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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Fleischwölfe aussahen. Melrose fehlten die Begriffe, mit denen er ihr Handwerkszeug hätte bezeichnen können, die meisten hätten eine Heimstatt in einer Mercedes-Werkstatt oder einer Brillat-Savarin-Küche finden können. Endlich blieben sie vor einer Tür stehen, und er folgte Macalvie hindurch. Er erblickte eine glänzende Apparatur, ein paar Leute, die so etwas Ähnliches wie Sporttaucherbrillen trugen, riesige Computermonitore und den Experten, mit dem Macalvie nun konferierte. Zumindest nahm Melrose an, daß es sich um einen solchen handelte, denn Ma-calvie hörte wahrhaftig zu. Melrose bekam ab und zu ein paar Worte mit - »Mundabstrich«, »Proben des Erbrochenen« -, während er die aufgereihten Petrischalen in Augenschein nahm.
    Macalvie ging zu Melrose und sagte: »Noch vierundzwanzig Stunden - dann hat Sloane es raus. Er hat schon weiß Gott wie viele Substanzen ausgeschlossen, die zu den Symptomen passen. Zumindest zu denen, die festgestellt worden sind.«
    Melrose hörte zu, wie Dr. Sloane mit Macalvie über Lymphflüssigkeits- und Urinanalysen redete und die für diesen Fall auszuschließende orale Einnahme eines Gifts. Die umfassende Suchanalyse hatte wenigstens hundert Stoffe eliminiert, Barbiturate, Antidepressiva, Tricycliden; die Magensäfte schlossen jedoch eine direkte orale Einnahme aus.
    »Natronlauge, um sich umzubringen, hat sie demnach nicht geschluckt.«
    Witzig fand Dr. Sloane den kleinen Scherz nicht. »In meinem Bericht steht alles. Das wußten wir schon vor fünf Tagen. Praktisch einige Stunden nachdem wir die Proben hatten.«
    »Die Dünnschicht-Chromatographie ist nicht fein genug, um bestimmte Drogen nachzuweisen.
    Zum Beispiel Kokain. Illegale Drogen«, sagte Macalvie.
    »Es handelt sich hier auch nicht um Drogenmißbrauch. Viel wahrscheinlicher um Medikamenten-mißbrauch, aber auch da haben wir nichts gefunden. Und wir haben nicht nur das Screening angewandt. Auch Gas-Chromatographie, obwohl das immer noch ein grobes Trennverfahren ist - Mr. Macalvie, haben Sie meinen Bericht gelesen?«
    »Wort für Wort.«
    »Und warum stellen Sie mir dann diese Fragen?«
    Macalvie kratzte sich im Nacken und runzelte die Stirn. »Man übersieht Dinge.«
    »Hier ganz bestimmt, und zwar, an welcher Substanz die Frau nun gestorben ist. Nicht notwendigerweise an einem Medikament. Schließlich gibt es auch noch Insektizide.« Dr. Sloane drehte sich um. »Lesen Sie den Bericht.«
    »Danke«, sagte Macalvie.
    Sie gingen durch den Flur zurück. »Bei Angela Hope«, sagte Melrose, »verstehe ich es. Aber warum sind Sie so sicher, daß Nell Hawes vergiftet worden ist?«
    »Weil alle drei gestorben sind.«
    Melrose zog die Stirn in Falten. Ging das nicht doch alles an der eigentlichen Frage vorbei?
    Als sie um die Ecke zum Lift gingen, dachte Melrose, wie unheimlich die Welt dieses Labors doch war. Es gab keine Rätsel mehr. Er war sich gar nicht sicher, ob ihm das gefiel. Diese Leute hier konnten einen nicht nur nackt ausziehen, sondern auch noch an den Kleidern, die sie einem ausgezogen hatten, sehen, was man für eine Geschichte hatte.
36/II
    Melrose konnte nicht anders.
    Während Macalvie mit der Frau im Altarraum sprach, suchte er die vielen Kissen nach Botschaften ab. All seine Mühe, sich davon abzuhalten, war vergebens.
    Was für wunderbare Kunstwerke! Der Schuljunge im blauen Mantel barg sicher kein Geheimnis, denn nicht weit von der Kathedrale, in Princesshay, war der Knabe noch mal zu sehen, dort als Statue. Die meisten eingestickten Worte erklärten sich durchaus von selbst, insbesondere die Namen, Daten und historischen Details über Männer wie Bischof Baldwin, die Kirchen- und Lokalgeschichte, königlichen Häupter und Glaubensbekenntnisse, und überall das Tedeum, der Lobpreis Gottes, das auf allen Kissen erstrahlte. Wahnsinn. Aber was war mit...
    Die Brunnen waren trocken.
    Sie nahmen Wein, der versiegte .?
    Konnte das eine klug verschlüsselte Botschaft sein? Nun schlägt's aber ... Die ganze Angelegenheit wurde ihm wegen Wiggins und Josephine Tey völlig verdorben. Er hätte eine Elizabeth Onions mit ins
    Krankenhaus nehmen sollen. Wenn das kein Gegenmittel für überhitzte Phantasien war!
    Eine Weile lang blieb er vor der winzigen Gestalt des heiligen Cuthbert stehen, die Blutstropfen aus roter Stickseide fesselten seinen Blick. Während er sie betrachtete, hörte er indes keine Engelsstimmen in seinem Inneren, sondern die Stimme von Ellen Taylor, die von ihrer Figur Maxim sagte: »Wer

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