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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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gestrichen, daß er sich vorkam wie in einem »schönsten Dorf Englands«. Hier wurden Bilder, Kunsthandwerk der Ureinwohner Amerikas oder Essen verkauft. In den Sommermonaten war die Straße sicher eine Touristenmeile, aber nun, im Februar, lag sie ruhig und golden da, die Sonne spiegelte sich auf türkisfarbenem, blauem und rosa Lack.
    Der Silver Heron lag hinter einer Kurve etwa auf der Hälfte der Straße. Wie die meisten Läden hier war er sehr klein und besaß einen Raum vorn und einen hinten, der nicht größer als ein Ankleidezimmer war. Dort mußte Angela ihre Silberschmiedearbeiten angefertigt haben. Er hatte kein Fenster, und das einzige Möbelstück war ein sehr langer Holztisch - ein großer Eßtisch, nur höher. Davor stand ein Hocker mit hohen Beinen.
    Ordentlich war Angela Hope nicht gewesen, dachte Jury. Ihre Werkzeuge lagen wie Kraut und Rüben durcheinander und wurden offenbar nie in die dafür vorgesehene Holzkiste an der Wand zurückgestellt. Über den gesamten Tisch lagen wie Konfetti verstreut winzige Silberspäne und bunte Steinstückchen. Außerdem kleine Haufen Halbedelsteinbrocken - Achat, Koralle, Malachit, Azurit, schwarzer Onyx, Obsidian. Am einen Ende des Tischs lag ein Türkisblock, ähnlich groß und so geschnitten wie der von Lady Cray. Jury sah ein paar kleinere Maschinen, die er nicht identifizieren konnte, eine Acetylenlötpistole, die dazugehörige Schutzbrille, etwas, das wie eine Handschleifmaschine aussah, und ein paar Juwelierlupen. Dunkle Flecken, verbrannte, schwarze Dellen im Holz an der Kante des langen Tischs, verrieten, daß hier brennende Zigaretten abgelegt worden waren. Angela Hope hatte heftig geraucht.
    Und nur weil Jury sich jüngst zum Nichtraucher hatte bekehren lassen, zählte er fünfzehn Kerben, die gleichmäßig an der Kante entlang verteilt waren und ein dunkles Muster bildeten. Unwillkürlich mußte er über Angela Hopes Sucht lächeln. Wie oft hatte sie wohl versucht, aufzuhören, und es nicht geschafft? Er fühlte sich ihr merkwürdig verwandt. Ihr Arbeitstisch wirkte, als sei sie nur mal eben von dem Hocker aufgestanden und eine Tasse Kaffee trinken gegangen. Und natürlich: eine rauchen. In dem Raum herrschte eine erwartungsvolle Atmosphäre, als käme sie gleich zurück. Jury hatte eine kleine Kamera mitgebracht und begann Fotos zu machen.
    Im Verkaufs- und Ausstellungsraum waren die üblichen Glasvitrinen und Regale an beiden Wänden. In einer Vitrine lagen Angelas Arbeiten, da war er sicher. Sie waren viel feiner als die Teile in der anderen Vitrine - die Türkise waren in gehämmertes Silber eingesetzt. Außerdem waren Angelas Werke alle aus Türkis oder Silber und Türkis. Selbst sein ungeübtes Auge erkannte den Unterschied zwischen diesem Schaukasten und dem anderen, in dem sich hübsche, aber gewöhnliche Schmuckstücke befanden. Perlmutt- und Korallenanstecknadeln, kunstvoll gearbeitete goldene und silberne Armbänder, Schnurkrawatten und einige der so beliebten Hopi-und Schwarztongefäße. An der gegenüberliegenden Wand hingen Regale mit Büchern, einer Stereoanlage und mehreren Kachinapuppen, die nicht zu verkaufen waren.
    Sessel standen um einen Rosenholztisch herum. Der Raum verströmte eine behagliche Atmosphäre, die jetzt aber von dem Staub und den heruntergefallenen Blütenblättern der Rosen in einer Vase beeinträchtigt wurde. In einer Ecke befanden sich eine Kaffeemaschine und Plastikbecher samt einem Schild, das die Kunden zur Selbstbedienung aufforderte. Man war hier offensichtlich bemüht, es den Leuten nett zu machen, und wollte nicht nur etwas verkaufen. Jury konnte sich lebhaft vorstellen, wie Angela in einem Sessel saß und mit einem Kunden redete, was sogar sehr wahrscheinlich war, da sie auf individuelle Bestellungen hin ihre Schmuckstücke anfertigte. Hier hatte sie Entwürfe mit den Kunden besprochen und Handgelenke und Ringfinger gemessen.
    Er kam sich wie ein Voyeur vor, als er Schubladen öffnete und Bücher und Papiere durchsah. Ja, Angela war schlampig gewesen. Die verschiedensten Dinge waren zusammen irgendwo hineingestopft worden -Briefe, Rechnungen, Buchhaltungsunterlagen. Und in dem allgemeinen Durcheinander gab es etliche Hinweise darauf, daß hier jemand versucht hatte, mit dem Rauchen aufzuhören: ein Päckchen Plastikfilter, einer benutzt, die anderen vergessen; Nikotinkaugummi, noch ein teerbeschmierter Filter. Er hatte recht gehabt. Eine Seelenverwandte. Wieder lächelte er und wünschte sich, er hätte

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