Blinde Voegel
Zusammenhänge.»
«Ja.» Ein letzter Schluck Kaffee, dann kratzte Beatrice den zuckrigen Milchschaum vom Boden und den Wänden der Tasse. Geschmacksparadies.
«Ich könnte mir vorstellen, dass wir jetzt weniger Probleme haben werden, per richterlichen Beschluss Einsicht in das eine oder andere Facebook-Konto zu erhalten.»
«Stimmt.» Sie nahm das Notebook wieder an sich und öffnete Facebook. Peter Crontalers Eintrag stand nach wie vor ganz oben und hatte mittlerweile hundertzwölf Kommentare. Von vielen, die sich bestürzt äußerten, hatte Beatrice bisher noch nicht einmal den Namen gehört. Sie ging chronologisch vor, las die gestrigen Kommentare noch einmal, suchte nach auffälligen Wortmeldungen. Gegen ein Uhr nachts hatte sich Helen das erste Mal gemeldet.
Helen Crontaler Ich sitze seit drei Stunden da und heule. Kann nicht schlafen. Wieso passiert das nur? Ich kann nicht aufhören, an Dominik zu denken. Es ist einfach nur schrecklich. Ich frage mich die ganze Zeit, ob ich es hätte verhindern können.
Phil Anthrop Du darfst dir auf keinen Fall Vorwürfe machen. Dominik ist nach Salzburg gekommen, weil er es so wollte. Du kannst nichts für seinen Tod.
Helen Crontaler Das sagt Peter auch die ganze Zeit, aber es ändert nichts. Ich fühle mich entsetzlich.
Darauf war mehrere Stunden lang keine Antwort gekommen – kein Wunder, irgendwann mussten die Leute schließlich schlafen. Erst um halb sechs Uhr morgens hatte wieder jemand auf Helens Mischung aus Selbstvorwürfen und Selbstmitleid reagiert.
Christiane Zach Bitte, Helen, du darfst dich selbst nicht fertigmachen. Das hätte Dominik nicht gewollt. Ich konnte heute Nacht auch kaum schlafen, und ich hoffe, sie finden den Verbrecher bald, der das getan hat.
Na bitte, da hatte sie doch etwas mit Beatrice gemeinsam. Sie las den Thread bis zum Schluss durch, überzeugt davon, dass sie dann auf dem Laufenden sein würde. Es war nicht anzunehmen, dass sich darüber hinaus noch Interessantes getan hatte.
Irrtum. Beatrice schnappte nach Luft. Es hatte genügt, die erste Zeile des nächsten Postings zu lesen, um zu wissen, dass Facebook sie heute noch einige Zeit lang beschäftigen würde.
Tina Herbert Meine Gedanken sind bei Dominik Ehrmann, der so sinnlos gestorben ist. Es stimmt mich unendlich traurig. Ich habe ihn an seinem letzten Abend noch getroffen und weiß, dass er einer von den wertvollen Menschen war. Leb wohl, Dominik.
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«Florin!»
Er war gerade auf dem Weg aus dem Zimmer und drehte sich in der Tür noch einmal um. «Ja?»
«Tina Herbert hat sich zu Wort gemeldet, ohne dass ich die Finger im Spiel hatte! Wir sind … gehackt worden, das vermute ich jedenfalls. Und wer auch immer dahintersteckt, weiß über mein Treffen mit Ehrmann Bescheid.»
Florin beugte sich von hinten über ihre Schulter, Beatrice fühlte seinen Atem an der Wange.
«Ich bin sicher, dass ich das nicht geschrieben habe», kam sie einer Frage zuvor, die er wahrscheinlich gar nicht gestellt hätte.
«Okay.» Er richtete sich auf. «Ich schicke dir sofort Stefan vorbei. Nichts überstürzen, gut?»
Sie lächelte schief. «Keine Sorge. Ich werde meiner Entrüstung über die Verletzung von Tinas Privatsphäre nicht freien Lauf lassen.» Als Florin aus dem Zimmer war, las Beatrice den Rattenschwanz an Kommentaren, in denen Ungläubigkeit vorherrschte.
Christiane Zach Wenn du dich nur wichtig machen willst, Tina, dann ist das der falsche Zeitpunkt. Dominik kann dir nicht mehr widersprechen, nicht wahr?
Thomas Eibner Mir kommt das auch wichtigtuerisch vor. Jemand ist gestorben, es hätte völlig genügt, wenn du deine Betroffenheit in Peters Posting geäußert hättest, wie wir anderen auch.
Caram Ba Jetzt lasst sie doch. Wenn es ihr ein Bedürfnis ist. Tut schließlich keinem weh.
Ivonne Bauer Ich finde das aufdringlich, diesen Hinweis auf das Treffen. Sie verhält sich schon so eigenartig, seit sie hier registriert ist. Pass auf, dass du dich nicht verdächtig machst, Tina. Ich bin sicher, die Polizei würde gern mit dir reden.
Nikola DVD Ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte
in der betäubt ein großer Wille steht.
Ren Ate Nikola, du und Tina, ihr seid echte Spinnerinnen. Helen sollte euch rausschmeißen.
Tina Herbert Schade, dass du beleidigend wirst, Renate, das waren wir umgekehrt nicht. Die allerkleinsten Kreise werden immer kleiner, und bald werden wir sehen, wer in der Mitte steht.
«Klopf, klopf. Darf ich reinkommen?»
«Hallo, Stefan. Ja
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