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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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umgebracht hatte.
    »Was ist passiert?«, fragte er. »Hat sie Sie verhöhnt, bis Sie es nicht mehr ausgehalten haben?«
    Ich dachte an die aufreizende Satinbluse und die mit Spitze besetzte Wäsche, die Bray getragen hatte.
    »Hat sie ein Stück Pizza mit Ihnen gegessen und Sie dann nach Hause geschickt, als wären Sie Dreck für sie? Hat sie Sie gestern Abend zum letzten Mal links liegen lassen?«, fragte Marino.
    Anderson starrte schweigend auf ihre reglosen Hände. Sie fuhr sich immer wieder mit der Zunge über die Lippen und versuchte, die Tränen zurückzuhalten.
    »Ich meine, es wäre ja verständlich. Jeder hat seine Grenzen, stimmt's, Doc? Wenn einem jemand zum Beispiel in die Karriere pfuscht. Aber dazu kommen wir später.«
    Er beugte sich auf dem antiken Armlehnstuhl vor, die großen Hände auf den großen Knien, bis Anderson ihn mit ihren geröteten Augen ansah.
    »Haben Sie eigentlich eine Ahnung, in was für Schwierigkeiten Sie stecken?«, sagte er zu ihr.
    Ihre Hand zitterte, als sie sich das Haar aus der Stirn strich.
    »Ich war gestern Abend hier.« Sie sprach mit tonloser Stimme.
    »Ich habe vorbeigeschaut, und wir bestellten Pizza.«
    »Ist das eine Gewohnheit von Ihnen?«, fragte Marino. »Vorbeizuschauen? Waren Sie eingeladen?«
    »Ich war öfter hier. Manchmal habe ich vorbeigeschaut«, sagte sie.
    »Manchmal haben Sie unangemeldet vorbeigeschaut. Das meinen Sie doch.«
    Sie nickte, benetzte sich wieder die Lippen.
    »Haben Sie das auch gestern Abend getan?«
    Anderson musste nachdenken. Ich sah es ihren Augen an, dass sie an einer Lüge arbeitete. Marino lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
    »Verdammt, ist der unbequem.« Er bewegte die Schultern. »Als würde man in einem Mausoleum sitzen. Ich glaube, es wäre eine gute Idee, wenn Sie uns die Wahrheit erzählen. Und warum?
    Weil ich sie auf die eine oder andere Art sowieso herausfinden werde, und wenn Sie mich anlügen, werde ich Sie so fertig machen, dass Sie im Gefängnis Kakerlaken fressen. Glauben sie bloß nicht, wir wüssten nichts von Ihrem verdammten Leihwagen, der draußen steht.«
    »Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Detective einen Leihwagen hat.« Sie verhielt sich ungeschickt und wusste es.
    »Na klar, vor allem wenn man damit Leute verfolgt«, entgegnete er. Und dann war ich an der Reihe.
    »Sie parkten damit vor der Wohnung meiner Sekretärin«, sagte ich. »Oder jemand anders in diesem Wagen. Ich wurde verfolgt.
    Rose ebenfalls.«
    Anderson schwieg.
    »Ihre E-Mail-Adresse lautet nicht zufällig M-A-Y-F-L-R.« Ich buchstabierte es ihr vor.
    Sie hauchte in ihre Hände, um sie zu wärmen.
    »Stimmt. Das habe ich ganz vergessen«, sagte Marino. »Sie sind im Mai geboren. Am zehnten, in Bristol, Tennessee. Ich kann Ihnen auch Ihre Sozialversicherungsnummer und Adresse sagen, wenn Sie wollen.«
    »Ich weiß alles über Chuck«, sagte ich zu ihr.
    Jetzt wurde sie nervös und bekam es mit der Angst.
    »Tatsache ist«, schaltete sich Marino wieder ein, »dass wir den alten Chuckie-Boy dabei gefilmt haben, wie er verschrei-bungspflichtige Medikamente im Leichenschauhaus klaut. Wussten Sie das?«
    Sie holte tief Luft. Wir hatten bislang nichts dergleichen aufgenommen.
    »Ne Menge Geld. Genug, damit er und Sie und sogar Bray sich ein schönes Leben machen konnten.«
    »Er hat sie gestohlen, nicht ich«, sagte Anderson. »und es war nicht meine Idee.«
    »Sie haben früher im Drogendezernat gearbeitet«, erwiderte Marino. »Sie wussten, wo man diese Scheiße ablädt. Ich wette, Sie waren das Gehirn hinter der ganzen verdammten Unternehmung, denn so wenig ich Chuck auch mag, er war kein Drogenhändler, bevor Sie hier aufkreuzten.«
    »Sie haben Rose und mich verfolgt, um uns einzuschüchtern«, sagte ich.
    »Mein Zuständigkeitsbereich ist die Stadt«, sagte sie. »Ich fahre überall herum. Das heißt nicht, dass ich ein Motiv habe, wenn ich zufällig hinter Ihnen herfahre.«
    Marino stand auf und gab einen barschen Laut von sich, um seinen Abscheu auszudrücken.
    »Na los«, sagte er. »Warum gehen wir nicht in Brays Schlafzimmer? Da Sie so eine gute Polizistin sind, können Sie mir vielleicht erklären, was passiert ist, wenn Sie das viele Blut und Gehirn sehen. Da Sie niemanden verfolgt haben und die Drogengeschichte nicht auf Ihrem Mist gewachsen ist, können Sie auch wieder arbeiten und mir hier helfen, Detective Anderson.«
    Sie wurde blass. In ihrem Blick flackerte Entsetzen auf.
    »Wie?« Marino setzte sich neben sie auf die

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