Blindlings
einen Wagen auseinander«, antwortete der Russe verdrossen.
»Dann hilf ihm dabei. Du, Gregor, bleibst hier und behältst Stewartsen im Auge.« Er reichte dem Kleineren die Pistole.
»Kann ich noch einen Drink haben, Vaslav?« fragte ich.
»Warum nicht? Es besteht keine Gefahr, daß Sie noch Alkoholiker werden. Dafür leben Sie nicht mehr lange genug.
Laß ihn nicht aus den Augen, Gregor.« Er verließ das Zimmer und schloß die Tür hinter sich. Gregor pflanzte sich davor auf und betrachtete mich ausdruckslos. Ich zog langsam die Beine an und stand auf. Gregor hob die Waffe. Ich grinste ihn an und hielt mein leeres Glas hoch. »Sie haben gehört, was der Boß gesagt hat. Ich hab Anspruch auf einen letzten Drink.« Der Pistolenlauf senkte sich. »Ich bleibe hinter Ihnen«, brummte er.
Ich ging zum Schrank und redete dabei unentwegt. »Ich wette, Sie sind von der Krim, Gregor. Den Akzent kenne ich.
Stimmt’s?«
Er schwieg, aber ich plapperte unverdrossen weiter. »Wodka scheint es hier nicht zu geben, Gregor. Brennivin kommt ihm am nächsten, aber es ist gar kein Vergleich. Ich mache mir selbst nichts daraus. Wenn ich es mir genau überlege, mache ich mir eigentlich auch aus Wodka nicht viel. Scotch ist eher was für mich. Warum auch nicht, schließlich bin ich Schotte.«
Ich klirrte mit den Flaschen und hörte Gregors Atem dicht hinter mir. Der Scotch plätscherte ins Glas, gefolgt von Wasser. Ich drehte mich um. Gregor stand einen Meter weit von mir entfernt und hatte die Waffe auf meinen Nabel gerichtet. Wie gesagt, unter gewissen Umständen sind Pistolen angebracht, und das war augenblicklich der Fall. In geschlossenen Räumen sind sie recht wirkungsvoll. Wenn ich auf die alberne Idee gekommen wäre, ihm den Drink ins Gesicht zu schütten, hätte er mir glatt das Rückgrat durchschossen.
Ich hob das Glas. »Skål – wie wir in Island sagen.« Dabei hielt ich die Hand hoch, damit der kleine Gaszylinder nicht aus meinem Ärmel rutschte. Einigermaßen affektiert durchquerte ich das Zimmer und ließ mich wieder in meinem Sessel nieder.
Gregor betrachtete mich verächtlich.
Ich nippte am Whisky und manövrierte das Glas in meine andere Hand. Als ich endlich ruhig saß, steckte der Gaszylinder in der Spalte zwischen dem Sitz und der Armlehne. Ich toastete Gregor erneut zu und blickte dann interessiert in das flackernde Torffeuer.
Auf jedem Gaszylinder zum Nachfüllen steht die ernst zu nehmende Warnung: »Äußerst leicht entzündlich. Nicht in der Nähe von offenem Feuer benützen. Von Kindern fernhalten.
Nicht anstecken oder anzünden.« Die Firmen schätzen solche schreckenerregenden Vorschriften auf ihren Erzeugnissen gar nicht und bringen sie nur auf Grund strenger gesetzlicher Vorschriften an, woraus man schließen kann, wie gerechtfertigt solche Warnungen sind.
Im Kamin brannte das Feuer mit einer dicken roten Glut.
Wenn ich den Gaszylinder hineinwarf, so gab es zwei Möglichkeiten. Entweder würde er explodieren wie eine Bombe oder in die Luft zischen wie eine Rakete - und beides konnte mir nur recht sein. Schwierig war nur, daß ich nicht wußte, wie lange es dauern würde, bis es soweit war. Es konnte nicht schwer sein, das Ding ins Feuer zu praktizieren, aber wenn jemand blitzschnell reagierte - Gregor zum Beispiel –, konnte er den Zylinder auch schnell wieder herausholen.
Kennikins Jungens konnten wirklich nicht so unfähig sein, wie er sie hinstellte. Kennikin kehrte zurück. »Sie haben die Wahrheit gesagt«, erklärte er.
»Das tue ich immer. Es ist nur ärgerlich, daß die meisten Leute das nicht merken. Sie sind also einer Meinung mit mir, was Cooke betrifft?«
Er runzelte die Stirn. »Ich meine nicht diese alberne Geschichte. Das, was ich suche, ist nicht in Ihrem Wagen. Wo ist es?«
»Das werden Sie nicht von mir erfahren, Vaslav.« »Doch.«
Irgendwo klingelte ein Telefon. »Wollen wir wetten?« fragte ich.
»Ich will nicht, daß der Teppich hier mit Blut verschmiert wird«, erwiderte er. »Stehn Sie auf.« Jemand nahm den Telefonhörer ab.
»Kann ich nicht erst austrinken?«
Ilyich öffnete die Tür und winkte Kennikin, der mich ansah.
»Bis ich zurückkomme, müssen Sie ausgetrunken haben.«
Er verließ das Zimmer. Gregor kam auf mich zu und blieb vor mir stehen. Das war ärgerlich, denn es hinderte mich daran, den Gaszylinder ins Feuer zu werfen. Ich berührte meine Stirn, die schweißbedeckt war. Gleich darauf kehrte Kennikin zurück und betrachtete mich nachdenklich.
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