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Blinde Angst

Titel: Blinde Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George D Shuman
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ging quer über die Hotelterrasse zu einem verlassenen Balkon und wählte eine Nummer. Es war 19:12 Uhr. Es würde noch etwa fünf Stunden dauern, bis sie in Tiburon ankam. Wenn sie dort ankam.
    Jenseits der zerklüfteten Küste glitt ein prächtiger Schoner aus Holz auf Port Antonio zu; das Schiff mit seinen drei Segeln hatte ein Schlauchboot im Schlepp.
    »George«, meldete sich der Inspektor.
    »Es ist etwas passiert. Die Frauen stecken in Schwierigkeiten. Ist Ihr Boot aufgetankt?«
    »Nehmen Sie den Van des Hotels. Drei Kilometer die Straße hinunter in Frenchman's Cove, es ist ein Bertram-Sportfisherman-Boot mit dem Namen Zuben'Ubi, Sie können es nicht verfehlen. Aber ich bin etwa vierzig Minuten entfernt.«
    »Die brauche ich sowieso«, knurrte Brigham. »Ich muss ein paar Anrufe machen.«
    Die beiden Männer hatten sich noch unterhalten, nachdem die Frauen gestern Nachmittag in das Flugzeug nach Santo Domingo gestiegen waren. Sie plauderten über Boote – Rolly King George war schwer beeindruckt, als er erfuhr, dass Brigham einst Admiral der U. S. Navy war – und sprachen auch über Politik und die Gefahren, denen Frauen ausgesetzt waren, die allein nach Haiti reisten. Brigham erzählte Rolly King George von dem Signal, das er mit Sherry vereinbart hatte. Sie waren sich einig, dass sie, wenn irgendetwas passieren sollte, niemals rechtzeitig nach Tiburon gelangen könnten, wenn sie mit dem Flugzeug nach Haiti flögen, selbst wenn sie den Zoll und all die anderen möglichen Hindernisse überwinden konnten. Aber Tiburon lag an der nahen Westküste der Insel, in nur drei Stunden über das Meer erreichbar. Wenn sie in den Hafen von Tiburon gelangen konnten, hatte Brigham dem Inspektor erklärt, so wäre das Motorboot groß genug für den zweiten Teil von Brighams Plan.
    Sherrys ungutes Gefühl, was den Oberst betraf, verstärkte sich in dem Moment, als er darauf bestand, ihnen die Handys abzunehmen. Sie war sich nicht sicher, ob sie wirklich in Schwierigkeiten steckten, aber Brigham hatte darauf bestanden, dass sie bei dem kleinsten Verdacht reagierte. Sie hatte auf ihrem Platz hinter dem Fahrersitz seine Nummer gewählt, es einmal klingeln lassen und dann die Verbindung beendet, ehe sie Oberst Deaken das Handy gab. Sie hatte keine Ahnung, was Brigham tun konnte, wenn sie wirklich in der Klemme steckte; wahrscheinlich konnte er auch nur die amerikanische Botschaft verständigen, was einige Bestürzung darüber auslösen würde, dass Carol Bishop in Haiti war.
    Rückblickend betrachtet wäre es besser gewesen, wenn sie und Carol allein in das kleine Dorf an der Küste gefahren wären. Sie hätte niemandem sagen sollen, was sie vorhatte. Sie hätte einen Wagen mieten können, um sich nach Tiburon und wieder zurück fahren zu lassen. In dem Dorf hätte sie auf eigene Faust versuchen können, mit der Familie des Toten zu reden; in Tiburon gab es bestimmt jemanden, der Englisch sprach. Irgendjemand wäre sicher bereit gewesen, ihr zu helfen.
    »Was sehen Sie?«, fragte Sherry.
    Carol blickte schweigend aus dem Fenster. Sie fuhren über eine Bogenbrücke; ein Junge watete durchs Wasser, ein Fischernetz in den Händen und ein Seil zwischen den Zähnen, das an einem Ruderboot befestigt war. Einige Männer im mittleren Alter saßen, nur mit Shorts bekleidet, am Ufer, rauchten Zigaretten und tranken Rum, während sie immer wieder auf das Boot zeigten und dem Jungen sagten, was er tun solle.
    »Man sieht Busse und Pick-up-Trucks mit Bänken für die Fahrgäste auf der Ladefläche; die Leute nennen sie Tap-Taps. Wenn man aussteigen will, klopft man an die Seite des Wagens«, erläuterte Carol. »Wir sind gerade hinter einem Bus, er ist rot und gelb, und jemand hat Graffiti aufgesprüht.«
    »Was steht da?«
    »Bondye si bon, Gott ist so gut.«
    »Sieht man auch Häuser?«
    »Die meisten haben nur wenige Fenster. Da ist ein Weißer, der eine Garage voller Stühle streicht, das sind Missionare. Können Sie den Markt riechen?«
    Sherry lächelte und nickte. Es war unmöglich, die Gerüche nicht wahrzunehmen.
    »An den Wänden sieht man oft Malereien. Die Haitianer lieben bunte Farben, nicht wahr, Oberst?«
    Der Polizist nickte abwesend.
    »Da ist eine Prozession mit Frauen in hellen Gewändern, bestimmt etwas Religiöses, in Haiti ist ja alles irgendwie religiös. Vor uns sehe ich ein Feuer.« Carol beugte sich vor und reckte den Hals, um durch das Fenster auf der anderen Seite hinauszublicken. »Ein altes Auto und Reifen,

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