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Blinde Angst

Titel: Blinde Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George D Shuman
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war, wie viele von Ihnen wissen« – sie schraubte den Verschluss auf die Wasserflasche – »als AntiTerror-Spezialist der GSG 9 auf mehr als einem Kontinent im Einsatz. Aber der Kampf, dem er sich nun voll und ganz verschrieben hat, hat ihn zurück in die Heimat geführt, in das Grenzgebiet zwischen Deutschland und Tschechien, von wo aus eine neue Art des Verbrechens über die Welt hereingebrochen ist. So wie viele von Ihnen hat auch er einiges zu erzählen. Wie viele von Ihnen hatte er nicht nur mit dem organisierten Verbrechen zu kämpfen, sondern auch mit den Einschränkungen durch die deutschen Gesetze und die internationale Politik. Helmut führt heute bei Interpol als einer der führenden Männer auf dem Gebiet den Kampf gegen den Menschenhandel durch den Austausch von Informationen. Begrüßen Sie mit mir Helmut Dantzler.«
    Der großgewachsene Mann im eleganten kaffeebraunen Anzug schritt durch die Reihen der Anwesenden nach vorne, begleitet von lautem Applaus. Er trat ans Podium und wartete, bis der Applaus verebbte.
    »In Brooklin, Kanada, manipulieren Wissenschaftler heute Moleküle und Atome auf einem Gebiet, das man Nanotechnologie nennt. Man ist überzeugt, dass daraus bis zum Jahr 2015 ein Industriezweig wird, in dem Billionen Dollar umgesetzt werden. Sie wollen unter anderem Roboter in der Größe von Molekülen bauen, die sie uns in die Blutbahn schicken können, um Krebs zu bekämpfen und unser Leben um zwanzig Jahre zu verlängern, später einmal sogar um fünfzig.« Er hielt einen Augenblick inne, ehe er fortfuhr. »In Bihar, Indien, vergiften Mütter ihre neugeborenen Töchter mit dem Saft des Oleander. Es ist nicht genug zu essen da, um noch ein Mädchen zu ernähren. So etwas geschieht dort täglich, Jahr für Jahr.« Er sah einen Moment auf seine Hände hinunter und wandte sich dann wieder den Zuhörern zu.
    »Wir können uns nur wundern, dass diese Dinge tatsächlich in diesem Jahrhundert passieren«, fuhr er fort. »Dass sie auf demselben Planeten passieren. Major Lamb hat, als sie mich vorstellte, davon gesprochen, dass die Welt immer kleiner wird. Wir wissen heute mehr voneinander als je zuvor, und lassen Sie mich Ihnen versichern, dass Wissen in jedem Fall etwas Gutes ist. Bildung ist ein Schritt zu einer engeren Verbindung zwischen den Kulturen, zu einer geeinten Menschheit.«
    Dantzlers ausgeprägter deutscher Akzent hallte durch den stillen Saal.
    »Wir hoffen, dass eines Tages alle Menschen von den wissenschaftlichen Fortschritten profitieren können, die unser Leben verlängern. Und genauso sollten wir hoffen, dass eines Tages alle durch entsprechende Gesetze und deren Anwendung vor jeder Art von menschlicher Bösartigkeit geschützt werden können, die schon viel zu lange – oft von Religion und Politik geduldet – ihr Unwesen treibt. Es wird höchste Zeit, dass wir unser Augenmerk nicht nur auf den Verstoß gegen die Gesetze richten, sondern auch auf die Täter selbst. Man muss kein Deutscher sein, um zu wissen, dass Kinderarbeit in München unrecht ist, und man muss kein Amerikaner sein, um zu wissen, dass Zwangsprostitution in Los Angeles unrecht ist. Das sind allgemeine menschliche Fragen, und keine, die irgendeinen Staat betreffen.«
    Er ließ die Arme sinken und blickte einige Sekunden auf seine Schuhe hinunter. »Ach«, seufzte er, »Sie denken wahrscheinlich, ich bin eben ein alter Mann, ein Idealist. Sie alle wissen, dass die Welt natürlich komplizierter ist. Es wird immer Grenzen geben. Es wird immer korrupte Regierungen geben. Und auch das organisierte Verbrechen wird man nicht ausrotten können. Und genauso, werden Sie jetzt sagen, wird es auch immer Gesetze geben, die uns in unserer Arbeit als Ermittler einschränken. Also, welche Möglichkeiten bleiben uns dann?«
    Dantzler blickte wieder auf und sah in die interessierten Augen, die auf ihn gerichtet waren.
    Schließlich zog er ein zusammengefaltetes Dokument aus einer Brusttasche und hielt es hoch. »Ich habe mir gestern Abend die Anmeldungen durchgesehen und ein paar Rechnungen angestellt. Sie sind insgesamt zweihundertneun Personen mit durchschnittlich vierzehn Jahren Erfahrung. Das heißt, wir haben hier in diesem Saal dreitausend Jahre Erfahrung versammelt. Ich bin nach gerade mal zweiunddreißig Dienstjahren ausgeschieden.«
    Gelächter unter den Anwesenden.
    »Ich bin nicht gekommen, um Ihnen heute irgendetwas zu erzählen. Ich bin gekommen, um zuzuhören. Ich will Ihre Geschichten über den Menschenhandel

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