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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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Zeuginnen gesehen, was das Mädchen gegessen hat?», fragte Florin. «Wann es gegangen ist?»
    Stefan schüttelte den Kopf. «Die erste Zeugin weiß noch, dass Ira das Lokal vor ihr verlassen hat, kann allerdings nicht genau sagen, wie lange vorher. Sie sagt, das Mädchen mit dem Computer hätte beim Zahlen mit dem Kellner gestritten, weil er ihr zu wenig herausgegeben hätte.»
    Es war dieses Gefühl, das Beatrice an ihrem Beruf festhalten ließ. Dieses warme Pochen im Inneren, wenn die Kompassnadel endlich in die richtige Richtung zeigte. Es fühlte sich nach einem Triumph an, obwohl es dafür noch viel zu früh war. «Wir werden das überprüfen», sagte sie entschlossen, «und wenn es stimmt, steht für mich fest, dass Ira sich nicht selbst getötet hat, sondern Opfer eines Verbrechens wurde. Niemand, der sich umbringen will, schlägt sich zuerst den Magen voll und streitet dann wegen ein paar Cent herum.»
    Sie würde es als Mordfall handhaben, ab sofort, trotz Florins skeptischer Falte über der Nasenwurzel. «Wir halten uns alle Möglichkeiten offen», wandte er prompt ein. «Ira war in labiler Verfassung, wer sagt, dass es nicht ein Sekundenentschluss war. Sie sieht die Gleise, sieht den Zug kommen und denkt sich: Was soll’s.» Er klopfte mit seinem Kugelschreiber gegen die Tischkante. «Wir hatten solche Fälle schon. Selten, aber es gibt sie.»
    Beatrices Gesicht sprach offenbar Bände, denn Florin lachte auf. «Sehr schön, dann stehe ich mit meiner Einstellung eben allein da. Du suchst ab sofort einen Mörder, richtig?»
    «Absolut.»
    Er wurde wieder ernst. «Im Prinzip bin ich ja deiner Meinung, nur sollten wir …»
    Lautstarkes Handyklingeln unterbrach ihn. Beatrice zog eine entschuldigende Grimasse und griff nach dem Telefon, warf einen schnellen Blick auf das Display. Was wollte Achim um diese Zeit?
    «Du hast es vergessen.» Jedes Wort war getränkt mit Enttäuschung und Verachtung.
    «Wie bitte?» Was um Himmels willen sollte sie vergessen haben, so ein Unsinn …
    «Unsere Vereinbarung. Ich stehe mit den Kindern vor der Schule, und sie haben nichts dabei. Nichts!»
    «Welche Ver-?» Mittwoch. Es fiel ihr wieder ein. Die neue Regelung, die sie entlasten sollte, haha.
    «Ich habe es tatsächlich vergessen. Tut mir leid.»
    «Ja, sicher. Weißt du was? Es passt dir nicht, deshalb boykottierst du mich.»
    Diese Anschuldigung war so abstrus, dass ihr keine passende Antwort dazu einfiel. Er ist dumm, dachte sie plötzlich, während sich der Ärger über ihre eigene Vergesslichkeit und die Wut auf Achim einen heftigen Zweikampf in ihrem Inneren lieferten. Ich habe einen dummen Mann geheiratet, der wirklich glaubt, alles passiere ausschließlich seinetwegen.
    «Du hättest mich erinnern können, letzten Sonntag, als du die Kinder nach Hause gebracht hast.»
    «Wozu? Es war alles besprochen. Unter erwachsenen Menschen sollte das genügen.»
    Im Hintergrund hörte sie die Kinder quengeln, konnte aber nicht verstehen, was sie sagten. Ihr Blick begegnete dem Florins, und sie drehte sich weg. Sie hasste es, dass er eine weitere Auseinandersetzung zwischen ihr und ihrem Exmann mitbekam.
    «Es tut mir leid», wiederholte sie mit fester Stimme. «Ich kann es jetzt aber nicht mehr ändern. Wenn du möchtest, bringe ich ihre Sachen heute Abend vorbei. Und dann wäre es sicher gut, wenn du dir eine Garnitur der wichtigsten Dinge selbst zulegen würdest. Pyjamas. Zahnbürsten. Ein paar Bücher.»
    Sie hörte ihn atmen, spürte, wie wütend er war. Warum, Achim? Es ist nichts Schlimmes passiert.
    «Weißt du was?», sagte er schließlich. «Spar dir den Weg heute Abend, du würdest ja doch die Hälfte vergessen. Dann kaufe ich eben, was nötig ist.» Er legte grußlos auf.
    «Tu das», flüsterte Beatrice dem Besetztzeichen zu. Sie drückte die rote Taste und legte das Handy auf den Tisch.
    Warum war sie so erstaunt? Nur weil Achim schon lange keine nächtlichen Telefonattacken mehr geritten hatte? Weil ihre letzten Treffen so unerwartet harmonisch abgelaufen waren? Hatte sie wirklich gedacht, er könne aus seiner Haut?
    «Bea? Wenn du Pause machen willst, lass uns hinunter in die Cafeteria gehen», schlug Florin vor.
    Sie schüttelte den Kopf, obwohl sie eine Pause gut gebrauchen konnte. «Du wolltest vorhin etwas sagen. Dass ich recht habe – könntest du das wiederholen? Ich würde es jetzt gern hören, glaube ich.»
    Florins Lächeln war offen und ohne Mitleid, zum Glück. «Du hast recht, wir sollten die

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