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Blindlings

Blindlings

Titel: Blindlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Desmond Bagley
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lehnte mich in meinen Stuhl zurück. »Als ich zum erstenmal in dieses Land kam, erzählte mir jemand, es gäbe drei Dinge, die kein Isländer einem anderen begreiflich machen könne - nicht einmal einem Landsmann: das politische System Islands, das isländische Wirtschaftssystem und die isländischen Alkoholgesetze. Die letzten machen mir im Augenblick kein Kopfzerbrechen, aber Politik und Wirtschaft stehen obenan in meiner Liste.«
    »Ich weiß wirklich nicht, wovon du redest.« Elin sah mich verwundert an.
    »Ich rede vom Kühlschrank«, erwiderte ich. »Und von der elektrischen Kaffeemühle dort. Vom Wasserkessel und vom Transistorradio. Sie sind alle importiert, und um euch das leisten zu können, müßt ihr Fische, Hammel und Wolle exportieren. Die Heringsschwärme haben sich tausend Meilen weit verzogen, und eure Fischereiflotte schaut in den Mond.
    Sind die Dinge nicht schon schlimm genug? Wollt ihr sie noch schlimmer machen?« Sigurlin runzelte die Stirn. »Was meinen Sie damit?« »Drei Nationen sind beteiligt – Großbritannien, Amerika und Rußland. Angenommen, man versucht so etwas auf diplomatischer Ebene mit einem Notenaustausch zu lösen -
    das heißt dann so: ›Hört auf, eure Kämpfe auf isländischem Territorium auszutragen!‹ Glauben Sie wirklich, so was könnte geheimgehalten werden? Jedes Land hat seine politischen Amokläufer - Island ist da bestimmt keine Ausnahme -, und alle würden das für ihre politischen Zwecke ausschlachten.«
    Ich stand auf. »Die Anti-Amerikaner würden wegen der Luftwaffenbasis in Keflavik ein Geschrei anstimmen. Das würde den Anti-Kommunisten neuen Zündstoff liefern. Und wahrscheinlich würdet ihr den Fischereikrieg mit England wiederaufnehmen. Eine Menge Isländer sind mit den bisher getroffenen Vereinbarungen sowieso nicht einverstanden.«
    Ich sah Sigurlin an. »Während des Fischereikriegs wurde euren Kuttern die Zufahrt zu den britischen Häfen verwehrt, deshalb habt ihr verstärkte Handelsbeziehungen zu Rußland aufgenommen, die heute noch bestehen. Was halten Sie von den Russen als Handelspartnern?« »Ich glaube, sie sind sehr gut«, erwiderte sie schnell. »Sie haben viel für uns getan.«
    »Wenn Ihre Regierung gezwungen wird, von dem, was sich hier abspielt, offiziell Notiz zu nehmen, dann könnten diese guten Beziehungen gefährdet werden. Wollen Sie das?«
    Sie sah völlig konsterniert aus. »Wenn diese Affäre je an die Öffentlichkeit dringt«, sagte ich warnend, »dann erlebt Island den größten politischen Skandal seit 1809, als Sam Phelps versucht hat, Jörgen Jorgensen als König einzusetzen.«
    Elin und Sigurlin blickten einander hilflos an. »Er hat recht«, meinte Sigurlin zögernd.
    Ich wußte, daß ich recht hatte. Unter der ruhigen Oberfläche der isländischen Gesellschaft gibt es Mächte, mit denen man sich besser nicht einläßt. Da schlummern noch einige Ressentiments bei der älteren Generation – und es braucht nicht viel, um sie wieder zum Leben zu erwecken. »Je weniger die Politiker davon wissen, desto besser wird es für alle Beteiligten sein. Ich mag dieses Land, verdammt. Und ich möchte nicht, daß irgendwelcher Dreck aufgerührt wird.« Ich griff nach Elins Hand. »Ich werde versuchen, diese Sache bald in Ordnung zu bringen. Und ich glaube, ich weiß sogar schon wie.« »Gib ihnen das Päckchen«, drängte sie. »Bitte, Alan, gib es ihnen doch endlich.«
    »Das habe ich auch vor«, beruhigte ich sie. »Aber ich werde es auf meine Weise tun.«
    Es gab eine Menge zu überlegen. Da war zum Beispiel der Volkswagen. Es konnte nicht lange dauern, bis Kennikin anhand des polizeilichen Kennzeichens herausfinden würde, woher der Wagen stammte. Das bedeutete, daß er wahrscheinlich vor dem Abend hier eintreffen würde.
    »Sigurlin, können Sie mit einem Pony zu Gunnar reiten?«
    fragte ich.
    Sie war verblüfft. »Aber warum…?« Dann begriff sie. »Der Volkswagen?«
    »Ja. Möglicherweise bekommen Sie unerwünschten Besuch.
    Es ist besser, wenn Sie aus dem Weg sind.« »Gunnar hat mir gestern abend, kurz nachdem Sie weggefahren waren, eine Nachricht zukommen lassen. Er bleibt noch drei Tage weg.«
    »Das ist gut. In drei Tagen müßte der ganze Spuk eigentlich vorbei sein.« »Wohin fahren Sie?«
    »Stellen Sie keine Fragen«, warnte ich. »Sie wissen bereits zuviel. Verziehen Sie sich irgendwohin, wo Ihnen niemand Fragen stellt.« Ich schnippte mit den Fingern. »Den Land-Rover werde ich auch wegfahren, ich muß ihn irgendwo

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