Blindes Vertrauen
erreichen, indem man in den Abendnachrichten mit unbewiesenen Vorwürfen um sich warf. Clete würde David heimlich absägen müssen, statt seinen Rachefeldzug öffentlich bekanntzumachen. Alles auÃer verdeckter Wühlarbeit war zum Scheitern verurteilt.
Bondurant hätte vielleicht eine Chance gehabt, zum Erfolg zu kommen und straffrei auszugehen. Aber bestimmt nicht, solange er mit einer Journalistin verbündet war, vor allem nicht, wenn diese Journalistin Barrie Travis hieÃ. Clete muÃte unabhängig von den beiden operieren, und er muÃte rasch handeln, weil David anscheinend bereits die Initiative ergriffen hatte.
Zuerst muÃte er Vanessa aufspüren. Danach muÃte er sie vor David in Sicherheit bringen. Und dann muÃte er den Schweinehund erledigen.
Auf dem Weg dorthin gab es Hindernisse. Unter anderem den Gefühlskonflikt, in dem Clete sich befand. Der Verrat seines Schwiegersohns war für ihn wie ein Pflock durchs Herz, aber er konnte es sich nicht leisten, das, was hätte sein können â und sein sollen â, sentimental zu betrachten.
Darüber hinaus muÃte er äuÃerst vorsichtig agieren. Wenn er David entlarvte, durfte er nicht selbst ins Visier irgendwelcher Ermittler geraten. Einen Präsidenten zu stürzen, ohne selbst mitgerissen zu werden, erforderte geschicktes Taktieren.
Das Problem war, daà jedes Taktieren Zeit erforderte, und gerade Zeit war knapp, das wuÃte er.
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»Howie, nicht wahr?«
Howie verschluckte sich fast an seinem leicht gesalzenen Bier. Er fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund, bevor er dem Schnurrbärtigen, der eine Baseballmütze über seinem Pferdeschwanz trug, die Hand hinstreckte. »Hey! Ich habâ schon gedacht, Sie würden sich nie mehr blicken lassen.«
Der Mann reagierte mit einem schwachen, steifen Lächeln. »Ich war sehr beschäftigt.«
»Nun, ich freue mich, Sie zu sehen. Darf ich Sie zu einem Bier einladen?«
Obwohl Howie froh war, daà der Mann, den er als Freund zu gewinnen hoffte, wieder da war, sprach er die Einladung nur halbherzig aus. Heute abend war nicht der richtige Zeitpunkt. Howie war in die Bar gegangen, um rasch ein Bier zu trinken, ohne sich jedoch unterhalten zu wollen. Den ganzen Tag war er nervös wie eine Hure in der Kirche gewesen und hatte sich gefragt, wann Bondurant aufkreuzen würde, um ihn zu fragen, was er über den Aufenthaltsort der First Lady hatte in Erfahrung bringen können. Er hatte befürchtet, Bondurant oder Barrie könnten in den WVUE-Studios auftauchen.
Aber dann war es sieben Uhr geworden, und er hatte seinen Posten als Chef vom Dienst wie immer dem Kollegen von der Nachtschicht übergeben, ohne etwas von Barrie oder ihrem bedrohlichen Verbündeten gehört zu haben. Er hatte sich einzureden bemüht, die beiden hätten ihn vergessen oder die gewünschten Informationen längst aus anderer Quelle erhalten, aber dieser Selbstbetrug hatte nicht funktioniert. Je länger der Tag sich hinzog, desto ängstlicher sah er dem Abend entgegen.
Bestimmt würden sie ihm nicht glauben, daà er auÃerstande gewesen war, im WeiÃen Haus irgendwas rauszukriegen, obwohl er sich alle Mühe gegeben hatte. Entweder logen alle, oder niemand, wirklich niemand wuÃte, in welcher Klinik Mrs. Merritt
behandelt wurde. Aber das war nicht, was Barrie und Bondurant hören wollten.
Deshalb hatte Howie beschlossen, Bondurant irgend etwas zu erzählen, selbst wenn er sich den Namen einer Klinik ausdenken muÃte. Der ehemalige Marineinfanterist würde Wort halten, davon war er überzeugt. Wenn er nichts lieferte, würde Bondurant ihn umlegen, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Danke, ein Bier täte mir gut.«
»Was?« fragte Howie, der aus seinen trübseligen Ãberlegungen hochschreckte.
»Ein Bier?« Sein neuer Freund musterte ihn fragend.
»Oh, klar, klar. Ich habâ nur ânen anstrengenden Tag hinter mir«, sagte Howie, um seine momentane Geistesabwesenheit zu entschuldigen. »Bin gleich wieder da.«
Als Howie mit dem Bier zurückkam, war der Mann, ein echt cooler Typ, damit beschäftigt, die Spitze eines Billardstocks mit Kreide einzureiben. »Nehmen Sie sich heute abend in acht. Ich habâ nämlich geübt.«
Sein Grinsen erinnerte Howie an ein Raubtier mit unstetem Blick und sehr kleinen, spitzen Zähnen. »Ãh, eigentlich
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