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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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aufklaffte, mit einem Tümpel am beinahe tiefsten Punkt. Er ging weiter hinunter, und als er oben am Rand der Schlucht ankam, war der Eindruck ein völlig anderer. Von hier sah es so aus, als wäre der Hügel mit einem riesigen Beil bearbeitet worden, um mitten durch den Quarzfels bis zum Pool hinab einen tiefe, scharfkantige Kerbe zu schlagen.
    Wäre der Schütze etwas cooler oder etwas mutiger gewesen, hätte er warten können, bis sie unter der Quelle, von wo aus sie ihn nicht hätten sehen können, herumalberten, und wäre dann bis an den oberen Rand dieser Kerbe gegangen oder gekrochen. Dort wäre er nur noch sechzig bis siebzig Meter von ihnen entfernt gewesen, und es hätte für Virgil und Joan keine Möglichkeit gegeben, sich zu verstecken.
    Andererseits, wenn sie gesehen hätten, wie er sich herunterschlich, und wenn sie rechtzeitig an Virgils Waffe hätten kommen und zurück in den engeren Teil der Schlucht gelangen können, dann wäre er erledigt gewesen. Hinter den dicht gedrängt herumliegenden Felsbrocken der Schlucht konnte ein Mann mit einer Pistole eine kleine Armee aufhalten.
    Bei diesem Gedanken nahm Virgil sein Handy heraus. Er hatte ein Signal. Davon konnte man am Fuß der Schlucht nicht unbedingt ausgehen, doch das wusste man erst, wenn man da unten war. Vielleicht hatte der Schütze das in Betracht gezogen. Er konnte sich einfach nicht erlauben, dass ihn jemand sah und dann verschwand …
     
    Eine ganze Menge, worüber man nachdenken musste. Es würde wieder sehr warm werden. Ein weiterer guter Tag für den Pool, doch er würde dort nicht mehr schwimmen gehen, bevor der Mörder nicht gefasst war - oder tot.
    Virgil ging zum Truck zurück, entlud die Patronen aus der Schrotflinte und fuhr zum Haus von Roman Schmidt. Außer dem Spurensicherungsteam war auch Larry Jensen, Strykers Ermittler, dort. Virgil nahm Jensen beiseite.
    »Wo ist Jim?«
    »Im Büro. Er hat gesagt, dass Sie wahrscheinlich kommen würden und reinwollten. Wir sind fast fertig. Lassen Sie mich nur kurz mit Margo reden.«
    »Okay. Ich hatte heute eine Nachricht in der Post und wollte Sie fragen, ob Sie die auf Fingerabdrücke untersuchen könnten.«
    Er gab Jensen die Nachricht und den Briefumschlag, beides in ein gefaltetes Blatt Schreibpapier vom Hotel geschoben. Jensen las den kurzen Brief und runzelte die Stirn. »Mist! Auf die Idee sind wir noch gar nicht gekommen.«
    »War ja auch nicht viel Zeit«, sagte Virgil. »Ich werd dem jedenfalls nachgehen. Eine Rechercheurin von uns in St. Paul kann Informationen über das Unternehmen heraussuchen, und ich erwarte noch heute diverse Steuerunterlagen. Wenn Sie diesen Brief untersuchen könnten …«
    »Ich frag mich, wer denn noch eine Schreibmaschine benutzt.«
    »Jemand in Romans Alter«, sagte Virgil.
     
    Margo Carr, die Spurensicherungsexpertin, zeigte ihm Schmidts Arbeitszimmer. Als Tisch diente eine Holztür, die über zwei Aktencontainer gelegt war. Darauf ein Computer, keine Schreibmaschine. »Hier drinnen ist alles untersucht worden«, sagte sie.
    »Glauben Sie, dass der Mörder in diesem Zimmer war?«
    »Nein. Ich glaube, er hat erst Roman erschossen, dann Gloria. Danach ist er wieder heruntergekommen, hat noch zweimal auf Roman geschossen, ihn nach draußen gezogen und mit einem Stock aufgerichtet, den er vorher zurechtgeschnitten hatte. Ich glaube nicht, dass er irgendwo im Haus war, außer im Schlafzimmer.«
    »Glauben Sie, dass er sich im Haus auskannte?«, fragte Virgil.
    »Kann schon sein. Oder vielleicht hat Roman im Schlafzimmer Licht gemacht, und der Mörder wusste deshalb, wo es war.«
    »Haben Sie denn überhaupt was gefunden?«
    »Eine Sache«, sagte sie, ging zu einem Plastikkoffer, öffnete ihn und nahm einen verschließbaren Plastikbeutel heraus, in dem sich der Rest einer Filterzigarette befand. »Das hab ich direkt neben der Hintertreppe gefunden. Eine Zigarettenkippe. Ich krieg auch bestimmt noch die Marke raus, aber bisher weiß ich nur, dass es eine Mentholzigarette ist - das riecht man. Es hat nicht drauf geregnet, also muss sie ziemlich frisch sein. Die Schmidts haben nicht geraucht.«
    Er blickte auf die Zigarettenkippe, dann sah er Carr an. »Sie glauben also …?«
    »Ich klammere mich wie ein Ertrinkender an Strohhalme. Das ist alles, was ich habe.«
     
    Kurz darauf saß er an Romans Schreibtisch, schloss die Augen und versuchte, sich zu erinnern. Neben George Feur hatte eine Packung Zigaretten auf dem Tisch gelegen, als Virgil ihn in seinem

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