zug legte sich auf sein Gesicht. »Aber warum sollen sie eigentlich die ganze Zeit Lendensteak und Schokoladenkuchen fressen? Warum können sie nicht auch mal T-Bone-Steaks und Donuts essen so wie ich?«
    »Vielleicht solltest du ihnen das mal vorschlagen«, meinte ich.
    »Habe ich. Letzte Nacht.«
    »Ach?«, machte ich und bemühte mich sehr, nicht zu grinsen. »Und wie haben sie reagiert?«
    Itzop wurde immer mürrischer. »Na ja, die meisten nahmen es ziemlich gelassen – Lancelot und Galahad und Guinevere und die anderen. Sie waren nicht begeistert, weißt du, aber immerhin höflich. Ich wäre stolz auf sie gewesen, wenn sich nicht Sir Modred zum Affen gemacht hätte.«
    »Sir Modred, hm?« Ich fuhr mir mit der Hand über den Mund. »Und was genau hat er gemacht?«
    »Er hat mich gefragt, ob ich mich für Gott hielte.«
    Ich hustete und würgte,

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