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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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es aufgetroffen war, gleichförmige Spuren hinterlassen hatte.
    »Kann jetzt nicht«, sagte Marino ins Funkgerät.
    Drei-vierzehn verstummte, und ich hatte eine dunkle Ahnung, worum es gegangen war, und ich hatte Recht. Minuten später hörten wir Schritte im Flur, und dann stand Chief Rodney Harris mit versteinerter Miene in der Tür.
    »Captain Marino«, sagte er.
    »Ja, Sir, Chief.« Marino untersuchte den Boden nahe dem Bad.
    Ham und Egglestone in ihrer schwarzen Arbeitskluft, mit den Latexhandschuhen und Brillen trugen zu dem kalten Horror dieses Tatorts bei, während sie Winkel, Achsen und Konvergenzpunkte der Schläge rekonstruierten.
    »Chief«, sagten sie beide.
    Harris starrte auf das Bett und biss die Zähne zusammen. Er war klein und unscheinbar mit schütterem rotem Haar und leichtem Übergewicht. Vielleicht hatten ihn die Missgeschicke des Lebens geprägt. Ich wusste es nicht. Aber er war schon immer ein Tyrann gewesen. Er war aggressiv und machte keinen Hehl daraus, dass er Frauen, die von ihrer angestammten Rolle abwichen, nicht mochte. Deswegen hatte ich auch nie begriffen, warum er Bray geholt hatte. Vielleicht hatte er einfach geglaubt, dass sie ihn gut aussehen lassen würde.
    »Bei allem Respekt, Chief«, sagte Marino, »treten Sie bitte keinen verdammten Zentimeter näher.«
    »Ich möchte wissen, ob Sie die Medien informiert haben, Captain«, sagte Harris in einem Tonfall, der den meisten Menschen Angst eingejagt hätte. »Sind Sie auch dafür verantwortlich?
    Oder haben Sie einfach nur das Gegenteil dessen getan, was ich Ihnen befohlen habe?«
    »Letzteres, Chief. Die Medien gehen nicht auf mein Konto. Sie waren schon hier, als der Doc und ich ankamen.«
    Harris sah mich an, als hätte er mich erst jetzt bemerkt. Ham und Egglestone stiegen auf ihre Leitern und versteckten sich hinter ihrer Arbeit.
    »Was ist mit ihr passiert?«, fragte mich Harris, und seine Stimme stockte ein wenig. »Himmel.«
    Er schloss die Augen und schüttelte den Kopf.
    »Sie wurde mit einem Gegenstand totgeschlagen, vielleicht mit einem Werkzeug. Wir wissen es nicht«, sagte ich.
    »Ich meine, gibt es irgendetwas?«, setzte er an. Seine steinerne Fassade bröckelte schnell ab. »Also« Er räusperte sich, den Blick auf Brays Leiche fixiert. »Warum tut jemand so etwas?
    Wer? Wissen Sie irgendwas?«
    »Daran arbeiten wir, Chief«, sagte Marino. »Im Augenblick haben wir keine einzige verdammte Antwort, aber vielleicht können Sie mir bei ein paar Fragen weiterhelfen.«
    Die Kriminaltechniker hatten mit der Aufgabe begonnen, leuchtend pinkfarbene Fäden an Blutspritzer auf der weißen Zimmerdecke zu kleben. Harris sah aus, als wäre ihm schlecht.
    »Wissen Sie etwas über ihr Privatleben?«, fragte Marino.
    »Nein«, sagte Harris. »Ich wusste nicht mal, dass sie eins hatte.«
    »Gestern Abend war jemand bei ihr. Sie aßen Pizza, tranken vielleicht etwas. Scheint, dass ihr Gast geraucht hat«, sagte Marino.
    »Sie hat nie was davon erzählt, dass sie mit jemandem ausgeht.«
    Harris zwang sich, den Blick vom Bett abzuwenden. »Wir hatten keinen freundschaftlichen Umgang miteinander.«
    Ham hielt inne, der Faden, den er in der Hand hatte, hing in der Luft. Egglestone betrachtete einen Blutspritzer auf der Decke.
    Er hielt ein Vergrößerungsglas davor und notierte die Millimeter.
    »Was ist mit den Nachbarn?«, fragte Harris. »Hat jemand was gehört oder gesehen?«
    »Tut mir Leid, aber wir hatten noch nicht die Zeit, die Nachbarn zu befragen, vor allem weil niemand die Kriminalpolizei oder die Techniker gerufen hat, bis ich es schließlich getan habe«, sagte Marino.
    Harris wandte sich abrupt ab. Ich sah Marino an, er wich meinem Blick aus. Ich war sicher, dass er gerade verloren hatte, was von seinem Job noch übrig war.
    »Wie weit seid ihr?«, fragte er Ham.
    »Wir finden nichts mehr, wo wir die Scheißfäden festmachen können.« Ham klebte das Ende eines Fadens über einen Blutfleck von der Größe und der Form eines Kommas. »Okay. Wo soll ich jetzt das andere Ende festmachen? Wie wär's, wenn Sie die Stehlampe hierher bringen. Danke. Stellen Sie sie hier hin.
    Perfekt«, sagte Ham und klebte den Faden an den Blätterknauf der Lampe.
    »Sie sollten Ihren Job aufgeben, Captain, und mit uns arbeiten.«
    »Das würde Ihnen nicht gefallen«, sagte Egglestone.
    »Da haben Sie Recht. Ich hasse nichts mehr als Zeitverschwendung«, sagte Marino.
    Die Fadenmethode war keine Zeitverschwendung, aber die Arbeit war

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