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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Tag entgegenzutreten. Dann verlangte es von White Ellie einen Fünfer für das Bier, suchte sich aus dem Gemüll in dem Kinderwagen etwas zum Anziehen heraus (einen Schal), ging los und knallte die Haustür hinter sich zu.
    White Ellie legte ihre pummelige Hand auf Wiggins' Unterarm. »Sind Sie verheiratet?«
    Wiggins schob schnell einige Handtücher und Waschlappen zur Seite, damit er von Ellie wegrücken und ein paar Anstandszentimeter zwischen sie bringen konnte. Nein, erwiderte er, sei er nicht. »Kluges Bürschchen«, sagte sie und zwinkerte ihm offen und herzlich zu, als wolle sie ihm bedeuten, daß er mit Damenbeziehungen nach dem Motto »Catch-as-catch-can« weit besser dran sei.
    Bea versuchte sich nun durch den Lärm der Kinder, die sich kichernd über Petey warfen, Gehör zu verschaffen. »Wir sind sehr oft in der Tate, Gabe und ich. Das Victoria and Albert und die Nationalgalerie gefallen uns auch, aber Tate ist besser, weil sie am Embankment ist und wir gern am Fluß Spazierengehen.«
    Jury mußte lächeln, als er sich Bea und Gabe, diese schräge Mischung neonhaariger Anti-Estab-lishment-East-End-Nonkonformisten, inmitten der Cappuccino-Schickeria vom Chelsea Embankment vorstellte. »Francis Hamilton auch«, sagte Jury. »Ist auch oft in die Tate gegangen, meine ich. Das sagt jedenfalls eine Freundin, bei der sie gewohnt hat. Sie mochte Museen.«
    Bea verzog das Gesicht wie ein nachdenkliches kleines Mädchen. Sie drehte sich um und schaute in den nun hellen, sonnenbeschienenen Tag.
    Wiggins schrieb ihre Adressen auf. Gabes Wohnung, die er hoffentlich nächste Woche wieder beziehen konnte, lag in der Nähe der Catchcoach Street. Beatrice wohnte in Bethnal Green, wo sie im Spielzeugmuseum arbeitete.
    Jury erhob sich, Wiggins tat es ihm gleich. »Vielen Dank für Ihre Hilfe - Bea, Gabe.« Er blickte in die Runde. »Und allen anderen auch.«
    Er schaute in den Kinderwagen, der nun die Haustür offenhielt. Im Gegensatz zu dem faulen Ashley Cripps fungierte also Robespierre nicht nur als Wäschekorb und Schublade, sondern auch als Türstopper. Jury verbrachte einen müßigen Augenblick in der Betrachtung des grimmig schlafenden Babys und fragte sich, welches der Kinder, die jetzt draußen auf dem Bürgersteig herumschrien, er damals in ebendiesem Gefährt gesehen hatte. Aurora war die aussichtsreichste Kandidatin, sie sah wie neun oder zehn aus. Fragen wollte Jury nicht; er hatte Angst zu hören, daß das Baby die anderen hier nicht überlebt hatte.
    Auf dem Bürgersteig erklang ein Jammern und Schreien, und bei dem Gedanken, daß sie sich nun wieder gegenseitig quälten, sank Jury das Herz. Auch aus Robespierre mit den winzigen Fäusten und flammendroten Wangen würde ein Junge mit stacheligem Haar und wimpernlosen Augen, ein Mitglied des schmuddeligen Kreises dort werden.
    Wie konnte die Zeit so grausam sein?
    Er dachte an den zwischen den frischen grünen
    Uferböschungen unter dem kobaltblauen Himmel dahinfließenden Avon. Die Enten, das Schilf, die Schwäne. Der Fluß änderte sich nie. Aber das stimmte nicht. Er, Jury, würde ihn nie mehr genau so betrachten können. Alles änderte sich, nichts blieb.
    Außer den Cripps.
    Jury seufzte.
12/I
    Jury vereinbarte mit Wiggins, daß er noch einmal zu Lady Cray gehen und mit ihrem Enkel sprechen würde und sie sich danach im Büro treffen würden. Die Tür des Hauses in Belgravia wurde dieses Mal nicht von dem schüchternen Hausmädchen, sondern von einem jungen Mann in feinkariertem Lambswoolman-tel geöffnet. Er sah aus, als wolle er gerade gehen.
    »Oh, hallo! Suchen Sie meine Großmutter? Sie ist leider mal eben zu Harrods.«
    Angesichts seines Ausdrucks vermutete Jury, daß er das »leider« ernst meinte. Und angesichts dessen, was normalerweise passierte, wenn Lady Cray »mal eben bei Harrods war«, verstand Jury auch, warum. Er stellte sich lächelnd vor.
    Aus dem Wohnzimmer rief eine Frauenstimme -mit eher mädchenhaftem Timbre: »Wer ist da, Andrew? Wir kommen zu spät zu der Eröffnung.«
    Jury lächelte auch, als Andrew nicht darauf reagierte. »Ihre Großmutter redet immer voller Begeisterung von Ihnen.«
    Andrews Miene erhellte sich beträchtlich. »Ja, wir verstehen uns sehr gut.«
    »Kann ich einen Moment mit Ihnen reden? Ich verspreche, ich halte Sie nicht lange auf.«
    »Natürlich. Kommen Sie herein. Meine Großmutter hat mir auch schon von Ihnen erzählt.« Als sie durch die marmorne Eingangshalle gingen, sagte Andrew: »Sie haben sich doch

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