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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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von Ihnen bekommen«, sagte ich.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, entgegnete sie und schnallte sich an. »Ist es vielleicht möglich, dass Sie es vergessen haben? Ich vergesse ständig irgendwelche E-Mails. Ich behaupte, etwas nicht gesagt zu haben, und finde dann heraus, dass ich es doch gesagt habe.«
    »Nein. Das ist nicht möglich.«
    »Dann scheint jemand vorzugeben, er wäre Sie.«
    »Was heißt scheint? Passiert das immer noch?«
    »Nicht häufig«, sagte sie. »Hin und wieder kommt eine EMail, in der Sie sich herzlich dafür bedanken, dass ich Sie so unterstütze. Und, warten Sie ... «
    Sie durchforstete ihr Gedächtnis. Die Lichter auf dem Parkplatz ließen ihr Auto dunkelgrün schimmern statt blau. Schatten fielen auf ihr Gesicht, ich sah ihre Augen nicht. Sie tippte mit den behandschuhten Fingern aufs Lenkrad, während ich auf sie hinunterblickte. Ich fror.
    »Jetzt weiß ich es wieder«, sagte sie plötzlich. »Minister Wagner wollte sich mit Ihnen treffen, und Sie baten mich, ihm zu dem vorgeschlagenen Termin abzusagen.«
    »Was?«, rief ich.
    »Das war Anfang letzter Woche«, fügte sie hinzu.
    »Wieder eine E-Mail?«
    »Heutzutage ist das manchmal die einzige Möglichkeit, die Leute zu erreichen. Seine Sekretärin schrieb mir eine E-Mail und ich Ihnen - Sie waren im Gericht. Abends antworteten Sie mir via E-Mail, vermutlich von zu Hause.«
    »Das ist ja verrückt«, sagte ich. Mein Verstand lief verschiedenen Möglichkeiten hinterher, bekam aber keine zu fassen.
    Alle in meinem Büro hatten meine E-Mail-Adresse, aber niemand außer mir sollte mein Passwort kennen und niemand konnte sich ohne das Passwort an meiner Stelle einloggen. Rose dachte das Gleiche.
    »Ich weiß nicht, wie das passieren konnte«, sagte sie. Dann fügte sie hinzu: »Halt. Ruth installiert AOL auf allen Computern.«
    Ruth Wilson war für die Computer zuständig.
    »Natürlich. Und dafür musste sie mein Passwort haben«, setzte ich den Gedanken fort. »Aber Rose, sie würde so etwas nie tun.«
    »Nie und nimmer«, stimmte Rose mir zu. »Aber sie muss das Passwort aufgeschrieben haben. Niemand kann sich alle Passwörter merken.«
    »Das sollte man annehmen.«
    »Warum steigen Sie nicht zu mir in den Wagen, bevor Sie erfrieren«, sagte sie.
    »Fahren Sie nach Hause und ruhen Sie sich aus«, sagte ich. »Das werde ich auch tun.«
    »Das werden Sie natürlich nicht tun«, schalt sie mich. »Sie gehen jetzt zurück in Ihr Büro und versuchen, die Sache aufzuklären.«
    Sie hatte Recht. Ich kehrte ins Gebäude zurück, während sie davonfuhr, und fragte mich, wie ich so dumm hatte sein können, ohne Mantel hinauszugehen. Ich war steif und wie betäubt. Der Wachmann schüttelte den Kopf.
    »Dr. Scarpetta, Sie müssen sich wärmer anziehen!«
    »Sie haben vollkommen Recht«, sagte ich.
    Ich steckte die Karte ins Schloss, und die erste Tür öffnete sich, dann wiederholte ich die Prozedur an der Tür zu meinem Flügel des Gebäudes. Es herrschte vollkommene Stille, und als ich Ruths Büro betrat, stand ich einen Augenblick da und betrachtete die Mikrocomputer und Drucker und die Karte auf einem Bildschirm, die anzeigte, ob die Verbindungen zu unseren Außenstellen problemlos funktionierten.
    Auf dem Boden hinter ihrem Schreibtisch lag ein dicker Strang Kabel, und überall stapelten sich Ausdrucke von Software-Programmierungen, die ich nicht verstand. Ich blickte zu den vollgestopften Bücherregalen. Ich ging zu den Aktenschränken und versuchte, eine Schublade aufzuziehen. Alle waren verschlossen.
    Gut für dich, Ruth, dachte ich.
    In meinem Büro wählte ich ihre Privatnummer.
    »Hallo«, meldete sie sich.
    Sie klang genervt. Im Hintergrund schrie ein Baby, und ihr Mann sagte etwas über eine Bratpfanne.
    »Tut mir Leid, dass ich Sie zu Hause stören muss«, sagte ich.
    »Dr. Scarpetta« - sie schien sehr überrascht - »Sie stören mich überhaupt nicht. Frank, kannst du sie in das andere Zimmer bringen?«
    »Ich habe nur eine kurze Frage«, sagte ich. »Gibt es einen Ort, wo Sie alle unsere AOL-Passwörter aufbewahren?«
    »Gibt es ein Problem?«, erwiderte sie sofort.
    »Wie es scheint, kennt jemand mein Passwort und loggt sich damit unter meinem Namen ein.« Ich redete nicht um den heißen Brei herum. »Ich möchte wissen, ob jemand irgendwie an mein Passwort kommen konnte. Ist das möglich?«
    »Oh, nein«, sagte sie entsetzt. »Sind Sie sicher?«
    »Ja.«
    »Sie haben es niemandem gesagt?«
    Ich dachte einen Augenblick

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