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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Abschürfungen von den Zähnen feststellen konnte und sonst nichts. Ich konnte keinen Abdruck machen, nichts was uns weiterhelfen würde.
    Ich machte Abstriche, um sie auf Speichelspuren untersuchen zu lassen, und begann dann, die Wunden zu fotografieren. Ich versuchte mir dabei vorzustellen, was es ihrem Mörder bedeutet haben mochte, in ihre Handflächen und Fußsohlen zu beißen.
    Hatte er sie doch gekannt? Hatten ihre Hände und Füße symbolische Bedeutung für ihn, erinnerten sie ihn ebenso wie ihr Gesicht daran, wer sie war?
    »Er versteht also was von Beweisen«, sagte Marino.
    »Wie es scheint, weiß er, dass man anhand von Zahnabdrük-ken jemanden identifizieren kann«, sagte ich, während ich mit einem Schlauch die Leiche absprühte.
    »Brrrr.« Marino schauderte. »Davon kriege ich immer eine Gänsehaut.«
    »Sie spürt es nicht.«
    »Hoffentlich hat sie auch nicht mehr gespürt, was mit ihr passiert ist.«
    »Ich glaube, als er anfing, war sie entweder schon tot oder zumindest fast tot. Gott sei Dank«, sagte ich.
    Ihre Autopsie förderte ebenfalls etwas Grauenhaftes zu Tage.
    Die Kugel, die in Kim Luongs Hals drang und ihre Halsschlagader zerfetzte, hatte zwischen dem fünften und sechsten Halswirbel auch ihr Rückgrat getroffen und sie gelähmt. Sie konnte atmen und sprechen, sich jedoch nicht bewegen, während er sie den Gang entlangzerrte und ihr Blut an die Regale spritzte. Ihre unbrauchbaren Arme waren ausgestreckt, schlaff, unfähig, an die Wunde in ihrem Hals zu fassen. Ich sah das Entsetzen in ihren Augen vor mir. Ich hörte sie wimmern, während sie überlegte, was er ihr als Nächstes antun würde, und dabei zusah, wie sie starb. »Verdammter Scheißkerl!«, sagte ich.
    »Ich kann dir gar nicht sagen, wie Leid es mir tut, dass sie zur Todesspritze übergegangen sind«, sagte Marino mit harter hasserfüllter Stimme. »Arschlöcher wie er sollten schmoren. Sie sollten an Zyanidgas würgen, bis ihnen ihre verdammten Augen aus den Höhlen springen. Stattdessen lassen wir sie sanft einschlafen.«
    Ich schnitt schnell mit dem Skalpell von den Schlüsselbeinen zum Brustbein und dann zum Becken, der übliche Y-förmige Schnitt. Marino war einen Augenblick lang still.
    »Meinst du, dass du ihm die Nadel in den Arm stechen könntest, Doc? Könntest du den Gashahn aufdrehen oder ihn an den Stuhl schnallen und auf den Schalter drücken?«
    Ich antwortete ihm nicht.
    »Ich denke oft darüber nach«, fuhr er fort.
    »Ich würde nicht so viel drüber nachdenken«, sagte ich.
    »Ich weiß, dass du's tun könntest.« Er wollte nicht locker lassen.
    »Und weißt du was? Ich glaube, du würdest es gerne tun, aber du willst es dir nicht eingestehen, nicht einmal dir selbst gegenüber.
    Manchmal möchte ich wirklich jemanden umbringen.«
    Ich blickte zu ihm auf. Auf meinem Gesichtsschild waren Blutflecken, und die Ärmel meiner Jacke waren mit Blut vollgesogen.
    »Jetzt mache ich mir wirklich Sorgen um dich«, sagte ich, und ich meinte es auch so.
    »Ich glaube, einer Menge Leute geht es so, sie wollen es bloß nicht zugeben.«
    Ihr Herz und ihre Lungen waren von normaler Größe.
    »Ich glaube nicht, dass es einer Menge Leute so geht.«
    Marino wurde streitlustiger, als würde ihn die Wut darüber, was Kim Luong angetan worden war, genauso hilflos machen, wie sie es gewesen war.
    »Ich glaube, Lucy geht es so«, sagte er.
    Ich sah ihn an, konnte nicht fassen, was er gerade gesagt hatte.
    »Ich glaube, sie wartet nur auf die richtige Gelegenheit. Und wenn sie das nicht aus sich rauskriegt, dann wird sie noch als Kellnerin enden.«
    »Sei still, Marino.«
    »Die Wahrheit tut weh, stimmt's? Ich geb's wenigstens zu.
    Nimm das Arschloch, das das getan hat. Mir würd's gefallen, seine Hände und Füße an einen Stuhl zu schnallen und ihm den Lauf einer Pistole in den Mund zu stecken. Dann würde ich ihn fragen, ob er einen guten Zahnarzt hat, weil er den nämlich brauchen wird.«
    Ihre Milz, Nieren und Leber waren von normaler Größe.
    »Dann würde ich ihm den Lauf vors Auge halten und ihn fragen, ob ich ihn reinigen muss.«
    In ihrem Magen fand ich die Überreste von Huhn, Reis und Gemüse, und ich dachte an den Behälter und die Gabel, die in einer Papiertüte neben ihrer Tasche und ihrem Mantel gefunden worden waren.
    »Mann, vielleicht tret ich ein paar Schritte zurück und tu so, als wäre ich auf dem Übungsplatz und würde ihn als Schießscheibe benutzen. Mal sehen, wie ihm das gefallen würde -«
    »Hör

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