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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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die Hände.
    »Wissen Sie denn, daß sie es war?«
    »Die Handschriftenanalysen haben ergeben, daß >Coyote Village< und die Nummer von jemand anderem geschrieben sind als die ordentlichen Bleistifteintragungen. Wenn es Hamiltons Adreßbuch war, dann stammen die vermutlich von ihr. Ein wenig schwieriger wird es bei der Nummer und dem Namen. Nell Hawes hat das Buch mit zurückgebracht. Also hat Hamilton es ihr vermutlich irgendwann gegeben, damit sie wenigstens eins von beidem hineinschrieb.«
    »Ist es denn wirklich so entscheidend, wer was hineingeschrieben hat?«
    »Das weiß ich erst, wenn ich weiß, was die Nummer bedeutet.«
    »Was ist mit Angela Hope?«
    Macalvie hob fragend die Brauen.
    »Vielleicht hat sie es ja aufgeschrieben. Das machen die Leute ja manchmal, wenn sie einem eine Adresse oder Wegbeschreibung oder sonst eine wichtige Information geben wollen.«
    »Das ist alles ziemlich an den Haaren herbeigezogen.«
    »Sie sind genauso wie Ihr Kumpel.«
    Welcher Kumpel nun?
    »Als Jury hier war, hat er das auch immer gesagt. An den Haaren herbeigezogen. >Die Verbindung zwischen den drei Frauen ist ziemlich an den Haaren herbeigezogen, Macalvie.<«
    Melrose lächelte. Er hatte selten erlebt, daß der Divisional Commander Zeit verschwendete, sich selbst zu beweihräuchern, aber jetzt feixte er geradezu.
    Dieser Ausdruck verflüchtigte sich jedoch sofort, als Macalvie fragte: »Haben Sie in London etwas herausgefunden?«
    »Also, viel nicht. Gut, im Prinzip überhaupt nichts, jedenfalls nichts Konkretes, außer -« Melrose hielt inne und runzelte die Stirn.
    »Die >außer< finde ich immer besonders interessant. Also, weiter im Text.«
    »Nur Eindrücke. Glauben Sie, daß Frances Hamilton an etwas anderem gestorben ist als die beiden anderen Frauen?« Er wartete, daß Macalvie nein sagte. Vergeblich. »Sie kann wirklich eines natürlichen Todes gestorben sein, ich meine, nicht durch Außeneinwirkung hervorgerufen. Als ich mit Lady Cray gesprochen habe, Sie wissen, der Freundin, bei der Fanny Hamilton wohnte, ergab sich ein Bild von ihr, das sich von meinem ursprünglichen Eindruck unterschied, daß sie eine alberne, oberflächliche Frau war. Selbst Lady Cray meinte, sie habe ihr unrecht getan, als sie dem Superintendent eine solche Vorstellung vermittelte. Ich glaube, daß Fanny Hamilton eine Frau mit sehr starken Gefühlen war, die sie aber nicht zeigen konnte, weil sie keine Vertraute hatte. Außer ihrem Neffen in Amerika hatte sie keine Angehörigen. Den Neffen liebte sie abgöttisch. Wirklich. Sie ist ja in die Staaten geflogen und zu der Hütte gefahren, wo er umgebracht worden ist, und hat mit der Polizei in Pennsylvania geredet. Jury hat mir erzählt, daß in den Polizeiberichten natürlich eine Beschreibung und Fotos waren - Bilder von der Leiche am Fundort und so weiter -, und obwohl sie diese sicher nicht zu Gesicht bekommen hat, ist ihr gewiß beschrieben worden, wie und wo er gestorben war. Wenn Fanny Hamilton nicht sehr kräftig war, wenn sie ein schlechtes Herz hatte«, Melrose holte tief Luft, »dann meine ich beinahe, daß sie daran gestorben ist. Kann es nicht sein, daß sie vor dem Bildnis des Knaben Chatterton, wie er da ausgestreckt auf dem schmalen Bett liegt, auch vor sich gesehen hat, wie Philip ausgestreckt in der Hütte liegt? Sie ist an dem Tag relativ lange in der Tate gewesen. Beatrice Slo-cum sagt, sie habe Mrs. Hamilton bemerkt, nachdem sie - Beatrice - die Clore Gallery verlassen habe. Da hängen die Turners. Bea mag die Turners besonders. Wegen des Lichts. Aber Licht spielt wahrscheinlich bei allen Bildern eine entscheidende Rolle, meinen Sie nicht auch?« Melrose hatte sich so deutlich eingeprägt, wie unheimlich sich das goldene, dunstige Licht in Turners Gemälde von Venedig ausbreitete, daß er jetzt, da er den Blick auf das graue rechteckige Bürofenster richtete, das gespenstische Gold fast dort zu sehen erwartete. »Kunst«, fuhr er fort, »ist nicht immer Balsam für die Seele. Vielleicht kann es sogar wie eine Überdosis sein. Schmerz, nicht Gift.«
    Plötzlich wurde Melrose unsicher. Macalvie hatte sich nicht gerührt, sondern ihn die ganze Zeit durch halbgeschlossene Lider beobachtet. »Glauben Sie mir nicht?«
    »Und ob ich Ihnen glaube! Ich glaube nur nicht, daß Sie über Frances Hamilton reden.«
    Darauf sagte Melrose nichts, und als ihn Macalvie einfach immer weiter anstarrte, richtete er seinen Blick schließlich entnervt und verlegen zu dem Fenster hinter

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