Blindlings
Soldat muß damit rechnen, verwundet zu werden. Das ist das Berufsrisiko. Im Grunde wurmt Sie doch nur, daß Sie verraten wurden. Hab ich recht, Vaslav?« »Teilweise, ja«, gab er zu.
Ich nippte an dem Whisky. Diesmal war er stark. »In einem Punkt irren Sie sich - nämlich in der Person des Schuldigen.
Wer war damals Ihr Boß?« »Bakayev - in Moskau.« »Und wer war mein Boß?«
Er lächelte. »Dieser hervorragende britische Edelmann, Sir David Taggart.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Taggart war nicht interessiert. Der hatte damals wesentlich größere Fische an der Angel. Sie wurden von Bakayev, Ihrem eigenen Boß, in Zusammenarbeit mit meinem Boß reingelegt. Ich war lediglich das Werkzeug.«
Kennikin brüllte vor Lachen. »Mein lieber Alan, Sie haben zu viel Fleming gelesen.«
»Sie haben noch gar nicht gefragt, wer mein Boß war«, erinnerte ich ihn.
Er bebte noch immer vor unterdrücktem Gelächter. »Na schön - wer war’s denn?« »Cooke.«
Das Gelächter verstummte plötzlich. »Es war sehr sorgfältig geplant«, fuhr ich fort. »Sie wurden geopfert, um Cooke zu Ansehen zu verhelfen. Das Ganze mußte gut aussehen -
authentisch wirken. Deshalb wurden Sie auch im dunkeln gelassen. Wenn man alles in Betracht zieht, haben Sie sich gar nicht so schlecht geschlagen. Aber immer wieder wurde Ihnen der Teppich unter den Füßen weggezogen, weil Bakayev alle Informationen an Cooke weitergab.«
»Das ist Unsinn, Stewartsen«, protestierte Kennikin. Aber sein Gesicht war bleich geworden und die Narbe auf seiner Wange trat bläulich hervor.
»Sie mußten versagen«, fuhr ich fort. »Und natürlich mußten Sie auch bestraft werden, sonst hätte das Ganze nicht echt gewirkt. Ja, wir wissen, wie Ihre Leute arbeiten, und wenn Sie nicht nach Ashkhabad oder sonstwohin geschickt worden wären, so wären wir mißtrauisch geworden. Darum verbrachten Sie vier Jahre im Exil, um den Schein zu wahren.
Vier Jahre Papierkram, nur weil Sie Ihre Pflicht getan hatten.
Man hat Sie an der Nase herumgeführt, Vaslav.«
Seine Augen waren steinern. »Ich kenne diesen Cooke nicht«, erwiderte er kurz.
»Sie müßten ihn eigentlich kennen. Er ist der Mann, von dem Sie in Island Befehle entgegennehmen. Sie fanden es vielleicht ganz normal, daß Sie bei dieser Operation nicht das Kommando bekommen haben. Einen Versager betraut man nicht mit der ausschließlichen Verantwortung. Und jetzt hoffen Sie, sich zu rehabilitieren, indem Sie Ihren Auftrag erfolgreich ausführen.« Ich lachte. »Und wen setzt man Ihnen als Boß vor die Nase? Keinen anderen als den Mann, der Sie in Schweden torpediert hat.«
Kennikin stand auf. Die Pistole war unbeweglich auf meine Brust gerichtet. »Ich weiß, wer die Operation in Schweden ruiniert hat«, sagte er. »Und ich kann denjenigen von hier aus berühren.«
»Ich habe nur Befehle ausgeführt«, erwiderte ich. »Die Kopfarbeit hat Cooke geleistet. Erinnern Sie sich an Jimmy Birkby?«
»Nie von ihm gehört«, antwortete Kennikin starr. »Natürlich nicht. Sie kannten ihn besser unter dem Namen Sven Hornlund.
Er war der Mann, den ich getötet habe.«
»Der britische Agent«, sagte Kennikin. »Ich erinnere mich.
Seinetwegen habe ich Ihnen damals mein volles Vertrauen geschenkt.«
»Es war Cookes Idee. Ich hatte keine Ahnung, wen ich da umbrachte. Deshalb verließ ich hinterher auch das Department.
Es gab einen wilden Krach.« Ich beugte mich vor. »Vaslav, es paßt alles zusammen, sehen Sie das denn nicht? Cooke opferte einen guten Mann, um Sie dazu zu bringen, mir zu vertrauen.
Wie viele unserer Agenten umkamen, kümmerte ihn nicht.
Aber er und Bakayev opferten Sie, um Taggarts Vertrauen in Cooke zu zementieren.«
Kennikin sah mich aus seinen grauen Kieselsteinaugen völlig unbeweglich an. Nur der eine Mundwinkel zuckte, da wo die Narbe verlief.
Ich lehnte mich in den Stuhl zurück und griff nach meinem Glas. »Cooke sitzt jetzt hübsch fest im Sattel. Hier in Island hält ei auf beiden Seiten die Fäden in der Hand. Mein Gott, was für eine Position! Aber die Szene geriet durcheinander, als eine der Marionetten sich weigerte, seiner Regie zu folgen, als er an den Fäden zog. Das muß ihm einen ziemlichen Schrecken eingejagt haben.« »Ich kenne diesen Cooke nicht«, wiederholte Kennikin eisern.
»Nein? Warum sind Sie dann so erregt?« Ich grinste ihn an.
»Ich kann Ihnen nur eins empfehlen – fragen Sie ihn doch, wenn Sie ihn das nächste Mal sehen, nach der Wahrheit. Nicht daß
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