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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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Vorschriften, erst recht, wenn sie es eigenmächtig und ohne Absprache tat, aber es war wirklich verlockend.
    Wieder sprang die Tür auf, herein kam Stefan, der mit dem Computerausdruck einer E-Mail wedelte. «Interessante Dinge tun sich auf, ich habe etwas herausgefunden, habt ihr ein paar Minuten Zeit?»
    Eigentlich nicht. Beatrice wandte den Blick nicht vom Bildschirm. «Ich muss hier am Ball bleiben, aber erzähl einfach.»
    «Iras Mutter, ihr erinnert euch? Adina Sagmeister. Sie kam aus einem kroatischen Dorf namens Gornja Trapinska, einem hübschen Fleckchen im Landesinneren. Hügel, kleine Wälder, Bäche, richtig idyllisch. Im Krieg ist der Ort völlig dem Erdboden gleichgemacht worden, und der Panther, dieser Frank Heckler, soll dabei mitgemischt haben.»
    Nun drehte Beatrice sich doch um.
    «Woher hast du das?» Florin streckte die Hand nach Stefans Papier aus.
    «Recherchiert», erklärte Stefan, nicht ohne Stolz. «Ich bin von Adina Sagmeisters Herkunftsort ausgegangen und auf eine ganze Menge Berichte von Menschenrechtsorganisationen gestoßen. Was in Gornja Trapinska passiert ist, ist nie so publik geworden wie die Massaker von Srebrenica oder Vocin, aber es gibt Unterlagen.»
    «Und in denen taucht Frank Hecklers Name auf?»
    «Ja. Sein echter und sein Kampfname. Gornja Trapinska war nicht der einzige Ort, an dem er seine Spuren hinterlassen hat, aber einer der ersten.»
    Ein blasses Muster formte sich in Beatrices Kopf, ein Mosaik aus wenigen Steinen. War Adina Sagmeisters Schicksal der Auslöser für all die anderen gewaltsamen Tode? Aber wieso? Weder Gerald Pallauf noch Sarah Beckendahl konnten in die Geschehnisse von vor über zwanzig Jahren verwickelt gewesen sein. Und Dominik Ehrmann – ja, da drängte sich ein Zusammenhang auf. Berichte von Menschenrechtsorganisationen hatte Stefan erwähnt. Und für die war Ehrmann in seiner Freizeit immer wieder tätig gewesen.
    Konnte es sein, dass ihn eine Art schlechtes Gewissen dazu getrieben hatte, das aus der Zeit der Jugoslawienkriege datierte? Unwahrscheinlich, aber möglich, natürlich, trotzdem brachte das kein Licht in die Geschehnisse der letzten Wochen. Es blieb unklar, welche Rolle die Facebook-Gruppe spielte, und vor allem half es nicht dabei, denjenigen zu finden, der vier der Mitglieder auf dem Gewissen hatte. Fünf Menschen, wenn man Dulović mitzählen wollte. Gornja Trapinska. Beatrice begann, in den Papierbergen neben dem Computer zu wühlen, da musste doch irgendwo die Kopie von Dulovićs Akte sein. Ein Teil des Stapels kippte um, Papier glitt über anderes Papier und schließlich zu Boden.
    Florin half ihr beim Aufheben, sie bedankte sich, aber er reagierte nicht mit einer seiner üblichen aufmunternden Bemerkungen. Sein Blick war nach innen gerichtet, als vollzöge sich dort ein schwieriger, wenn nicht sogar schmerzhafter Prozess, der seine gesamte Aufmerksamkeit erforderte.
    Sie würde ihn später darauf ansprechen. Vielleicht. Erst musste sie – ah, da war ja Dulovićs Akte. Sie überflog die ersten Jahre, die ersten Haftstrafen wegen Körperverletzung. Danach hatte er als LKW-Fahrer gearbeitet, war wegen Schmuggels angezeigt, aber nicht verurteilt worden … hatte er im Dezember 1991 im Gefängnis gesessen?
    Nein. 1989 war er nach drei Jahren Haft, die ihm eine Messerstecherei mit zwei Verletzten eingebracht hatte, aus der Justizanstalt Stein entlassen worden und erst 1998 wieder dort gelandet. Wegen wiederholten illegalen Drogenbesitzes. Theoretisch konnte er also gemeinsam mit Frank Heckler in Gornja Trapinska gewesen sein. Theoretisch.
    In der Zwischenzeit war die Diskussion auf Facebook um gut zwanzig Beiträge angewachsen, die sich hauptsächlich um Sarah Beckendahl und die Sensation drehten, dass auch sie Mitglied der Gruppe gewesen war. Eine Erkenntnis, die man Ren Ates Findigkeit verdankte.
    Mitten ins allgemeine Erstaunen hatte Tina ihre neueste Nachricht an den großen Unbekannten platziert.
Tina Herbert Sieh nur, jetzt wissen die anderen es auch. Hat ganz schön lange gedauert, nicht? Sag etwas, komm. Ich wüsste so gerne, was dich dazu getrieben hat. Iras Tod leuchtet mir ein, aber warum Sarah?
Oliver Hegenloh Tina, ich bitte dich, lass das! Wenn du glaubst, etwas zu wissen, dann sag es geradeheraus!
Tina Herbert Weiß ich mehr, als du weißt, Oliver? Oder bist du es, den ich suche? Schickst du mir gerade ein Signal?
Oliver Hegenloh Nein, verdammt!
    Seite neu laden. Tina Herberts Ich weiß jetzt Bescheid war nicht mehr

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