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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Die armen Hunde ließen sich nicht hinter den Ohren kraulen, weil sie von Trainern heftig daran gezogen worden waren, eine der vielen Grausamkeiten, die sie auf Hunderennbahnen erleiden mussten. In Roses Augen schimmerten Tränen, und sie wandte das Gesicht ab und massierte ihre Knie.
    »Ich spüre die Kälte in den Gelenken«, sagte sie und räusperte sich. »Sie waren schon ziemlich alt. Nur gut, dass sie jetzt bei Laurel sind. Ich würde es nicht ertragen, wenn mir noch ein Tier wegstirbt. Ich wünschte, Sie hätten einen. Wenn jeder nette Mensch nur einen retten würde.«
    Wenn sie nicht mehr schnell genug waren, wurden die Hunde jedes Jahr zu hunderten eingeschläfert. Ich rutschte auf der Couch hin und her. Es gab so vieles im Leben, das mich zornig machte.
    »Möchten Sie einen heißen Ginseng Tee, den mir der liebe Simon immer besorgt?« Simon war der Friseur, den sie anbetete.
    »Oder etwas Stärkeres? Ich wollte unterwegs eigentlich anhalten und Shortbread mitnehmen.«
    »Ich kann nicht lange bleiben«, sagte ich. »Ich wollte nur vorbeischauen und mich vergewissern, dass alles in Ordnung ist.«
    »Aber natürlich«, sagte sie, als gäbe es keinen Grund auf der Welt, warum dem nicht so sein sollte.
    Ich schwieg, und Rose sah mich an, wartete darauf, dass ich ihr erklärte, warum ich in Wirklichkeit vorbeigekommen war.
    »Ich habe mit Ruth gesprochen«, begann ich. »Wir verfolgen ein Paar Spuren und haben einen paar Vermutungen ...«
    »Die mit Sicherheit alle zu Chuck führen«, sagte sie und nickte.
    »Ich habe mir schon gedacht, dass in diesem Apfel ein Wurm steckt. Und er meidet mich wie die Pest, weil er weiß, dass ich ihn durchschaue. Eher wird die Hölle auskühlen, bevor jemand wie er mich bezirzen kann.«
    »Sie kann niemand bezirzen«, sagte ich. Händels Messias setzte ein, und eine tiefe Traurigkeit machte sich in meinem Herzen breit.
    Sie betrachtete mich. Sie wusste, wie schwer das letzte Weihnachten für mich gewesen war. Ich hatte es in Miami verbracht, wo ich es weitgehend vermeiden konnte. Aber es war nicht möglich, der Musik und den Lichtern zu entgehen, nicht einmal wenn ich nach Kuba fliehen würde.
    »Was werden Sie dieses Jahr tun?«, fragte Rose.
    »Vielleicht fliege ich an die Westküste«, sagte ich. »Wenn es hier schneien würde, wäre es leichter, aber grauen Himmel kann ich nicht ausstehen. Regen und Eisstürme, Richmond-Wetter. Als ich hierher zog, hat es jeden Winter ein-, zweimal richtig geschneit.«
    Ich stellte mir Schnee auf Ästen vor und Schnee, der gegen meine Windschutzscheibe wehte, die Welt weiß, wenn ich zur Arbeit fuhr, obwohl alle staatlichen Betriebe geschlossen waren.
    Schnee und tropischer Sonnenschein waren Antidepressiva für mich.
    »Es ist sehr nett von Ihnen, dass Sie sich nach meinem Befinden erkundigen«, sagte meine Sekretärin und stand aus ihrem tiefblauen Sessel auf. »Aber Sie machen sich zu viele Sorgen um mich.«
    Sie ging in die Küche, und ich hörte, wie sie in ihrem Gefrierfach nach etwas suchte. Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, überreichte sie mir einen Tupperwarebehälter mit etwas Gefrorenem darin.
    »Meine Gemüsesuppe«, sagte sie. »Genau das, was Sie heute Abend brauchen.«
    »Sie wissen gar nicht, wie sehr ich sie brauche«, sagte ich, und es kam von Herzen. »Ich werde jetzt nach Hause fahren und sie aufwärmen.«
    »Was werden Sie wegen Chuck unternehmen?«, fragte sie mit ernster Miene.
    Ich zögerte. Ich wollte sie nicht danach fragen.
    »Rose, er behauptet, Sie wären meine Informantin.«
    »Ja, das bin ich.«
    »Das müssen Sie auch sein«, fuhr ich fort. »Ich möchte, dass Sie tun, was immer notwendig ist, um herauszufinden, was er vorhat.«
    »Was der kleine Dreckskerl vorhat, ist Sabotage«, sagte Rose, die so gut wie nie Kraftausdrücke benutzte.
    »Wir brauchen Beweise«, sagte ich. »Sie wissen, wie die Gesetzgebung ist. Es ist schwieriger, jemanden zu feuern, als über Wasser zu laufen. Aber er darf nicht die Oberhand behalten.«
    Sie antwortete nicht sofort. Dann sagte sie: »Als Erstes dürfen wir ihn nicht unterschätzen. Er ist nicht so schlau, wie er glaubt, aber er ist nicht auf den Kopf gefallen. Und er hat zu viel Zeit, um nachzudenken und sich unbemerkt zu bewegen. Leider kennt er Ihre Verhaltensmuster besser als jeder andere, besser auch als ich, weil ich Ihnen im Leichenschauhaus nicht zur Seite stehe - wofür ich dankbar bin. Aber das ist Ihre Bühne. Dort könnte er Sie wirklich zugrunde

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