Blindlings
aber genau das möchte ich von Taggart erfahren.«
»Und wenn du dich täuschst? Wenn Taggart dir Anweisung gibt, Cooke das Päckchen zu geben? Wirst du es dann tun?«
Ich zögerte. »Ich weiß nicht.«
»Vielleicht hatte Graham recht«, überlegte Elin. »Vielleicht dachte Cooke wirklich, du spielst falsch - du mußt zugeben, er hat allen Grund, das zu glauben. Würde er dann… ?«
»Einen Mann mit einer Knarre schicken? Darauf kannst du Gift nehmen.«
»Dann bist du meiner Ansicht nach dumm, Alan. Sehr, sehr dumm. Vor lauter Haß auf Cooke kannst du nicht mehr klar denken. Ich fürchte, du steckst bis zum Hals in der Tinte.«
Das schien mir allmählich auch so. »Es wird sich alles klären, wenn ich mit Taggart spreche. Wenn er Cooke unterstützt…« Wenn Taggart Cooke unterstützte, dann bedeutete das, daß das Department und die Gegenseite mich in der Mangel hatten und ich Gefahr lief, zwischen beiden zermalmt zu werden. Das Department schätzte es nicht, wenn an seinen Plänen herumgedoktert wurde, und Taggarts Zorn konnte ganz schön unangenehm sein.
Und doch stimmte da einiges nicht - erstens: Der Auftrag war völlig sinnlos, und zweitens: Cooke war nicht wirklich böse, nachdem ich so offensichtlich versagt hatte - und schließlich Grahams widersprüchliches Verhalten. Dann war da noch etwas, was mich stutzig gemacht hatte, ohne daß ich es formulieren konnte. Irgend etwas, das Cooke getan oder nicht getan, gesagt oder nicht gesagt hatte - etwas, das tief in meinem Innern ein Warnsignal ausgelöst hatte.
Ich bremste und brachte den Land-Rover zum Halten. Elin sah mich überrascht an. »Es ist besser, wenn ich weiß, was für Karten ich in der Hand halte, bevor ich mit Taggart rede«, erklärte ich. »Such den Büchsenöffner raus - ich mache das Päckchen auf.«
»Ist das klug? Du hast selbst gesagt, es könnte vielleicht besser sein, es nicht zu wissen.«
»Kann sein, daß du recht hast. Aber wenn man pokert, ohne alle seine Karten zu kennen, verliert man mit großer Wahrscheinlichkeit. Es ist schon besser, wenn ich weiß, worauf sie alle so scharf sind.« Ich stieg aus und ging zur hinteren Stoßstange, entfernte das Isolierband von der Blechdose und löste sie vom Wagen. Als ich nach vorne kam, hatte Elin bereits den Büchsenöffner herausgeholt. Vermutlich war sie ebenso neugierig wie ich.
Die Dose war aus gewöhnlichem, glänzendem Blech, wie man es für Konservenbüchsen verwendet, doch hatte sie an ihrem exponierten Aufbewahrungsort ein paar Rostflecken abbekommen. Ein Lötstreifen lief an den vier Kanten auf der einen Seite entlang, also war anzunehmen, daß es sich um die Oberseite handelte. Ich klopfte und drückte versuchsweise darauf, wobei der obere Teil ein wenig mehr nachgab als die übrigen fünf Seiten. Wahrscheinlich war es das Sicherste, den Büchsenöffner dort anzusetzen.
Ich holte tief Atem, setzte den Büchsenöffner an der einen Ecke an und hörte, wie die Luft zischend hineindrang, als ich das Blech durchstieß. Offensichtlich war es eine Vakuumverpackung - ich konnte nur hoffen, daß sich der Inhalt am Ende nicht als ein paar Gramm Pfeifentabak entpuppte.
Ziemlich verspätet fiel mir ein, daß es sich auch um eine Bombe handeln könnte. Aber da weiter nichts passierte, holte ich wieder tief Luft und begann, mit dem Büchsenöffner rundum zu schneiden. Es entstand ein gezackter, scharfrandiger Schnitt - eine ausgesprochen unsaubere Arbeit -, aber die Büchse war innerhalb kurzer Zeit offen.
Ich nahm das Oberteil ab, und mein Blick fiel auf ein Stück braunen, schimmernden Plastikmaterials, das den Eindruck von etwas Elektronischem erweckte - man sieht solche Teile in jeder Radioreparaturwerkstatt. Ich kippte den Inhalt der Dose auf meine Handfläche und starrte den Gegenstand gedankenvoll und mit leiser Verzweiflung an.
Das Stück braunen Kunststoffs bildete die Basis für einen kleinen elektronischen Schaltkreis, und zwar einen sehr komplizierten. Ich identifizierte Widerstände und Transistoren, aber das meiste war mir fremd. Es war ewig lange her, seit ich Funktechnik studiert hatte, und der technologische Fortschritt hatte mich längst überholt. Zu meiner Zeit war ein Bauteil ein Bauteil gewesen, aber die Jungens, die sich heutzutage mit Mikro-Elektronik befassen, setzen komplette und komplizierte Anlagen mit einem Dutzend Bauteilen auf einem Stückchen Silikon zusammen, so daß man schon ein Mikroskop braucht, um überhaupt etwas zu sehen. »Was ist das?«
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