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Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Thompson
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dass sie beides bekam.
    Und das bekam sie auch. Reichlich! Als ich am folgenden Tag vorschlug, wir sollten doch Gäste einladen – denn natürlich war es noch viel zu früh für sie, um auszugehen! –, weinte sie fast vor Freude. Ihr wurde auch nicht, was wohl die normale Reaktion gewesen wäre, kotzelend, als ich ihr die Gäste nannte.
    Sie befürchtete, die Drei Furien würden sie nicht sonderlich mögen. Sie hätten sie noch nie gemocht. Aber da ich sie nun ja schon mal eingeladen hätte, und … und …
    Und nichts. Bei ihrem Gefühlszustand hätte sie sich sogar über einen Besuch von Dracula gefreut.
    Ich ging am frühen Nachmittag aus und ließ sie zurück, die sie fröhlich durch die Wohnung eilte. In einer noblen Konditorei in der Nähe kaufte ich einen deutschen Schokoladen-Rum-Kuchen, eine Delikatesse, deren Zutaten jedes Fremdaroma übertünchen würden.
    Ich ließ mir von der Verkäuferin ein besonders großes Stück herausschneiden, mit der Begründung, ich wolle im Park Rast machen und das Stück essen. Dort angelangt, nahm ich es heraus und träufelte Krotonöl über den Rest. Ich ließ das Öl gründlich einziehen. Dann schob ich das Tortenstück zurück an seinen Platz, strich die Glasur über dem Anschnitt glatt und ging nach Hause.
    Carol folgte mir in die Küche und begutachtete den Kuchen mit freudiger Zustimmung. Warum probierten wir denn nicht ein Stückchen, bevor die Gäste kämen, schlug ich vor, und sie willigte begeistert ein.
    Ich schnitt ein paar Stücke ab – teilte das erste, unbehandelte Stück. Carol nahm ihren Kuchen und protestierte, das sei doch wirklich viel zu viel.
    »Nur ein paar Bissen. Sonst krieg ich nichts mehr herunter, wenn unsere Gäste da sind.«
    »In Ordnung«, sagte ich und lächelte. »Du kannst ja Eiscreme darübertun, dann fällt es gar nicht auf, dass du genascht hast.«
    Sie kicherte und freute sich kindisch über diesen albernen Streich. Ich nahm ihre Gabel und fütterte sie mit ein paar Bissen, dann ließ ich mich von ihr füttern. Die Küche war dunkel und düster, so wie es auch die Zimmer waren. Doch ihr Gesicht strahlte wie im Sonnenschein, und in ihren braunen Augen tanzte unglaubliche Freude.
    »Ist das nicht lustig, Herbie? Oh, ich liebe so etwas!«
    »Ja«, sagte ich und betrachtete sie. »Ja, das ist sehr nett, Carol.«
    »Ich wette, dein Vater würde mich für ziemlich albern halten, wenn er mich so sehen könnte. Ich weiß noch, einmal, da habe ich ein Kissen nach ihm geworfen, und er … er …«
    Sie zögerte, ihre Freude verlosch und wich Verwirrung, Scham und Schmerz. Sie sah aus, als habe jemand sie geohrfeigt, und in gewisser Hinsicht war das wohl auch so.
    »Mach dir keine Gedanken«, beruhigte ich sie. »Papa war manchmal nur schwer zu ertragen.«
    »Na ja …« Sie lachte schuldbewusst. »Das war ja wohl auch eine lächerliche Aktion. Mich wie ein Kind zu benehmen, meine ich.«
    »Ich verrate dir was«, meinte ich. »Papa fand es schon lächerlich, wenn ein Kind sich wie ein Kind benahm.«
    Sie sah mich liebevoll und verträumt an. Dann seufzte sie schaudernd und ließ ihre enge Bluse verlockend zittern.
    »Du bist so nett, Herbie. So nett!«
    »Nicht halb so nett wie meine Mama Carol«, erwiderte ich.
    »Ich …« Ein zittriges Flüstern. »Ich … ich liebe dich, Herbie. Ich sollte das vielleicht nicht sagen, aber …«
    »Aber natürlich darf meine Mama Carol das sagen«, meinte ich. »Warum sollte Mama Carol denn nicht sagen, dass sie mich liebt, wo ich doch auch meine Mama Carol liebe?«
    Das waren ein paar »Mamas« zu viel gewesen. Diese Mama-Nummer zerrte schon seit Längerem an ihren Nerven, und diese letzte Dosis war zu stark gewesen.
    Sie zuckte zusammen und verzog das Gesicht vor Verärgerung. Einen Augenblick lang dachte ich, sie würde in die Luft gehen. Doch so weit war sie noch nicht, noch nicht.
    »Herbie«, lachte sie und runzelte die Stirn. »Warum … warum tust du das andauernd, verdammich! «
    »Was denn? Was, Mama Ca…«
    »Das! Du weißt schon. Ich bin doch keine alte Frau oder so was, um Himmels willen! Ich bin auch nicht so viel älter als du.«
    »Hm«, nickte ich. »Schätze, das bist du wirklich nicht, was?«
    Ich hatte mein letztes Stück Kuchen gegessen. Nein, meinte Carol, sei sie wirklich nicht. Ob ich also bitte damit aufhören könne. »Bitte, Schatz. Ich finde das ja furchtbar lieb, in gewisser Hinsicht. Aber du bist jetzt ein Mann, mehr Mann als viele andere Männer jedenfalls, und ich bin eine

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