Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Nancy mit ihrer Taschenlampe, Nancy mit den weißen Socken und den Mokassins. Ab der Hälfte war das Buch mit Randbemerkungen versehen, Kommentaren wie »War doch sonnenklar!« oder »Streng deinen Grips mal ein bißchen an!« und zum Schluß, als der Schurke offenbar enttarnt war: »Das weiß ich schon seit Ewigkeiten!« Jemand - die jüngere Schwester Mary? - war felsenfest überzeugt, daß sie eine erheblich bessere Detektivin war als Nancy Drew.
    Er stellte die kritische Ausgabe von Nancy Drew zurück und las die Rücken der anderen Bücher. Sa-rum , ein fiktionales Werk über das alte Salisbury und Stonehenge, recht zerlesen. Mehrere Bände von Autoren, die verschiedene Mystizismusformen popularisiert hatten wie Alan W. Watts. Überredungskunst von Jane Austen, ein Raymond-Chandler-Krimi, ein paar Bücher von ortsansässigen Schriftstellern.
    Ein Buch, das Jury nicht kannte, interessierte ihn sehr. Es war von Nils Anders verfaßt und trug den für einen Naturwissenschaftler seltsamen Titel Zersplittertes Licht. Jury nahm es und setzte sich wieder hin. Das kleine Foto auf dem Schutzumschlag zeigte einen Mann, der sich offenbar nicht gern fotografieren ließ. Er neigte den Kopf und schaute nach unten, als sehe er dort etwas bei weitem Interessanteres als die Kamera. Gerade mal im mittleren Alter, vielleicht noch nicht einmal das. Ende Dreißig vielleicht. Was Jury von dem Gesicht sah, schien hübsch zu sein, aber bei der Haltung des Kopfs war es schwer zu erkennen. Wahrscheinlich helles, eher lockiges Haar. An den nach unten gerichteten Augen konnte man natürlich nichts ablesen. Sein Mund öffnete sich ein wenig, als sei er beim Sprechen aufgenommen worden. In den biographischen Angaben prangten Buchstaben hinter seinem Namen, die auf noch mehr Titel hindeuteten, als Jack Onate erwähnt hatte. Anders hatte auch eine Anzahl Preise bekommen. Bereitwillig stellten ihm mehrere Organisationen Mittel für seine Arbeit zur Verfügung.
    Jury schlug das Buch willkürlich irgendwo auf und verlor sich sofort in einer verwirrenden Beschreibung von Licht und dessen Wirkungen, die er genausowenig wie ihre Ursprünge verstand. Er versuchte es noch einmal und fing auf der ersten Seite an zu lesen. Sie stellte sich als weit zugänglicher heraus. Zwischen Dr. Anders und jemandem, der ihn vor einer Weile interviewt hatte, fand eine Art Gespräch statt. Anders benutzte den kleinen Plausch, um den Laienleser für das Buch zu interessieren. Sehr clever, Dr. Anders war kein übler Schreiber. Er hegte eine gewisse Vorliebe für Beschreibungen -Ambiente, Menschen (besonders die fade Dame, die ihn interviewte). Wahrscheinlich hätte ihn nicht einmal Mary Hope redigiert. Vorteilhaft war auch, daß er dem Leser zugleich die Botschaft vermittelte: Schau, du bist nicht so klug wie ich, aber so dumm wie sie bist du auch nicht, klar? Jury hätte beinahe laut gelacht. Ein kluger Trick, und sehr notwendig, denn man wurde gleich danach in ein Universum geworfen, das aus allem anderen denn handfesten Dingen bestand: Partikeln, Laserstrahlen, Gleichungen, Theoremen, Pis.
    Eine Frage an Anders lautete, ob er, wenngleich er ein solch »reiner« Wissenschaftler sei (»was immer das war«, fügte Anders hinzu), an etwas glaube? Er antwortete so sarkastisch, daß die Interviewerin nach Jurys Dafürhalten nur noch hätte aufspringen und das Weite suchen können. Aber die Antwort war simpel. »An Licht.« Simpel, doch so seltsam, daß Jury förmlich hören konnte, wie die Frau den Atem anhielt und zaghaft ungläubig lachte. »Ja, aber an was denn noch?« fragte sie.
    »Es gibt nichts anderes«, antwortete Anders, warf ein paar Papiere auf den Tisch und begann sofort, die Dame mit einem Wust von Zahlen zu überschütten.
    Jury schaute skeptisch auf. Es gibt nichts anderes?
    Sein Verstand schien zu klicken, wie wenn man den Kombinationsknopf eines Safeschlosses dreht. Etwas hakte ein und flog gleichzeitig in alle Himmelsrichtungen davon. Unseligerweise konnte nur das klicken, was weggeflogen war. Es mußte eingesammelt und wie Tumbleweed in der trockenen Prärie zusammengerecht werden. Erst dann war es verständlich. Diesen Vergleich hätte Jury herangezogen, wenn er seinen momentanen Geisteszustand hätte schildern müssen.
    Er schlug das Buch zu und schüttelte den Kopf, damit er wieder klar wurde. Der Schutzumschlag war bildschön, silberne Nebel explodierten auf dem blau-purpurnen Hintergrund des Kosmos, unterlegt von etwas, das wie ein zerbrochener

Weitere Kostenlose Bücher