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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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sie gekannt.
    Jury zog eins der Rechnungsbücher neueren Datums hervor und öffnete es, weil Angela vielleicht zu den Geschäftsfrauen gehörte, die Namen und Adressen der Kunden, die einmal bei ihr gekauft hatten, in der Hoffnung notierte, daß sie wieder bei ihr kaufen würden, wenn sie auf der Adressenliste standen. Fehlanzeige. Für die Steuer notwendige Unterlagen hatte sie aufbewahrt. Aber eine Kundenkartei fand Jury nirgendwo, und schon gar keine sonstigen Informationen über Käufer. Angelas Marketingaktivitäten erschöpften sich vermutlich darin, die kleinen Karten auszuteilen, auf denen in silbernem Prägedruck der Name des Ladens sowie Telefon- und Faxnummer (identisch! ) standen. Die waren ja auch in Fanny Hamiltons Adreßbuch gelandet.
    Er ließ von dem Schreibtisch ab und betrachtete den Silberschmuck in der Glasvitrine und auf den Regalen der linken Wand genauer. Ihre Arbeiten waren sehr fein, elegant und glatt und nicht mit den geometrischen indianischen Mustern verziert, die er in den Schaufenstern um die Plaza gesehen hatte. Es gab eine Anzahl Kruzifixe. Und die waren merkwürdigerweise am kunstvollsten. Auf beiden Seiten waren Kreise, Ranken und Kringel eingraviert, winzig kleine Muster, die man kaum erkennen konnte, weil die Kreuze so klein waren, manche kaum mehr als eineinhalb, andere höchstens zweieinhalb Zentimeter lang. Er nahm ein Armband, in das ein ovaler Türkis eingelassen war, und staunte, wie leicht und zart das silberne Band war.
    Auf dem mittleren Regal standen drei ähnliche Türkisskulpturen, wie Lady Cray sie besaß. Sie waren verschieden groß und unterschiedlich gestaltet, gerade recht für Papierbeschwerer, als die sie ein Kunde auch verwenden würde, wenn er Wert auf etwas Nützliches legte. Lady Crays Türkis diente lediglich ästhetischen Zwecken. Wie schön, wenn Angela Hope das noch erfahren hätte! - Wie schön, wenn Angela noch lebte! Punkt. Er nahm den kleinsten Türkis zur Hand und setzte sich in einen Sessel. Die Skulptur war von einem Silberband mit einer kleinen bronzenen Eidechse umwunden. Es sah ein wenig aus wie ein Gürtel mit Bronzeschnalle. Bei den beiden anderen Türkisskulpturen war keine Bronze verwendet worden; vielleicht hatte Angela damit experimentiert. Im übrigen war sich Jury nach dem
    Anschauen etwa eines Dutzends Juwelierschaufenster um die Plaza herum ziemlich sicher, daß nur Angela Hope in dieser Weise Türkise und Silber kombiniert hatte. Bisher hatte er nichts auch nur entfernt Ähnliches gesehen.
    Jury gelangte allmählich zu demselben Schluß wie Macalvie. Nur daß Macalvie sofort darauf gekommen war. Jury konnte sich für solche voreiligen Schlüsse nicht sonderlich begeistern - reine Glaubensfragen, fand er immer. Sie gründeten sich auf nichts als guten Instinkt. Aber Macalvies Instinkt war unheimlich. Wenn er es auch nicht als »Instinkt« bezeichnet hätte, sondern als blitzschnelles Überlegen, als solch rasches Begreifen von Fakten, daß es nur so schien, als sei er »instinktiv« auf die Lösung gekommen. Macalvies Fakten waren allerdings nicht unbedingt identisch mit anderer Leute Fakten.
    Mittlerweile häuften sich freilich zu viele Zufälle, als daß man Macalvies Theorie noch ignorieren konnte. Die Türkisskulptur, die Tatsache, daß Frances Hamilton Santa Fe zur selben Zeit besucht hatte wie Nell Hawes und daß beide im La Fonda gewohnt hatten, und zwar im November. Er setzte die Skulptur auf der breiten Sessellehne ab und holte die fotokopierten Seiten hervor, die er auch Melrose Plant geschickt hatte. Und dann studierte er diese merkwürdige Telefonnummer, deren Besitzer weder Nell Hawes noch Frances Hamilton kannten. Irgendwas war an der Nummer komisch, dachte er. Sie ähnelte den anderen überhaupt nicht, sie war auch anders eingetragen, nicht so sorgfältig in die kleinen Kästchen geschrieben worden.
    Jury stand auf, knipste an der Stereoanlage herum, sah, daß eine CD drinlag, und drückte auf die PlayTaste. Die kristallklaren Klänge von Flötenmusik erfüllten den Raum. Sehr besänftigend, dachte er. Es paßte zu dem Land. Na ja, kein Wunder, schließlich war es die Musik der amerikanischen Ureinwohner. Rechts neben dem CD-Player stand eine lange Reihe Bücher. Eine schräge Mischung. Diverse Nancy-Drew-Bücher teilten sich das Regal mit etlichen Werken über indianische Kultur und ein paar Archäologiebüchern. Er zog Das Geheimnis der Wendeltreppe heraus und blätterte darin herum, weil er die Illustrationen mochte.

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