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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer
Autoren: Unbekannter Autor
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worden waren. Nach dem Telefongespräch mit Ihnen habe ich ihren Arzt angerufen. Bevor sie in die Staaten geflogen ist, hat er ihr ein
    Rezept ausgestellt, und zwar genau für die Dauer der Reise. Er wollte nicht, daß sie ihr ausgingen. Als sie wiederkam, hat sie sich ein neues geholt. In anderen Worten, in den Staaten brauchte sie nicht zum Arzt zu gehen.«
    »Also war das Rezept - immer unter der Voraussetzung, daß es sich um ein solches handelt - nicht für sie gedacht, obwohl die Nummer in ihrem Adreßbuch steht.«
    Mit demonstrativem Blick auf die Uhr sagte Dr. Sloane: »Ich muß zurück ins Labor, Superintendent.«
    Macalvie entschuldigte sich halbherzig und sagte: »Dann erzählen Sie ihm, was Sie mir erzählt haben.«
    Sloane seufzte. »Es ist alles in meinem ...«
    »... Bericht. Ich weiß. Aber Sie erzählen es immer viel besser.«
    Dr. Sloane verzog keine Miene, doch Jury lächelte. Dr. Sloane war eindeutig einer der sehr wenigen Kollegen, die Macalvie bewunderte. Er ließ die Uhr aufs Handgelenk zurückschnellen und sagte: »Eine toxische Dosis Nikotin bewirkt eine hohe Pulsfrequenz, geistige Verwirrtheit, Krämpfe und andere Symptome, wie zum Beispiel heftige Übelkeit. Bei diesem Opfer«, Sloane zeigte auf das Papierchaos auf Macal-vies Schreibtisch, in dem sich auch die Fotografien der Leiche Angela Hopes befanden, »würde es das Rätsel erklären, wie sie in diesen Schacht in Old Sarum fallen konnte. Die Polizei in Wiltshire hatte recht.
    Sie konnte nicht einfach ausgerutscht sein. Aber bei der akuten Nikotinvergiftung wäre das ihr geringstes Problem gewesen: auszurutschen und zu fallen. Es ist schade, daß niemand sie gesehen hat und ich keine richtungweisenden Symptome hatte, aber ich kann sie förmlich vor mir sehen. Ich kann mir ohne weiteres vorstellen, wie sie in ihrer Verwirrtheit und mit den Krämpfen regelrecht in die Grube gezwungen, wenn nicht sogar hineinkatapultiert worden ist. Sie hätte sich auch nicht im Gras verkrallt, sie hätte sich nur in ihren eigenen Körper verkrallt.«
    »Dann sind Sie sicher, daß es eine toxische Dosis Nikotin war?« Kaum hatte er das gesagt, hätte Jury sich am liebsten die Zunge abgebissen.
    Die Pause dauerte nur einen Herzschlag lang, troff aber vor einem höhnischen »Stehlen Sie mir nicht meine Zeit« oder »Haben Sie nicht zugehört?«. Doch da Sloane mit Macalvie auch nicht anders umging, nahm Jury es nicht persönlich. Sloane zog ein Blatt Papier hervor und gab es Jury, der auf die steilen Linien, Prozentangaben und Medikamentennamen mit beträchtlichem Unverständnis reagierte.
    »Die Resultate dieses Gas-Chromatogramms zeigen an, was in dem entnommenen Blut gefunden wurde. Der Nikotingehalt ist nicht überraschend, da das Opfer heftig geraucht hat.«
    Wie ein Assistent in einer Zaubervorstellung zog Macalvie in dem Augenblick eine angebrochene Stange Marlboro hervor und knallte sie auf den Schreibtisch.
    Jury sah von Sloane zu Macalvie und sagte: »Verzeihung, das begreife ich nicht. Ich bin auch ein star-ker Raucher - ich war es zumindest«, er lächelte heiter, »aber ich habe keine Krämpfe. Hoffe ich jedenfalls nicht.«
    »Ich auch nicht«, sagte Sloane in seiner beruhigenden Art. »Ich wurde unterbrochen.« Macalvie erhielt einen Blick, der womöglich so toxisch wie eine Niko-tinüberdosis war. »Könnten Sie wohl auf Ihr Feuerwerk wenigstens so lange verzichten, bis ich hier wieder raus bin, Superintendent?«
    Macalvie grinste. Es war schwer, ihn zu bremsen, wenn er einmal in Fahrt geriet.
    Sloane fuhr fort. »Bei Nikotin liegt die tödliche Dosis für Menschen zwischen dreißig und sechzig Milligramm. Eine Schachtel Zigaretten enthält etwa 300 Milligramm.« Bei diesen Worten verweilte Dr. Sloanes Blick lange auf Macalvies überquellendem Aschenbecher, dann bedachte er Macalvie und den Superintendent mit einem vernichtenden Lächeln. »Das meiste verbrennt natürlich oder wird metaboli-siert. Trotzdem .«
    »Zigarren sind schlimmer«, sagte Macalvie.
    Du Dummkopf, sagte Sloanes tadelnder Blick. Zu Jury gewandt, fuhr er fort: »Der Tod kann innerhalb weniger Minuten eintreten, hier erfolgte er durch einen Herzinfarkt auf dem Boden einer Herzmuskel-vorschädigung durch einen Herzklappenfehler, vermutlich Folge des rheumatischen Fiebers in der Kindheit.«
    »Innerhalb von Minuten? Warum ist es dann in Old Sarum passiert?«
    Sloane antwortete: »Der Tod kann innerhalb weniger Minuten eintreten. Es kann aber auch bis zu vier Stunden dauern.
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