Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
richten.«
    Sie hatte Recht, obwohl ich mir kaum eingestehen konnte, über welche Macht er verfügte. Er konnte Etiketten oder an Zehen gebundene Identifizierungszettel vertauschen oder irgendetwas kontaminieren. Er konnte Presseleuten, die seine Identität nie preisgeben würden, Lügen erzählen. Ich wollte mir die Bandbreite dessen, was er tun konnte, nicht ausmalen.
    »Übrigens«, sagte ich, als ich von der Couch aufstand. »Ich bin ziemlich sicher, dass er einen Computer zu Hause hat. Diesbezüglich hat er also gelogen.«
    Sie brachte mich zur Tür, und ich erinnerte mich an den Wagen, der unten parkte.
    »Kennen Sie jemanden im Haus, der einen dunklen Taurus fährt?«, fragte ich sie.
    Sie runzelte verwirrt die Stirn. »Die sieht man hier ziemlich oft.«
    »Nein, mir fällt niemand ein, der einen fährt.«
    »Vielleicht wohnt ein Polizeibeamter in diesem Haus, der hin und wieder mit so einem Wagen nach Hause fährt?«
    »Wenn es so jemanden gibt, weiß ich nichts davon. Lassen Sie sich nicht so forttragen von den kleinen Kobolden, die in Ihrem Kopf herumgeistern, wenn Sie es ihnen erlauben. Ich glaube fest daran, Dingen kein Leben zu geben. Sie wissen schon, die alte Geschichte von der Prophezeiung, die sich selbst erfüllt.«
    »Ja, vermutlich ist es nicht wichtig, aber ich hatte ein komisches Gefühl, als ich diese Person in dem dunklen Wagen sitzen sah, Motor und Scheinwerfer ausgeschaltet«, sagte ich. »Ich habe das Autokennzeichen.«
    »Gut.« Rose klopfte mir auf die Schulter. »Warum überrascht mich das bloß nicht?«

16
    Als ich ging, schienen meine Schuhe im Treppenhaus laut widerzuhallen, und als ich aus der Tür in die kalte Nacht trat, war ich mir der Waffe in meiner Tasche bewusst. Der Taurus war nicht mehr da. Ich sah mich nach ihm um, während ich mich meinem Wagen näherte.
    Der Parkplatz war schlecht beleuchtet. Die kahlen Bäume machten leise Geräusche, die sich in meinen Ohren Unheil verkündend anhörten, und in den Schatten schienen sich gefährliche Dinge zu verbergen. Ich schloss schnell die Türen ab, Schaute mich noch einmal um, und als ich losfuhr, piepte ich Marino an. Er rief mich sofort an, weil er natürlich Streife fuhr und nichts zu tun hatte.
    »Kannst du einen Autohalter ausfindig machen?«, fragte ich ihn.
    »Gib mir die Nummer.« Ich nannte sie ihm.
    »Ich war gerade bei Rose«, sagte ich, »und habe ein ungutes Gefühl wegen dieses Wagens, der hier stand.«
    Marino nahm meine unguten Gefühle fast immer ernst. Ich hatte sie meist nicht grundlos. Ich war Anwältin und Ärztin. Ich hielt mich an meinen klinischen, sachlichen Anwaltsverstand und neigte nicht zu Überreaktionen und Projektionen.
    »Es gibt noch mehr«, fuhr ich fort.
    »Soll ich vorbeikommen?«
    »Wenn's dir nichts ausmacht.«
    Er wartete bereits in meiner Einfahrt, als ich eintraf, und stieg schwerfällig aus, weil ihm sein Gürtel und der Sicherheitsgurt, den er nie anlegte, in den Weg kamen.
    »Verdammt noch mal!«, sagte er und zerrte an seinem Gürtel.
    »Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.« Er stieß die Tür mit dem Fuß zu. »Scheißkarre.«
    »Wieso warst du vor mir da, wenn es so eine Scheißkarre ist?«, fragte ich.
    »Weil ich näher dran war. Mein Rücken bringt mich um.«
    Er fuhr fort zu jammern, während wir die Treppe hinaufgingen und ich die Haustür aufschloss. Absolute Stille erschreckte mich. Das Licht der Alarmanlage leuchtete grün.
    »Das sieht aber gar nicht gut aus«, sagte Marino.
    »Ich weiß, dass ich sie heute Morgen eingeschaltet habe«, sagte ich.
    »War die Putzfrau da?«, fragte er, sah sich um und horchte.
    »Sie schaltet sie immer wieder ein«, sagte ich. »Sie hat es noch nie vergessen, kein einziges Mal in den zwei Jahren, die sie für mich arbeitet.«
    »Du bleibst da«, sagte er.
    »Ganz bestimmt nicht«, erwiderte ich, denn das Letzte, was ich wollte, war, hier allein zu warten. Außerdem war es nie eine gute Idee, wenn zwei bewaffnete Menschen auf der Hut in unterschiedlichen Ebenen desselben Gebäudes herumschlichen.
    Ich schaltete die Alarmanlage ein und folgte ihm von Zimmer zu Zimmer, sah zu, wie er jede Schranktür öffnete, hinter jeden Duschvorhang, jeden Vorhang und jede Tür schaute. Wir durchsuchten beide Stockwerke, und nirgendwo entdeckten wir etwas Auffälliges, bis wir wieder ins Erdgeschoss zurückkehrten, wo mein Blick auf den Läufer im Flur fiel. Er war nur zur Hälfte gesaugt, und in dem Gästebad, das davon abging, hatte Marie,

Weitere Kostenlose Bücher