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Blindlings

Blindlings

Titel: Blindlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Desmond Bagley
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wird ein Sohn«, sagte er voller Überzeugung. »Sind Sie auf Urlaub hier, Alan?«
    erkundigte er sich auf englisch.
    »In gewisser Weise ja«, antwortete ich auf isländisch. »Ich komme jedes Jahr hierher.«
    Er sah verblüfft aus und grinste dann. »Es gibt hier nicht viele, die das Land so lieben wie Sie.« Ich sah mich im Labor um. Es sah aus wie alle Labors, Regale und
    Chemikalienflaschen, eine Waage, zwei Mikroskope und Reihen von Testproben hinter Glas. Es roch nach Formalin.
    »Was tun Sie hier?« fragte ich.
    Er faßte mich am Arm, zog mich ans Fenster und deutete nach draußen. »Da vor uns ist die See mit einer Unmasse Fische drin. Jetzt ist es diesig, aber bei gutem Wetter können Sie Vestmannaeyjar sehen. Kommen Sie mal gerade hierher.«
    Er führte mich zu einem Fenster an der anderen Seite des Raums und wies auf den Myrdalsjökull. »Dort oben ist das Eis, und unter dem Eis liegt ein gewaltiger Bursche namens Katla.
    Haben Sie schon von ihm gehört?« »Wer hätte in Island noch nicht von Katla gehört«, erwiderte ich.
    Er nickte. »Gut. Ich habe das Wasser vor dieser Küste mit all seinen Tieren darin, groß und klein, untersucht. Und die Pflanzen auch. Wenn der Katla ausbricht, fließen sechzig Kubikkilometer Schmelzwasser hier ins Meer. Das bedeutet, daß innerhalb einer Woche ebensoviel frisches Wasser hier an dieser Stelle in die See dringt wie aus allen Flüssen Islands zusammengenommen in einem Jahr. Das ist schlecht für die Tiere und Pflanzen, denn soviel Frischwasser auf einmal sind sie nicht gewohnt. Ich möchte herausfinden, wie sehr sie davon betroffen werden und wie lange sie brauchen, um sich davon zu erholen.«
    »Aber dann müssen Sie ja warten, bis der Katla ausbricht.
    Das kann lange dauern.«
    Er lachte lauthals. »Ich bin seit fünf Jahren hier - vielleicht dauert es noch mal zehn, aber das glaube ich nicht. Der Kerl ist längst überfällig.« Er boxte mich leicht in den Arm. »Vielleicht bricht er morgen aus - dann wird nichts aus Keflavik.«
    »Ich werde deswegen bestimmt keine schlaflose Nacht verbringen«, entgegnete ich trocken. »Elin!« rief er durchs Labor, »dir zu Ehren nehme ich mir den Tag frei.« Mit drei großen Schritten war er bei ihr, umarmte sie und hob sie hoch, bis sie um Gnade schrie. Ich achtete nicht sonderlich darauf, denn mein Blick war auf die Schlagzeile einer Zeitung gefallen, die auf dem Arbeitstisch lag. Es war ein Morgenblatt aus Reykjavik, und auf der ersten Seite prangte eine Überschrift in Großbuchstaben: Schießerei in Geysir. Ich las den Artikel schnell durch. Ihm zufolge war in Geysir anscheinend ein Krieg ausgebrochen, und Unbekannte hatten sämtliche Waffen mit Ausnahme von leichter Artillerie eingesetzt. Es gab ein paar Augenzeugenberichte, unzutreffend wie immer, und es schien, daß ein russischer Tourist, ein gewisser Igor Volkov, nun im Krankenhaus lag, nachdem er dem Strokkur zu nahe gekommen war. Mr. Volkov hatte keinerlei Schußverletzungen. Der sowjetische Botschafter hatte bei dem isländischen Außenminister wegen dieses in keiner Weise provozierten Angriffs auf einen russischen Bürger Protest eingelegt.
    Ich blätterte weiter, um zu sehen, ob es einen Leitartikel zu diesem Vorfall gab, und fand ihn auch prompt. Der Verfasser verlangte energisch Aufklärung darüber, aus welchem Grund besagter russischer Bürger, Igor Volkow, eigentlich zu diesem Zeitpunkt bis an die Zähne bewaffnet gewesen sei. Außerdem lägen keinerlei Unterlagen darüber vor, daß die Waffen den Zollbehörden bei seiner Einreise angegeben worden seien.
    Ich zog eine Grimasse. Kennikin und ich taten unser Bestes, Sand ins Getriebe der isländisch-sowjetischen Beziehungen zu streuen.
     
    3
     
    Wir verließen Vik ziemlich spät am folgenden Morgen. Meine Stimmung war mäßig, weil ich einen Brummschädel hatte.
    Valtyr hatte sich als unschlagbarer Trinker erwiesen, und da ich todmüde war, hatten meine Bemühungen, mit ihm Schritt zu halten, katastrophale Folgen gezeigt. Er hatte mich unter schadenfrohem Gelächter zu Bett gebracht und war am Morgen munter wie ein Fisch im Wasser aufgewacht, während ich einen Geschmack im Mund hatte, als hätte ich das Formalin aus seinen Gläsern mit den Testproben getrunken. Meine Laune verbesserte sich keineswegs, als ich versuchte, Taggart in London anzurufen, nur um zu erfahren, daß er nicht da sei.
    Der Mensch mit der gleichgültigen Bürostimme weigerte sich, mir mitzuteilen, wo er sich aufhielt, war jedoch

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