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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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runzelte die Stirn. »Die einzige, die in England war, war Dolly Schell, ihre Cousine.«
    »Um die Leiche zu identifizieren.«
    »Da hätte sie sich aber ein bißchen viel Zeit gelassen, was, wenn sie sie hätte ermorden wollen?« frotzelte Malcolm.
    »Aber es gibt auch noch andere Motive als Haß. Geld. Liebe. Rache.«
    Wieder schüttelte Malcolm den Kopf. »Also, so dicke hatte Angela es nicht. Und ich bezweifle ernsthaft, daß sie sich jemals so verhalten hat, daß ihr jemand ewige Rache schwor. Ich glaube auch nicht, daß Psyche sie aus Liebe zu meiner Wenigkeit umgebracht hat.« Er warf Jury ein kurzes Lächeln zu.
    »Konkurrenz?«
    »Hm ...« Seine S tim me erstarb. »Wir werden jedenfalls beobachtet, seit Sie sich hingesetzt haben.« Er schaute nicht in die entsprechende Richtung, Jury auch nicht. »Diese blöde Kuh.«
    »Ja, das sagten Sie schon.«
    »Haben Sie das Santa Fe Institute auf dem Programm? Da gibt's einen Typen, einen von den Wissenschaftlern, der sie, glaube ich, ziemlich gut gekannt hat.«
    »Anders. Mit dem habe ich aber noch nicht gesprochen.«
    Malcolm rieb sich die Schläfe. »Mir geht's beschissen.«
    »Es sind aber noch keine zehn Minuten vergangen. Verlassen Sie sich auf mich.«
    »Tu ich ja«, sagte er ohne große Überzeugung.
    Sie blieben ein paar Minuten sitzen. Malcolm hing mit geschlossenen Augen im Stuhl. Jury schaute direkt über die Straße in das in Schatten getauchte Gesicht von Sukie Bartholomew. Er winkte. Sie verschwand sofort.
    »He.« Plötzlich schlug Malcolm die Augen auf. »Sie haben recht, es ist beinahe weg.«
    »Schön. Gut, ich muß gehen.« Jury steckte die restlichen Plastikbeutel ein und stand auf. Als er auf einem ein »N« erspähte, seufzte er. »Sie haben nicht zufällig eine Zigarette?«

»Ich rauche nicht.«
    »Gott sei Dank.«
27
    Wenn jemals ein Foto einem Menschen nicht gerecht wurde, dann das von Nils Anders auf dem Umschlag seines Buches. Unter anderem verriet es nichts davon, wie lebendig der Mann war, obwohl der Text selbst es sicher vermittelte. Er war beträchtlich hübscher als auf dem Foto und persönlich so fesselnd, wie die ersten Seiten vermuten ließen. Jury stand in Anders' Büro im Santa Fe Institute und dachte, wenn der Mann sich entschlossen hätte, Priester, Missionar oder Guru zu werden, hätte er Jünger en masse gefunden. Wäre er Serienmörder geworden ... Gott steh uns bei.
    Auf Frauen mußte er einen absolut verheerenden Einfluß haben. Die Frau, die bei Jurys Eintreten mit ihm sprach, war, jedenfalls ihren Blicken nach zu urteilen, seinem Zauber schon erlegen. Jury blieb in der Tür stehen, als sie Anders zum Essen einlud.
    Worauf dieser erwiderte: »Ich schaff es, glaube ich, nicht, Dolly.«
    »Selbst du mußt essen«, sagte sie, als seien ihm normale menschliche Bedürfnisse fremd.
    Jury begriff sofort, daß Dr. Anders sich weder über seine Wirkung auf diese Frau noch die Auswirkung seiner Ablehnung klar war. Als sie sich umdrehte,
    um zu gehen, war ihr Gesicht starr vor Enttäuschung. Sie rauschte, ohne Jury eines Blickes zu würdigen, durch die Tür. Er trat zur Seite und lächelte. Sie nicht.
    Anders bot ihm einen Plastiksessel an und setzte sich auf einen hölzernen Drehstuhl. Während Jury ihm den Grund seines Besuchs erläuterte, schaukelte er langsam und rhythmisch vor und zurück. Als er aufhörte, quietschte der Stuhl. »Angie.« Er schüttelte kurz den Kopf, schaute nach unten ins Leere und nach oben, an Jury vorbei.
    Jury war überrascht, daß er sonst nichts sagte. Er hätte angenommen, daß Nils Anders dauernd in Bewegung sein und seine Energien ständig in Worten oder Taten entladen mußte. Statt dessen blieb er, nachdem er den Namen einmal ausgesprochen hatte, ein paar Augenblicke ruhig sitzen. Jury war froh, daß er die Abkürzung des Namens benutzt hatte. Es verriet eine gewisse Nähe. Aber darüber ließ Anders sich nicht weiter aus.
    Jury fuhr fort: »Sie sind ein guter Freund von ihr, Dr. Anders, oder?«
    »War ich, ja.« Dann wurde Anders stutzig. Seine sich ständig verändernden Augen wurden dunkler. »Wollen Sie wissen, ob wir eine sexuelle Beziehung hatten?«
    Jury zuckte leicht mit den Achseln. »Ich frage nur. Sie müssen natürlich nicht antworten.«
    Anders' Blick verneinte diese Möglichkeit. »Ich habe nicht viel Zeit für Frauen, Mr. Jury. Liebesbe-ziehungen sind zu kräftezehrend.« Er schwieg und schaute wieder in die Luft. »Ich war einmal verliebt ...« Seine Stimme erstarb; sein Tonfall war

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