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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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halben Meter danebengeschossen hatte. Natürlich war es nicht allzu schwer, einen halben Meter danebenzuschießen. Doch wenn er das Gewehr auf einen Baumstumpf aufgelegt hatte, hätte der Schuss eigentlich besser sein müssen.
    Er dachte eine Weile darüber nach, dann bremste er ab, fuhr an den Straßenrand und rief bei den Laymons an. Jesse meldete sich. »Hallo?«
    Sie hatte eine angenehme Whiskey-Stimme, stellte Virgil fest. »Hier ist Virgil«, sagte er. »Ich rufe im Namen von Jims Schwester an, die sich nicht traut, selbst mit Ihnen zu reden. Aber kann es sein, dass wir euch beide gestern Abend in Marshall gesehen haben? So gegen sieben? Wir sind extra nicht in ein Restaurant gegangen, weil sie sicher war, dass ihr dort wärt.«
    »Das waren wir nicht. Wir sind nämlich nach Sioux Falls gefahren«, sagte Jesse.
    »Verdammt. Ich musste Pizza essen, während ihr euch Steak mit Hummer gegönnt habt. Haben Sie gezahlt? Wo Sie doch jetzt eine reiche Frau sind …«
    Sie lachte. »Nein, hab ich nicht. Und weshalb rufen Sie denn wirklich an? Schnüffeln Sie herum?«
    »Tu ich nicht«, sagte Virgil vergnügt. »Ganz ehrlich, das ist nur Tratsch. Ich bin übrigens spät letzte Nacht noch mit seiner schönen Schwester zum Stryker-Pool gefahren. Da solltet ihr beide mal mitkommen.«
    »Ich glaub eher nicht«, erwiderte sie. »Nacktbaden mit der eigenen Schwester? Dazu ist Jim viel zu spießig.«
    »Daran hab ich gar nicht gedacht«, sagte Virgil. »Wär ich wohl auch, wenn ich eine Schwester hätte … Hatten Sie denn einen schönen Abend?«
    »Den hatte ich. Er ist ja wie ein Hündchen«, sagte Jesse. »Aber er behandelt mich sehr aufmerksam.«
    »Hab ich doch gesagt, dass Ihnen das gefallen könnte«, sagte Virgil. »Ich hatte schon befürchtet, dass er es nicht schaffen würde, wegen des Schmidt-Falls. Ich konnte mir kaum vorstellen, wie er vor acht Uhr da rauskommen sollte, und hier in der Gegend macht alles um neun zu.«
    »War kein Problem«, sagte sie. »Er hat alles stehen und liegen lassen und ist rübergekommen. Das hat er zumindest gesagt. Um halb neun waren wir in Sioux Falls.«
    »Ah ja … dann komm ich jetzt zum eigentlichen Grund , weshalb ich anrufe«, sagte Virgil.
    »Ich hab’s doch gewusst …«
    »Ich hab den ganzen Morgen versucht, ihn zu erreichen«, sagte Virgil. »Er ist doch nicht etwa bei Ihnen?«
    »Virgil!«
    »Tut mir leid, Honey, aber ich muss ihn unbedingt finden.«
    »Ich schlafe nicht beim ersten Date mit’nem Typen«, sagte sie. »Jedenfalls nicht zu Hause. Oder meistens nicht.«
    »Dann hat er ja wohl noch was, worauf er sich freuen kann«, erwiderte Virgil. »Erzählen Sie ihm aber nicht, dass ich Sie angerufen und Sie das gefragt habe, sonst haut er mich zu Klump.«
     
    Sie plauderten noch eine Minute, dann beendete er das Gespräch. Also gut, wenn sie um halb neun in Sioux Falls gewesen waren, musste Stryker sie um acht Uhr abgeholt haben, hätte also die Möglichkeit gehabt, die Schüsse abzugeben. Aber warum? Das war eine ganz andere Frage, aber zu wissen, wer Gelegenheit zu einer Tat gehabt hatte, war ein Schritt in die richtige Richtung.
    Obwohl er eigentlich überhaupt nicht glaubte, dass Stryker etwas damit zu tun hatte.
    Wirklich nicht.
     
    Er fuhr zum Gerichtsgebäude und traf Stryker im Assessorzimmer an, wo er sich gegen das Fenster lehnte und mit einer Büroangestellten plauderte. Er richtete sich auf, als er Virgil sah. »Hast du einen Moment Zeit?«, fragte Virgil.
    »Klar.« Im Hinausgehen sagte Stryker: »Larry hat angerufen und mir erzählt, du hättest heute Morgen einen Brief bekommen.«
    Sie gingen in Strykers Büro und machten die Tür zu. Virgil setzte sich auf den Besucherstuhl und sagte grinsend: »Ich möchte eine Meldung machen, aber ich weiß nicht genau, wie ich anfangen soll.«
    »Spuck’s aus.«
    »Eine Bekannte von mir hier aus der Stadt …«
    »Joanie...«
    »… und ich haben gestern Abend beschlossen, schwimmen zu gehen, und sie kennt da so einen berühmten Swimmingpool hier in der Gegend …«
    Strykers Augenbrauen gingen in die Höhe. »Du bist mit meiner kleinen Schwester in der Schlucht nackt baden gewesen?«
    »Yeah.«
    »War’s gut?«
    »Jemand hat uns mit einem Gewehr aufgelauert«, sagte Virgil.
    Er beobachtete Strykers Mimik. Dessen Lächeln erstarb auf so natürliche Weise, dass er eigentlich unmöglich davon gewusst haben konnte. »Was?«
    »Zwei Schüsse oben vom Hang. Er hat versucht, mich zu treffen, nicht Joanie«, erklärte

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