Blinder Hass
vor eine Grand Jury stellen, um an diese Information zu kommen. Dann würden Sie natürlich Ihren Job verlieren. Und wenn dabei zusätzliche Verstrickungen ans Licht kommen, könnten Sie ein paar Jahre in Stillwater verbringen müssen.«
»Was reden Sie da?«, blaffte Merrill ihn an. »Ich hab Ihnen doch nur einen Tipp gegeben.«
Virgil sah Jensen an. »Wir sollten ihm vielleicht mal seine Rechte vorlesen. Muss man das bei Polizeibeamten überhaupt? Ich denke, wir sollten es mal lieber tun.«
»Was soll der Quatsch?«, fragte Merrill.
»Wir müssen wirklich wissen, von wem Sie das gehört haben«, sagte Virgil. »Das ist alles. Bisher liegt kein Verbrechen vor, es könnte aber zu einem werden. Je nachdem. Also, von wem haben Sie es gehört?«
Merrill blickte von Jensen zu Virgil. »Mein Gott … ich meine, das ist doch wohl keine große Sache. Ich hab’s von Little Curly gehört.«
Virgil lächelte. »Na bitte, das war doch gar nicht so schwer. Außerdem haben wir es uns schon fast gedacht. Dann machen Sie mal, dass Sie wegkommen. Und behalten Sie das für sich. Und ich meine, Deputy, absolut für sich. Wir stecken hier in einer ziemlich komplizierten Sache, und Sie sollten sich am besten bedeckt halten.«
Die Curlys tauchten gemeinsam auf. Jensen hatte Little Curly angerufen und ihm gesagt, er solle seinen Vater abholen und mitbringen. Little Curly hatte seine Uniform an, Big Curly war in Freizeitkleidung, Shorts und rotem T-Shirt, das seinen Bauch betonte.
»Setzen Sie sich«, sagte Virgil.
Sie setzten sich. »Was soll das hier, Larry?«, wollte Big Curly von Jensen wissen.
»Sie reden mit mir«, sagte Virgil, »nicht mit Larry. Er ist eher als Zeuge hier.«
Big Curly sah seinen Sohn an, dann sagte er zu Virgil: »Was, zum Teufel, reden Sie da?«
»Ich muss kurz ein paar Grundregeln festlegen«, sagte Virgil. »Sie müssen nicht mit mir reden. Wenn Sie es nicht tun, dann werden die Dinge einfach ihren Lauf nehmen. Einer von Ihnen - oder vielleicht auch Sie beide - hat einige Dinge getan, die dem Mörder der Gleasons, der Schmidts und der Judds geholfen haben …«
»Was? Das ist doch Blödsinn«, entgegnete Big Curly. Er sah seinen Sohn an, schüttelte den Kopf und sagte dann zu Jensen: »Larry, nimmst du diesen Scheiß etwa so einfach hin?«
»Ihr solltet ihm erst mal zuhören«, sagte Jensen.
Virgil fuhr fort. »Egal, ob Sie gewusst haben, was Sie da taten, oder nicht - wenn Sie sich jetzt weigern, mit mir zu reden, könnte ein Staatsanwalt das als belastend ansehen. Oder wir können die Sache unter uns regeln, und wenn ich zu dem Schluss komme, dass alles ganz harmlos war, lassen wir es auf sich beruhen. Ich müsste allerdings mit Jim darüber sprechen.«
»Ich weiß immer noch nicht, wovon Sie reden«, sagte Little Curly.
»Wer ist in das Haus der Schmidts gegangen und hat die E-Mails auf Roman Schmidts Computer gelöscht?«
Die Curlys sahen sich an, dann sagte Big Curly mit grimmiger Miene: »Das war ich. Aber das hatte nichts mit den Morden zu tun. Das war eine private Angelegenheit.«
»Ich weiß, es ging um die Wahl«, erwiderte Virgil. »Wir haben den Computer beschlagnahmt und können die E-Mails, wenn es sein muss, wiederherstellen. Behalten Sie das im Hinterkopf. Und nun sagen Sie mir, ob Sie nach dem Mord jemanden in das Haus gelassen haben?«
Little Curly schüttelte den Kopf. »Ich nicht. Warum sollte ich?«
»Ich auch nicht«, sagte Big Curly.
»Und was ist mit dem Haus der Gleasons? Nach dem Mord?«
Little Curly schüttelte wieder den Kopf, doch Big Curly ließ seinen Kopf hängen und sagte stöhnend: »Dieser verdammte Williamson.«
»Warum?«, fragte Virgil.
»Wegen der Wahl«, sagte Big Curly und sah Virgil an. Seine Augen waren feucht, als würde er gleich zu weinen anfangen. »Ich wollte mich bei Todd beliebt machen. Die Zeitung ist so ziemlich die einzige Möglichkeit, die man sich hier leisten kann, um Wahlkampf zu machen. Seine Artikel können die Wahl ziemlich stark beeinflussen, und man muss noch nicht mal dafür zahlen. Die Leute waren unzufrieden mit Jim wegen dieser Morde, also würde ihm jemand den Job wegnehmen …«
Virgil wandte sich an Little Curly. »Sie haben Merrill dazu angestiftet, mir gegenüber anzudeuten, dass Jesse Laymon etwas mit den Morden zu tun haben könnte, dass ihr Truck in der Nacht, als Judds Haus abbrannte, nicht im Park gestanden hat. Er stand aber dort. Warum haben Sie dann behauptet, dass er nicht da war?«
Little Curly
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