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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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behauptete, mehrere gute Gründe dafür zu wissen.
    Zum Aus-der-Haut-Fahren. Hätte ich doch bloß meine Kompetenzen überschritten, Ehrmann meinen Ausweis gezeigt und ihn eingeschüchtert. Es wäre jedes Disziplinarverfahren wert gewesen.
    Das Gespräch war an dem Punkt angelangt, wo Ehrmann es aufgegeben hatte, Beatrice – respektive Tina – Informationen entlocken zu wollen. Er misstraute ihr, und dadurch, dass sie Nikola erwähnte, wurde es nur schlimmer. Sie hatte noch vor Augen, wie er geschaut hatte. Beinahe amüsiert.
    Aber warum, warum, warum? Was übersah sie nur?
    Noch einmal rekapitulieren, was sie über Ehrmann wusste. Lehrer, aus Deutschland, geschieden und nach der Trennung allem Anschein nach Single geblieben, vielfach sozial engagiert …
    Moment. Das war einen weiteren Blick wert. Beatrice rückte das Notebook näher heran. Tinas Freundesliste war nicht lang und Dominik Ehrmanns Profil rasch gefunden.
    Da. Kein Beziehungsstatus angegeben, aber jede Menge Information zu seinen ehrenamtlichen Tätigkeiten. Er setzte sich für Amnesty International, Greenpeace, den WWF, die Tafel und für Ärzte ohne Grenzen ein, hatte Sammelaktionen an seiner Schule organisiert und war einen Sommer lang in Somalia gewesen, um beim Bau eines Brunnens zu helfen. Einen «Gutmenschen» hatte Stefan ihn genannt.
    Iras Kriegsgedicht. Dominiks Gerechtigkeitssinn. Es war denkbar, dass Ehrmann sich auch für Kriegsflüchtlinge engagiert hatte und dabei Adina Sagmeister begegnet war … weit hergeholt, aber nicht unmöglich. Es musste einen gemeinsamen Nenner geben, eine Art Passwort, das diese einzelnen Versatzstücke zu einem großen Ganzen zusammenfügen würde.
    Ein Passwort. Wenn das stimmte, kam nur ein einziges in Frage.
    «Panther», murmelte Beatrice.
    Sie würde es über Google versuchen, mit einer Kombination aus Versatzstücken. Panther und Krieg , für den Anfang.
    Der erste Link führte sie zu Wikipedia, zum Panzerkampfwagen V Panther, den die Deutschen im Zweiten Weltkrieg eingesetzt hatten. Auf den gleichen Krieg bezog sich der Link zur «Panther-Stellung», einer auf Hitlers Befehl errichteten Verteidigungslinie an der Ostfront. Die Nazis mussten eine hohe Affinität zu dieser Raubkatzengattung gehabt haben.
    Sie las jeden der Einträge bis zum Ende, obwohl sie sich nicht viel davon erhoffte. Dann fügte sie ihrer Suchanfrage ein Wort hinzu.
    Panther Krieg Jugoslawien
    Die ersten beiden Einträge beschäftigten sich wieder mit Panzern. Der dritte allerdings …
    Unwillkürlich hielt Beatrice die Luft an. Der Link führte zu einem kurzen Zeitungsbericht des «Spiegels» aus dem Jahr 1993, der sich mit deutschen Söldnern im Jugoslawienkrieg beschäftigte.
    Wölfe, Adler und Panther
    Sie sind arbeitslos, vorbestraft und gehören oft der rechtsextremen Szene an, trotzdem sind ihre Motive nur selten politisch: Auf dem Balkan kämpfen derzeit rund hundert deutsche Söldner, die meisten auf Seite der Kroaten. Geld ist es nicht, das sie lockt, sondern vielmehr die Lust auf Krieg, auf Abenteuer. Sie werden von paramilitärischen Einheiten angeheuert oder schließen sich den regulären Truppenverbänden an, so wie Uwe Glaser aus Eschweiler. Der 24-Jährige ist seit einem Jahr Teil der kroatisch-bosnischen Bürgerkriegsarmee HVO. So war er auch dabei, als der serbische Belagerungsring rund um Mostar gesprengt und die Stadt befreit wurde.

    In den folgenden Absätzen wurde Glaser interviewt und berichtete, dass er nicht plane, viel länger im Kriegsgebiet zu verbleiben, es belaste ihn täglich mehr, er könne kaum schlafen und habe Angst, doch noch einer MP-Salve oder einer Landmine zum Opfer zu fallen.

    «Frank Heckler hat es vor einer Woche erwischt», weiß Glaser zu erzählen. «Mit dem Jeep über eine Mine gefahren, da hatte er keine Chance. Ehrlich gesagt, ich würde Deutschland gern wiedersehen, auch wenn meine Jobaussichten trübe sind.»
    Der von Glaser erwähnte Heckler zählte, obwohl erst dreiunddreißig Jahre alt, zu den «langgedienten» deutschen Söldnern auf dem Balkan – und gleichzeitig zu den verrufensten. Er selbst schmückte sich mit dem vielsagenden Kampfnamen «Panther» und stellte sich damit in eine Reihe mit Arkan und Leloup, auch was die Schwere seiner Taten anging. So soll er an Massentötungen in mehreren kroatischen Dörfern maßgeblich beteiligt gewesen sein.

    Erst jetzt merkte Beatrice, dass sie den Nagel ihres linken Zeigefingers bis auf die Haut abgebissen hatte. Da war er, der

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