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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ein wenig verwundert, fragend, zweifelnd, als rufe er sich eine schlecht formulierte Hypothese in Erinnerung, ein ergebnisloses Experiment, über das er sich immer noch den Kopf zerbrach und sich fragte, wo es schiefgegangen war.
    »Warum haben andere den Eindruck, Sie hätten eine Liebesbeziehung gehabt?«
    »Weiß ich nicht.« Anders lachte. »Da müssen Sie diese anderen fragen, meinen Sie nicht?«
    Er schaukelte in dem Drehstuhl und lächelte. Jury beschlich das unbehagliche Gefühl, daß er sich über ihn, Jury, amüsierte. Dann fragte er: »Warum ist es wichtig, ob oder ob nicht?«
    »Ich weiß es nicht, Dr. Anders, um die Wahrheit zu sagen. Ich versuche nur, mir ein Bild von Angela Hope zu machen. Von ihrem Leben.«
    Anders nickte, verkreuzte die Hände im Nacken und beugte sich ein wenig zur Seite. Eine jungenhafte Geste, als spiele er Flugzeug und wolle gleich losfliegen. Er sagte: »Verstehe. Unter der Voraussetzung natürlich, daß es überhaupt sinnvoll ist, daß Sie hier sind.« Er schenkte Jury ein blitzendes, völlig entwaffnendes Lächeln.
    Es sprach für ihn, dachte Jury, daß es ihn überhaupt nicht interessierte, wer Jury den Eindruck, er sei mit Angela liiert gewesen, vermittelt hatte.
    Dann sagte er nüchterner: »Angela, ja.« Seine
    Augen schienen sich buchstäblich zu bewölken, das Blau verflüchtigte sich zu winterlichem Grau. »Bitte glauben Sie nicht, daß ich mit meiner Haltung Angies Tod als belanglos abtun möchte. Ich fühle mich ziemlich leer. Ich mochte Angie sehr, ich war gern mit ihr zusammen und habe gern mit ihr geredet. Was ich nicht von vielen Menschen behaupten kann. Man braucht ihnen ja nur die kleinste Chance zu geben, und sie stehlen einem mit ihrem geistlosen Geschwätz die Zeit. Angela nicht; wenn sie redete, redete sie über Dinge, die ihr wichtig waren.«
    »Darf ich fragen, was für Dinge?«
    Es schneite, die Flocken waren groß wie Steine und erinnerten auch deshalb daran, weil sie so schwer herunterfielen. Anders' Blick war auf einen Punkt draußen fixiert, Jury fühlte sich regelrecht gezwungen, ihm zu folgen.
    Dicke Schneeflocken fielen auf die Straße, die vielleicht einmal Brachland durchschnitten hatte, nun aber an Anwesen vorbeiführte, die Millionen Dollar wert waren. Jury wartete, doch Anders antwortete nicht.
    »Dr. Anders?«
    »Hm? O Verzeihung. Ich habe den Schnee angeschaut. Sieht aus, als sei er von hinten beleuchtet, stimmt's? Angela. Hm.«
    Jury folgte seinem Blick. »Erinnert Sie der Schnee an Angela?«
    »Nicht direkt. Aber schließlich sind nur wenige
    Dinge direkt, meinen Sie nicht? Licht ist mein, äh, Thema, würde man wahrscheinlich sagen. Mein Schwerpunkt. Ich habe ein Buch geschrieben -«
    »Ich habe es auf Angelas Bücherregal gesehen.« Daß er es geborgt hatte, erzählte er nicht.
    »Zersplittertes Licht bedeutet im Grunde nur verstreutes Bewußtseins«
    »Soll heißen?«
    »Soll heißen ... heißen, fehlendes Zentrum< wäre zu einfach ausgedrückt. Aber mehr kann ich im Moment nicht sagen.« Er lächelte. »Ich bin heute ein bißchen durcheinander.«
    Womit er vielleicht andeuten wollte, daß Jury durcheinander war. Oder die conditio humana selbst. Auch Jury lächelte. »Wofür hat sich Angela interessiert, können Sie mir das erzählen?«
    »Klar. Außer für ihre Arbeit, die Kultur der Hopis, der Anasazi, Mythen, Rituale, das Land - dieses Land, meine ich. Es ist sehr schön, finden Sie nicht?« Als Jury nickte, fuhr er fort: »Sie glaubte, es habe alles etwas mit dem persönlichen Seelenheil zu tun. Mit ihrem.«
    »Inwiefern?«
    »Schwer zu begreifen, was >inwiefern< für andere bedeutet. Ich sage Ihnen eines: Sie hatte große Achtung vor der Stille. Was manche Leute schwer akzeptieren können. Gut, ich schon. Ich entfleuche sowieso immer in die eine oder andere Welt, wenn ich in meinem Dämmerzustand bin. Eine ärgerliche Angewohnheit, hat man mir mehr als einmal gesagt. An-gie hatte irgendwie einen Hang zum Mystischen ...« Er hielt inne und runzelte die Stirn. »Aber offen gestanden, und sosehr ich es auch hasse, überheblich zu sein: Es ging um diesen modischen Mystizismus. Sie wissen schon, Mantras herunterleiern oder in sich versunken vor Ikonen und Kerzen in einer Ecke beten. Die Art. Saft- und kraftlos.«
    Anders äußerte sich zwar nicht direkt abschätzig, aber das lag wahrscheinlich nur daran, daß Angela Hope eine gute Freundin von ihm gewesen war. »Was meinen Sie mit Saft und Kraft?«
    »Die Sorte Mystizismus, mit dem man

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