Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Thompson
Vom Netzwerk:
schüttelte mich heftig und wischte mir die Tränen aus den Augen. »Ach ja? Er hat dich gefragt, ob du dich für Gott hältst?«
    »Na ja, nicht wortwörtlich, aber das war wohl, was er meinte. Stell dir nur mal vor!« Er biss die Zähne zusammen. »Ich wette mit dir, das versucht er nicht noch mal! Ich habe ihm zur Strafe die Glasur vom Kuchen gegessen.«
    »Du hattest recht, ihn zu bestrafen«, meinte ich. »Er war ziemlich impertinent.«
    »Impertinent?« Itzop kratzte sich am Kopf. »Ja, vielleicht. Aber das ist nicht der Grund, warum ich ihn bestraft habe. Findest du, ich war zu streng, Herbie – nur weil er eine dumme Frage gestellt hat?«
    »Ob du Gott seist, meinst du?«
    »Hm-hm. Ich gebe zu, ich habe für einen Augenblick die Beherrschung verloren – Himmel, konnte er denn nicht erkennen, dass ich Gott bin? –, aber ich hoffe, ich war nicht zu streng.«
    Trocken entgegnete ich, das sei er nicht gewesen. Er habe sich nur etwas verrannt, indem er eine völlig falsche Parallele zwischen meiner und seiner Situation gezogen habe.
    »Carol ist nun wahrlich nicht Sir Modred, und sie ist gut genug ausgestattet – zumindest vom Hals abwärts –, um selbst Gott spielen zu können, so wie ich. Jedenfalls habe ich dir schon mehrfach gesagt, dass ich nicht die Absicht habe, die Hand gegen sie zu erheben.«
    »Ja, ich weiß. Aber …«
    »Carol war sehr grob zu mir, als ich noch klein war«, log ich. »Sie hat mich verdroschen oder Papa dazu angestiftet. Sie hat mir viel Kummer gemacht, als ich mich nicht wehren konnte, also warum sollte ich sie jetzt schonen?«
    Itzop zögerte verwirrt. »Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass sie grausam zu dir gewesen ist«, murmelte er. »Sie wirkt gar nicht wie so eine. Ich … Bist du sicher, dass du nicht in sie verliebt bist, Herbie? Ich meine, schwer zu glauben, dass du dir nur aus Hass all diese Mühe machst.«
    »Red doch keinen Unsinn!«, fuhr ich ihn an. »Ich habe dir alle Fakten auf den Tisch gelegt. Ziehst du also jetzt mit, wie du versprochen hast, oder wirst du weiter nur rumnörgeln und quengeln?«
    Itzop dachte darüber nach, wie er es schon so viele Male zuvor getan hatte. Und wie immer willigte er ein, eine Weile mitzumachen. Vielleicht war ich nicht ganz fair zu Carol, aber das hatte nicht er zu beurteilen. Er war mein Freund – wir hatten eine Weile wie Brüder gelebt. Freunde schuldeten sich etwas, und er war mein Freund, nicht der von Carol.
    »Also gut, Herbie. Zumindest für den Augenblick. Aber wegen dem Pferd …«
    »Ich hab’s dir doch gesagt, It. Ich werde ganz vorsichtig damit sein.«
    »Versprichst du es? Du tust ihm auch bestimmt nicht weh?«
    Nein, täte ich nicht, wiederholte ich. Das Pferd würde nicht im Mindesten leiden. Dann unterhielten wir uns noch eine Weile über dies und das. So wie man eben redet, wenn man gemeinsame Interessen hat. Schließlich wünschte ich ihm einen guten Abend und wollte gehen.
    »Warte, Herbie. Ich habe noch ein Geschenk für dich.«
    Er hielt mir eine kleine Papiertüte hin, drei Tüten, besser gesagt, eine in die andere gesteckt.
    Ich versuchte, die fest verknüllte Öffnung aufzufummeln, und murmelte, wie man das in solchen Augenblicken nun mal tut, das hätte doch nicht sein müssen.
    »Wirklich nicht, It. Bist du sicher, ich kann es dir nicht abkaufen?«
    »Nein, nein«, meinte er schüchtern. »Ist nichts Besonderes. Ein kleines Mitbringsel von der Tafelrunde.«
    »Also, das ist wirklich nett«, sagte ich. »Bitte richte den Rittern und den Damen meinen Dank aus.«
    Endlich bekam ich die Tüte auf.
    Ich wollte schon die Hand hineinstecken. Dann schaffte ich es, dank ungeheuer schneller Reflexe, sie gerade noch rechtzeitig zurückzuziehen.

4.
    Vor ein paar Jahren hatte ich Papa zu einer Art politischen Party begleitet, wo er mich bald allein sitzen ließ, weil er mich verachtete, was schließlich dazu führte, dass sich ein betrunkener, ungeladener Gast, allgegenwärtige Spukgestalt bei jedem Fest, bemüßigt fühlte, mich unter seine Fittiche zu nehmen.
    Er hieß Tomlinson oder Thomas oder so ähnlich, und aus ein paar Einzelheiten, die er von sich gab, entnahm ich, dass er Schriftsteller war. Doch er behauptete beharrlich, wobei er mich mit seinem alkoholischen Speichel bespritzte, das stimme nicht.
    »Hab mein eigenes Maklerbüro«, meinte er. »Bin der größte Händler in Titten und Ärschen nördlich von Staten Island. Ich darf zwar damit keine Werbung machen«, fügte er hinzu und zwinkerte

Weitere Kostenlose Bücher