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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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sie anlegten, auf, warfen erst einander und dann Diane einen Blick zu.
    Melrose Plant hatte sich zwar geschworen, nie mehr auf Dianes Gesprächsthemen einzugehen, aber er wußte, wenn Trueblood nicht nachgefragt hätte, wäre er weich geworden.
    »Janet Leigh?« Marshall Trueblood hob eine Augenbraue, wohlgepflegt wie der ganze Rest des Mannes. Sein Armani-Ensemble war mit einem tür-kisfarbenen Hemd und einer blaßgrüntürkis gestreiften Krawatte aufgepeppt. Bis hin zu der knallrosafarbenen Sobranie-Zigarette erstrahlte er in einer einzigen Farbenpracht.
    Sie seufzte. Hatten sie nicht zugehört? »Janet Leigh hat nie wieder geduscht! Nur gebadet. Gibt mir wohl mal jemand Feuer?«
    Trueblood gehorchte. »Die Schauspielerin Janet Leigh?«
    Diane schaute ihn an, als sei er nicht recht bei Trost. »Mein Gott! Wenn Sie in einer Dusche erstochen worden wären, und sei es nur im Film, würden Sie hinfort nicht auch lieber baden?«
    Was Melrose zu der Bemerkung veranlaßte: »Ich bade sowieso immer. Meine Gummiente schwimmt nicht in der Dusche.«
    »Meinen Sie Psycho? Den Hitchcock-Film Psycho? Reden Sie darüber?« fragte Trueblood.
    »Worüber sonst?« Sie suchte das Jack and Hammer nach Dick Scroggs samt ihrem Wodka mit dem unaussprechlichen Namen ab. Nirgendwo zu sehen. »Schmiert er draußen schon wieder mit Farbe rum?«
    Dick Scroggs hatte das Jack and Hammer, ein ursprünglich cremefarben getünchtes Gebäude im Neo-Tudorstil, erst kürzlich verschönert, indem er ultramarinblaue Farbe auf die Fassade geklatscht hatte, damit sie zur Beinkleidung des »Jack« paßte, der Holzfigur, die hoch oben auf einem vorspringenden Balken thronte. Zum Glück erstreckte sich Dicks Ehrgeiz nicht auf das Innere des Pubs (vielleicht hinderte ihn aber auch nur seine Arbeitsscheu). Das Jack and Hammer dümpelte seit Jahren fröhlich vor sich hin, runde Holztische, wackelige Stühle, ein riesiger Kamin in der Saloon Bar, dem besseren Teil der Lokalität, und im Schankraum schmale Bänke an den Wänden und eine Dartscheibe. Touristen würden es lieben. Wenn sie es je zu Gesicht bekämen. Denn zum Glück für einige lag Long Piddleton abseits der ausgetretenen Touristenpfade. Wie Northampton. Ganz Northamptonshire, das ziemlich weit unten in der Hitliste der beliebten Grafschaften rangierte. Der wohlhabenden Einwohnerschaft Long Piddletons beziehungsweise der im Ruhestand Lebenden war es höchst willkommen, daß man sozusagen hinter dem Mond lag, die Geschäftsleute hätten indes nichts gegen die eine oder andere Busladung mit Touristen gehabt. Dick Scroggs hätte den Garten hinter seinem Haus sofort in einen Parkplatz verwandelt, wenn es denn notwendig gewesen wäre.
    »Er ist draußen«, sagte Vivian Rivington, die neben Melrose in der runden Nische vor dem Erkerfenster saß und durch die bleiverglasten Fenster starrte, als ob Seufzer und sehnsüchtige Blicke den Frühling herbeizaubern könnten. Melrose kannte den wirklichen Grund für diese Seufzer. Sie war wieder einmal dabei, die Koffer zu packen und nach Venedig zu fahren. Herrgott, wie lange war sie nun schon mit Graf Dracula verlobt? Sechs Jahre? Sieben?
    Trueblood setzte »Janet« auf seine Liste und entzündete ein Streichholz, um sich eine neue Zigarette anzustecken, diesmal eine tiefblaue. Diese Sobranie-Zigaretten rauchte er mittlerweile so lange, daß seine Finger eigentlich in allen Regenbogenfarben hätten schillern müssen, dachte Melrose. Er schaute sich Truebloods Notizen an.
    »Janet?« las er vor. »Soll das ein Witz sein? Nie im Leben würde sie Janet heißen.«
    »Kümmern Sie sich, verdammt noch mal, um Ihre eigene Liste.« Trueblood deckte schnell die Seite mit seinen Namen zu.
    »Sie würde nicht Janet heißen«, wiederholte Melrose. Er schürzte die Lippen. »Ich frage mich, wie alt diese Leute sind.«
    Trueblood kritzelte weiter und sagte: »So alt wie wir.« Er schaute sich in der Runde um. »In den Vierzigern.«
    »Wie bitte?« Das verbat sich Diane ja nun vehement. »Sie vielleicht alle«, tat sie ihre hochbetagten Trinkgenossen mit einer kurzen Handbewegung ab. »Ich bin in den Dreißigern, Anfang Dreißig. Melrose ist natürlich alterslos. Er verändert sich nie. Wahrscheinlich ist er mit seinem matten Goldschopf und der Brille schon zur Welt gekommen. So, jetzt wird's aber Zeit. Huhu, Dick!«
    Endlich kam Dick Scroggs, stämmig und seinerseits um die Fünfzig, mit der Farbdose herein. Diane zeichnete ein Martiniglas in die Luft. Dann sagte sie:

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