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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Treppenstufen hoch. Oben angelangt, schirmte er, genau wie vorhin Polly, als sie nach ihm Ausschau gehalten hatte, die Augen ab, um hineinzusehen.
    Was würde er finden?
    Lächerliche Frage. Lady Kennington, die würde er finden. Die gelangweilte und deshalb schwatzhafte Sekretärin im Maklerbüro hatte ihm gesagt, Lady Kennington sei sehr wahrscheinlich im Haus. Sie sei sehr häufig dort, schaue sich alles an, messe sicher schon einiges aus, und wisse er eigentlich, daß sie es einmal besessen habe? O ja, aber ihr Mann, Lord Kennington, sei ihr urplötzlich weggestorben. Trotzdem sei sie so lange wie möglich dort wohnen geblieben. »Also, das würde ich ja nun nie, nicht allein, ganz bestimmt nicht, nicht nach den grauenhaften Morden dort, wissen Sie das denn eigentlich? Eine Frau war -«
    Ja, sagte Melrose, er kenne die Geschichte. Er bedankte sich und ging.
    Die Statue in der Mitte des Hofes mußte als Ruhepunkt gedient haben, um den das Leben des Hauses und seiner Bewohner kreiste. Es faszinierte ihn, daß man sie aus jedem Zimmer oben und unten sehen konnte, denn die Zimmer im Erdgeschoß öffneten sich alle zum Hof hin, und die im ersten Stock hatten alle einen kleinen Balkon.
    Das bemerkte er durch die hohen Fenster eines großen leeren Raums, nachdem er eine Frauengestalt - nicht die Statue, sondern eine Frau, die im Garten stand und sich manchmal herunterbeugte - beobachtet hatte. Was tat sie da? Zupfte sie Unkraut aus? Vermutlich, denn als sie aufstand, hatte sie die behandschuhte Hand voll schwarzer Stengel. Er fand es lustig, wie sie den irrsinnig verwilderten Garten betrachtete. Trotzdem bückte sie sich immer wieder, um mit dieser undankbaren Arbeit fortzufahren. Wenn sie das Anwesen auch nicht offiziell besaß, sie gehörte einfach, im Grunde wie die Statue, zur festen Ausstattung.
    Er war unsicher, was er tun sollte, wie er sich, ohne sie zu Tode zu erschrecken, bemerkbar machen konnte. An die Fensterscheibe klopfen? Nein, das wäre in dem leeren Haus noch beängstigender. Und sie hatte ihm den Rücken zugekehrt, wenn er also auf sie zulief, sah sie ihn nicht einmal. Er trat durch das Zimmer in ein anderes, um von dort durch die Verandatür von vorn auf sie zuzugehen.
    Und so geschah es dann auch. Sie ließ von ihrer sinnlosen Tätigkeit ab, schaute ihn lange an, legte den Kopf zur Seite, lächelte und sagte dann: »Ich weiß, wer Sie sind.« Als habe die Frage nach seiner Identität sie lange beschäftigt und als sei das Problem nun endlich gelöst; als habe sich ein Schicksal erfüllt.
    So wollte Melrose es jedenfalls gehört haben. »Wir haben uns aber nie kennengelernt.«
    »Nein, aber Sie waren bei - der Beerdigung.« Einen Moment schaute sie weg.
    »Stimmt. Vor zehn Jahren. Ich bin erstaunt, daß Sie sich daran erinnern.«
    »So lange ist das her.« Sie schüttelte den Kopf. »Wie die Zeit einen täuschen kann. Kaum vorstellbar, daß in diesem Haus einmal jemand gelebt hat. Aber es war mehrere Jahre lang vermietet. Und nun steht es zum Verkauf.« Und dann fragte sie schnell: »Sie sind nicht ...?«
    Er lächelte über ihren ängstlichen Ton. »Nein, ich bin kein potentieller Käufer, Lady Kennington.«
    »Oh, nennen Sie mich nicht so.« Sie strahlte. »Dieses ganze Lady-Trara hat mir immer mißfallen. Und da mein Mann nun tot ist, finde ich . Nennen Sie mich einfach Jenny. Aber wenn Sie nicht hierhergekommen sind, um das Haus zu besichtigen, warum dann ...?«
    »Ich habe Sie gesucht«, sagte Melrose.
    Das war die Untertreibung des Jahres.
45
    »Eine Rezeptnummer«, sagte Jury.
    Er war im Hauptquartier in Exeter, die Mittagspause war noch nicht lange zu Ende, und der dritte Anwesende in Macalvies Büro, ein Dr. Sloane, sah aus, als wäre er lieber woanders (selbst beim Erdesieben in einem offenen Grab) - überall, nur nicht mit zwei Kripomännern in einem Büro.
    Macalvie lehnte sich in seinem Drehstuhl zurück. Es knirschte. Er lächelte. »Ich wußte ja, es würde sich lohnen, nach New Mexico zu fliegen.«
    Jury fummelte mit der fotokopierten Seite des Adreßbuches herum. »Die Ehre gebührt Wiggins. Es war sein Rezept.«
    »Ich habe Ihre Freundin Lady Cray angerufen und sie gebeten, die Medizinschränkchen durchzusehen. Und da hat sie ein paar von den Nitroglyzerinpflastern gefunden.«
    »Gegen Herzbeschwerden, ich weiß.«
    Macalvie nickte. »Starkes Zeug. Damit spielt man nicht. Mrs. Hamilton hat ein wahnsinniges Risiko auf sich genommen, Kette geraucht, obwohl ihr die Dinger verschrieben

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