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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Ledersesseln und ein paar stillen Gästen. Der Barkeeper trug ein weißes Jacket und blickte mich aufmerksam an, als ich auf ihn zuging.
    »Ich suche meine Schwester und frage mich, ob sie hier gewesen ist«, sagte ich. Ich beschrieb sie, und er schüttelte den Kopf.
    Ich verließ das Hotel wieder, überquerte die kopfsteingepflasterte Straße und betrat die Tobacco Company, ein altes Tabaklagerhaus, das in ein Restaurant umgewandelt worden war.
    In einem mit üppigen Pflanzen und exotischen Blumen ausgestattetem Atrium glitt ständig ein gläserner Aufzug auf und ab. Gleich hinter dem Eingang befand sich eine Piano-Bar mit Tanzfläche, und ich sah Dorothy an einem Tisch mit fünf Männern sitzen. Ich ging auf sie zu, als hätte ich eine Mission zu erfüllen.
    Die Leute an den Nebentischen hörten auf zu reden und sahen mich an, als wäre ich gerade Revolver schwingend durch die Schwingtüren einen Saloons gebrochen.
    »Entschuldigung«, sagte ich zu dem Mann, der links von Dorothy saß. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir mir einen Augenblick Ihren Platz zu überlassen?«
    Es machte ihm etwas aus, aber er räumte seinen Stuhl und schlenderte zur Bar. Den anderen Männern wurde unbehaglich.
    »Ich bin hier, um dich abzuholen«, sagte ich zu Dorothy, die eindeutig seit einiger Zeit trank.
    »Na so was!«, rief sie und hob ihr Cocktailglas. »Meine große Schwester. Ich möchte Sie Ihnen vorstellen«, sagte sie zu ihren Begleitern.
    »Sei still und hör mir zu«, sagte ich leise.
    »Meine berühmte große Schwester.«
    Dorothy wurde immer ausfallend, wenn sie getrunken hatte. Weder lallte sie, noch stieß sie an Gegenstände, aber sie konnte Männer sexuell bis zur Selbstaufgabe reizen und hatte eine scharfe Zunge. Ich schämte mich für ihr Verhalten und die Art, wie sie gekleidet war. Bisweilen sah sie aus wie eine gewollte Parodie von mir.
    An diesem Abend trug sie einen schönen dunkelblauen Hosenanzug, aber unter der Jacke entblößte der enge pinkfarbene Pullover nahezu ihren gesamten Busen. Dorothy hatte immer unter ihren kleinen Brüsten gelitten. Wenn Männer sie anstarrten, verlieh ihr das Selbstsicherheit.
    »Dorothy«, sagte ich und beugte mich näher zu ihr, überwältigt von Chanel Coco, »du musst mit mir kommen. Wir müssen reden.«
    »Wisst ihr, wer sie ist?«, sagte sie, und ich zuckte zusammen.
    »Die Oberste Gerichtsmedizinerin dieses schönen Staates. Könnt ihr euch das vorstellen? Ich habe eine große Schwester, die Leichenbeschauerin ist.«
    »Wow, das muss aber interessant sein«, sagte einer der Männer.
    »Was wollen Sie trinken?«, fragte ein anderer.
    »Was ist Ihrer Meinung nach die Wahrheit im Fall Ramsey? Glauben Sie, dass die Eltern es waren?«
    »Mir würde gefallen, wenn jemand beweisen könnte, dass es wirklich Amelia Earharts Knochen waren, die gefunden wurden.«
    »Wo ist die Kellnerin?«
    Ich legte meine Hand auf Dorothys Arm, und wir standen auf. Eins musste man meiner Schwester lassen: Sie war zu stolz, um öffentlich eine Szene hinzulegen, bei der sie den Kürzeren ziehen würde, Ich ging mit ihr hinaus in die trostlose neblige Nacht.
    »Ich fahre nicht mit dir nach Hause«, sagte sie jetzt, da uns niemand zuhörte. »Und lass meinen verdammten Arm los.«
    Sie wollte zu ihrem Hotel, während ich sie zu meinem Wagen zerrte.
    »Du kommst mit mir, und wir werden uns überlegen, was wir wegen Lucy unternehmen.« »Ich habe sie heute im Krankenhaus gesehen«, sagte sie. Sie setzte sich auf den Beifahrersitz.
    »Sie hat dich mit keinem Wort erwähnt«, meinte meine wie immer rücksichtsvolle Schwester.
    Ich stieg ein und verriegelte alle Türen.
    »Jos Eltern sind süß«, sagte sie, als wir losfuhren. »Ich war entsetzt, dass sie die Wahrheit über Jos und Lucys Beziehung nicht wussten.«
    »Was hast du getan, Dorothy? Sie aufgeklärt?«
    »Nicht ausdrücklich, aber ich habe bestimmte Dinge angedeutet, weil ich annahm, dass sie es wüssten. Weißt du, diese Skyline sieht merkwürdig aus, wenn man an Miami gewöhnt ist.«
    Ich hätte ihr am liebsten ins Gesicht geschlagen.
    »Wie auch immer, nachdem ich mit den Sanders eine Weile geredet habe, war mir klar, dass sie so Jerry-Falwell-Typen sind und eine lesbische Beziehung nicht verdammen.«
    »Ich wünschte, du würdest dieses Wort nicht benutzen.«
    »Aber sie sind doch Lesben. Nachfahren der Amazonen, die auf der Insel Lesbos in der Ägäis vor der türkischen Küste lebten.
    Türkische Frauen haben so viele Haare. Ist dir das

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