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Blindwütig: Roman

Titel: Blindwütig: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz , Bernhard Kleinschmidt
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Kindes, doch seine Augen waren die eines erwachsenen Mannes, der in den Abgrund geblickt hatte und sich nicht davor fürchtete, es wieder zu tun.
    Weiterhin flüsternd, fuhr er fort: »Ich bin klein, ich bin jung - und ich bin so anders als alle anderen. Diesen Unterschied habt ihr immer respektiert und ihm getraut. Jetzt müsst ihr mir vertrauen. Es gibt einen Grund, weshalb ich so bin, und es gibt einen Grund, weshalb ich bei euch geboren worden bin. Es gibt immer einen Grund. Wir gehören zusammen.«
    Noch nie hatte der Spitzname Marsmensch besser zu ihm gepasst.
    »Einverstanden?«, fragte ich Penny.
    Sie nickte. »Einverstanden.«
    Als Milo strahlte, fand ich das äußerst ansteckend.
    Clotilda nahm ein Ei aus einem geflochtenen Weidenkörbchen und warf es auf den Boden. Stirnrunzelnd studierte sie den unregelmäßigen Fleck aus Eiweiß, Eigelb und Schalensplittern.
»Er hat Recht«, sagte sie nach einer Weile. »Wenn ihr ihn nicht mitnehmt, sehen wir keinen von euch wieder.«
    Von seinem Hochsitz aus beäugte Milo das zertrümmerte Ei, dann hob er den Kopf und sah grinsend seinen Großvater an. »Oma ist ein echter Hammer.«
    »Und ob«, bestätigte Grimbald und strahlte seine Gattin an. »Ich weiß noch genau, wie ich sie zum ersten Mal gesehen habe, mitten im Wald, auf den Knien, die Arme bis zu den Ellbogen in einem frisch erlegten Reh. Ein Anblick für die Götter!«
    Mädchenhafte Röte trat auf Clotildas Gesicht, als sie auf diese romantische Erinnerung einging. »Man spart sich eine Riesenschweinerei zu Hause, wenn man die Beute schon bei der Jagd ausweidet. Allerdings läuft man Gefahr, dass der Blutgeruch irgendwelche Raubtiere anlockt. Daran habe ich damals auch gedacht, denn dein Großvater stand im Schatten eines Baums, und als ich den Kopf hob, dachte ich, er ist ein Bär.«
    »Sie hat so schnell nach ihrer Flinte gegriffen«, erinnerte sich Grimbald, »dass ich um ein Haar zu ihrer nächsten Beute geworden wäre.«
    Beide lachten, und Clotilda sagte: »Aber dann hat er gerufen: ›Da ist ja Diana, die Göttin der Jagd und des Mondes, und das bei hellem Tageslicht!‹«
    »Das hat Grimpa wirklich gesagt?«, wunderte sich Milo.
    »Allerdings. Da wusste ich sofort, dass ich ihn entweder erschießen oder heiraten musste.«
    Da Penny diese Geschichte bereits zahllose Male gehört hatte, war sie weniger begeistert als Milo. »Wir haben einen langen Weg vor uns«, sagte sie. »Da sollten wir jetzt los. Wo ist Lassie?«
    »Wahrscheinlich im Kartoffelkasten«, meinte Milo.

    »Ich hab dir doch gesagt, Schatz, der Kasten ist leer«, sagte Clotilda. »Letzten Monat habe ich vergessen, ihn aufzufüllen, und das, was noch drin war, habe ich für die Bratkartoffeln da verwendet.«
    »Deswegen ist sie ja drin, Oma. Es ist ein kühler, dunkler, ruhiger Ort, der gut riecht. Manchmal braucht Lassie es eben kühl, dunkel und ruhig.«
    In einer Ecke der Küche waren zwei einen Quadratmeter große, betonierte Kästen in den Steinboden eingelassen, einer für Kartoffeln und der andere für Zwiebeln.
    Clotilda, Penny und ich drängelten uns um Grimbald, während der den Holzdeckel des Kartoffelkastens aufklappte.
    Ein Stück weit unter uns lag Lassie gemütlich auf einem Bett aus leeren Kartoffelsäcken. Sie hob den Kopf und gähnte.
    »Der Deckel ist ziemlich schwer«, stellte Clotilda fest. »Wie ist sie da reingekommen?«
    »Wie üblich«, antwortete ich.
    »Und wie ist das?«
    »Da hab ich keine Ahnung.«

40
    Mit einem Ziel, das eine lange Fahrt erforderte, brachen wir von der Festung der Booms auf in eine dunkle, regnerische und gefährliche Welt.
    Der Besuch bei Grimbald und Clotilda hatte mich ein wenig aufgebaut, aber sobald wir unterwegs waren, ließ diese Wirkung leider rasch nach.
    Seit dem Elektroschock-Angriff von Shearman Waxx war ich praktisch ununterbrochen auf den Beinen. Weil Penny in unserem ersten Unterschlupf immerhin zwei Stunden lang geschlafen hatte, übernahm sie auf der ersten Etappe unserer Reise nach Norden das Steuer.
    Milo saß auf dem Rücksitz und begutachtete im Licht einer Taschenlampe das Material, das sein Großvater für ihn auf dem Schwarzmarkt besorgt hatte. Dabei murmelte er aufgeregt vor sich hin. Lassie half ihm, indem sie geräuschvoll an den Sachen schnupperte.
    Eigentlich hätten die Scheibenwischer auf mich wirken sollen wie das glänzende Pendel eines Hypnotiseurs, und sobald wir uns auf der Autobahn befanden, hätte das monotone Summen der Reifen mich in den Schlaf wiegen

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