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Blindes Vertrauen

Blindes Vertrauen

Titel: Blindes Vertrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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feindseligen Schweigens verging, bevor er antwortete: »Meine Eltern sind am gleichen Tag gestorben. Zack. Plötzlich waren sie weg. Ich war damals noch klein. Das hat weh getan. Aber ich bin darüber hinweggekommen und habe mich auf meine Großeltern verlassen. Dann sind sie nacheinander weggestorben. Meine Schwester und ich haben uns nahegestanden, aber ihrem Mann war ich unsympathisch. Er und die Kinder waren ihr wichtiger, deshalb hat sie mich praktisch aus ihrem Leben ausgeschlossen.
    Ich habe zwei Männern vertraut, und sie sind meine engsten Freunde geworden. Ich konnte ihre Gedanken lesen, noch bevor sie sie gedacht haben, und umgekehrt war es genauso. Wir waren so eng befreundet, wie es für drei Heterosexuelle nur möglich ist. Dann haben sie mich verraten und zweimal versucht, mich umzubringen.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich schätze, daß ich keinen Vorteil darin sehe, Beziehungen aufzubauen.«
    Damit hatte er mehr als je zuvor über sich preisgegeben. Trotzdem hatte er bei seinem die Seele entblößenden Monolog eine Sache auffällig ausgespart. »Du hast den Teil mit Vanessa und dem Baby ausgelassen«, stellte Barrie fest. »Du hast zu erwähnen vergessen, daß die Liebe deines Lebens die Frau eines anderen ist.«
    Â»Ja«, sagte er mit gepreßter Stimme. »Den Teil habe ich ausgelassen.«

33. Kapitel
    Â»Senator?«
    Clete drückte eine Taste der Gegensprechanlage auf seinem Schreibtisch. »Was gibt’s, Carol?«
    Â»Gray Bondurant ist am Telefon. Er möchte Sie sprechen.«
    Clete rieb sich nachdenklich das Kinn. »Sagen Sie ihm, ich sei nicht da.«
    Â»Er ruft schon zum drittenmal innerhalb von zwei Tagen an.«
    Â»Mir ist egal, wie oft er angerufen hat. Ich bin nicht für ihn zu sprechen. Was ist mit Dr. Allan?«
    Â»Ich versuche weiter, ihn ans Telefon zu bekommen, aber er ist angeblich nicht erreichbar.«
    Â»Was zum Teufel soll das heißen?«
    Â»Der Stab des Weißen Hauses drückt sich leider nicht deutlicher aus, Sir.«
    George Allan hatte ihn angerufen, um ihm mitzuteilen, Vanessa habe die von ihm veranlaßte Dosisänderung nicht gut vertragen. Und er hatte angedeutet, sie trinke wieder zuviel. Der eigentliche Zweck seines Anrufs war es gewesen, dem Senator mitzuteilen, er habe Vanessa zur Beobachtung in eine Privatklinik eingewiesen. Bis ihr Zustand sich wieder stabilisiert habe, solle sie am besten keinen Besuch empfangen. Tatsächlich untersage die Klinik jeglichen Besuch.
    Genau wie in dem verdammten Highpoint! Man hatte Vanessa abtransportiert, ohne ihr die Chance zu geben, sich von ihm zu verabschieden, und jetzt war sie unerreichbar. Zum Schluß hatte Allan noch gesagt, er rechne nicht damit, daß sie mehr als ein paar Tage isoliert werden müßte.

    Als Vorsitzender des Haushaltsausschusses des Senats hatte Clete viele Sitzungen leiten müssen, um den Haushaltskompromiß durchzuboxen. Seine Anwesenheit war unerläßlich, aber es war schwierig, sich auf die Staatsfinanzen zu konzentrieren, weil er sich Sorgen um seine Tochter machte. Der Arzt ließ sich am Telefon verleugnen. David hatte sich nicht einmal dazu herabgelassen, ihn anzurufen und persönlich mit ihm zu sprechen. Diese Sache stank allmählich zum Himmel. Und ein Teil des Gestanks kam von Cletes eigener wachsender Panik.
    Â»Wissen sie, daß Sie in meinem Auftrag anrufen?«
    Â»Natürlich, Sir.«
    Â»Dann möchte ich sofort den Präsidenten sprechen.«
    Während sie telefonierte, verließ er seinen Schreibtisch und trat an das große Fenster. Obwohl er diese Aussicht seit über dreißig Jahren kannte, ermüdete sie ihn nie. Die Autos auf den breiten Avenuen Washingtons veränderten sich. Moden kamen und gingen. Jahreszeiten wechselten. Aber die festgegründeten Regierungsgebäude überdauerten alles.
    Die Gefühlswandlung, die ihn bei ihrem Anblick überkam, ließ sich nicht als Patriotismus beschreiben. Sie war geringwertiger als Vaterlandsliebe. Er empfand Leidenschaft für die in diesen Gebäuden zirkulierende Macht, was in Clete eine Erregung hervorrief, die einer Erektion nicht unähnlich war. Er hielt es mit der Redensart, Macht sei das wirkungsvollste Aphrodisiakum. Nichts konnte sich mit ihr vergleichen. Nichts kam ihr auch nur nahe.
    Jeder Mann, der etwas taugte, kämpfte um Macht. Und wenn er sie dann besaß, kämpfte er wie der

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