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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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auf!«, sagte ich.
    Er hielt den Mund.
    »Verdammt noch mal, Marino. Was ist bloß in dich gefahren?«, fragte ich ihn, Skalpell in einer, Zange in der anderen Hand.
    Eine Weile lang war er still. Das Schweigen lastete auf uns, während ich arbeitete und ihn mit verschiedenen Aufgaben beschäftigte.
    Dann sagte er: »Die Frau, die gestern Abend zum Krankenwagen gelaufen ist, war eine Freundin von ihr. Sie arbeitet als Kellnerin bei Shoney und macht einen Abendkurs in der Volkshochschule. Sie haben zusammen gewohnt. Die Freundin kommt von ihrem Kurs nach Hause. Sie hat keine Ahnung, was passiert ist. Das Telefon klingelt, und dieser Vollidiot von Journalist fragt sie: >Wie haben Sie reagiert, als Sie davon gehört haben?<«
    Er hielt inne. Ich blickte zu ihm, während er auf den geöffneten leeren Brustkasten starrte, der rot glänzte, die blassen Rippen elegant gebogen bis zu dem vollkommen geraden Rückgrat. Ich steckte die Stryker-Säge ein.
    »Die Freundin sagt, es gäbe keine Hinweise, dass sie jemanden gekannt hat, der irgendwie komisch war. Niemand, der in den Laden kam und sie belästigte, ihr unheimlich war. Vor ein paar Tagen gab es einen falschen Alarm, am Dienstag, an der Hintertür, passiert häufig. Die Leute vergessen, dass die Alarmanlage eingeschaltet ist«, fuhr er fort, den Blick ins Leere gerichtet. »Es ist, als wäre er aus der Hölle gekommen.«
    Ich begann, den Schädel mit den Splitterbrüchen und den gewaltsam eingeschlagenen Stellen aufzusägen, eingeschlagen mit einem oder mehreren Gegenständen, die ich bislang nicht identifizieren konnte. Heißer Knochenstaub schwebte durch die Luft.

26
    Am Nachmittag war das Eis auf den Straßen so weit getaut, dass andere fleißige Forensiker, die mit ihrer Arbeit hoffnungslos im Rückstand waren, ins Büro kamen. Ich beschloss, meine Runde zu machen, weil ich nervös und verzweifelt war.
    Meine erste Station war die Biologische Abteilung, ein dreihundert Quadratmeter großer Bereich, zu dem nur wenige autorisierte Personen den elektronischen Schlüssel hatten. Niemand schaute hier vorbei, um zu plaudern. Die Leute gingen durch die Korridore und blickten durch Glasscheiben auf Wissenschaftler in Weiß, aber sie kamen ihnen nur selten näher.
    Ich drückte auf einen Knopf der Sprechanlage und fragte, ob Jamie Kuhn da war.
    »Ich werde für Sie nachsehen«, sagte eine Stimme.
    Kaum hatte er die Tür geöffnet, reichte Kuhn mir einen langen weißen Kittel, Handschuhe und eine Gesichtsmaske. Kontamination war der Feind jeglicher DNS, besonders hier, wo jede Pipette, jedes Mikrotom, jeder Handschuh, Kühlschrank und Stift, mit dem etwas beschriftet wurde, vor Gericht infrage gestellt werden konnten. Die Vorsichtsmaßnahmen waren mittlerweile ebenso strikt wie die Standards in einem Operationssaal.
    »Ich störe Sie nicht gern, Jamie«, sagte ich.
    »Das sagen Sie immer«, erwiderte er. »Kommen Sie rein.«
    Wir mussten durch drei weitere Türen, und in jedem luftdichten Zwischenraum hingen neue Kittel, die wir gegen die gerade angelegten austauschten. Mit den Schuhen traten wir auf klebendes Papier. Dieser Prozess wurde noch zweimal wiederholt, um sicherzustellen, dass wir keine kontaminierenden Substanzen von einem Bereich in den anderen trugen.
    Der Arbeitsbereich war ein offener heller Raum mit schwarzen Abstellflächen und Computern, Wasserbädern, dickwandigen Behältern und Sterilabzügen. An einzelnen Arbeitsplätzen standen ordentlich aufgereiht Mineralöl, automatische Pipetten, Reagenzgläser aus Polypropylen und Gestelle dafür. Reagenzien oder die Substanzen für Reaktionen, wurden in großen Mengen aus hochreinen Chemikalien hergestellt. Sie waren mit unverwechselbaren Identifikationsnummern versehen und wurden in kleine Aliquoten von den anderen chemischen Substanzen, die allgemein gebraucht wurden, getrennt aufbewahrt.
    Verunreinigungen wurden in erster Linie verhindert durch Sterilisierung, Entfaltung durch Erhitzen, enzymatischen Verdau, Screening, Wiederholungsexperimente, ultraviolette Bestrahlung, ionisierende Strahlung und unter Zuhilfenahme von Kontrollen und von Proben, die einer gesunden freiwilligen Versuchsperson entnommen wurden. Wenn alles nichts nützte, wurde aufgegeben. Vielleicht unternahm man ein paar Monate später einen neuen Versuch. Vielleicht auch nicht.
    Dank der Polymerasen-Kettenreaktion wartete man nicht mehr Wochen, sondern nur noch Tage auf die Ergebnisse von DNS-Analysen. Auf Grund weiterer Entwicklung, dem so

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