Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blink! - die Macht des Moments

Titel: Blink! - die Macht des Moments Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
Vom Netzwerk:
genannte Big Five Inventory (BFI), auf Deutsch auch bekannt
     unter dem Namen Fünf-Faktoren-Modell, das die Persönlichkeit eines Menschen anhand von fünf zentralen Dimensionen beurteilt:
Extraversion:
Sind Sie gesellig oder zurückgezogen? Sind Sie offenherzig oder verschlossen?
Verträglichkeit:
Sind Sie im Umgang mit anderen vertrauensvoll oder misstrauisch? Hilfsbereit oder unkooperativ?
Gewissenhaftigkeit:
Sind Sie organisiert oder chaotisch? Sind Sie willensstark oder entscheidungsschwach?
Emotionale Stabilität:
Sind Sie gelassen oder leicht aus der Ruhe zu bringen? Unsicher oder sicher?
Offenheit für neue Erfahrungen:
Sind Sie phantasiebegabt oder bodenständig ? Unabhängig oder angepasst?
    Nachdem die Studenten den Fragebogen ausgefüllt hatten, bat Gosling deren Freunde oder gute Bekannte, anhand desselben Fragebogens
     die Persönlichkeit ihres Freundes zu beurteilen. Gosling wollte herausfinden, wie dicht unsere Freunde an die Wahrheit |42| herankommen, wenn sie uns beurteilen sollen. Die Antwort ist wenig überraschend: Unsere guten Freunde können uns recht zutreffend
     beschreiben. Sie haben eine dicke Scheibe an Erfahrungen mit uns und können daher ganz gut sagen, wie wir sind.
    Nun führte Gosling den Test ein zweites Mal durch, jedoch nicht mit Freunden oder Bekannten. Diesmal wählte er Menschen aus,
     die die Studenten, die sie beurteilen sollten, noch nie im Leben gesehen hatten. Alles, was diese Menschen zu sehen bekamen,
     waren die Wohnheimzimmer. Er drückte seinen Testern ein Klemmbrett mit einem Fragebogen in die Hand und gab ihnen 15 Minuten
     Zeit, sich in einem der Zimmer umzusehen und ein paar einfache Fragen über dessen Bewohner zu beantworten: Ist er ein gesprächiger
     Mensch? Tendiert er dazu, an anderen herumzumäkeln? Arbeitet er gründlich? Ist er originell? Zurückhaltend? Hilfsbereit und
     selbstlos? Und so weiter. »Ich wollte ganz alltägliche Eindrücke untersuchen,« sagt Gosling. »Also habe ich den Testern ganz
     bewusst nicht gesagt, wonach sie suchen sollten. Ich sagte ihnen einfach: ›Hier ist der Fragebogen. Geht in das Zimmer und
     schaut es euch genau an.‹ Es ging mir um intuitive Entscheidungsprozesse.«
    Die Ergebnisse waren überraschend. Die Leute mit dem Klemmbrett, die nur die Wohnheimzimmer zu sehen bekamen, konnten die
     Extraversion des Bewohners natürlich lange nicht so gut beurteilen wie deren gute Freunde. Um festzustellen, ob jemand gesprächig,
     offen und lebendig ist, man muss man ihn schon in der Interaktion mit anderen Menschen kennen lernen. Auch was die Verträglichkeit
     angeht, ob also die betreffende Person eher vertrauensvoll oder hilfsbereit ist, konnten die Freunde etwas besser beurteilen.
     Doch in den anderen drei der fünf Faktoren schnitten die Fremden besser ab als die Freunde. Sie konnten besser einschätzen,
     wie sorgfältig die Testperson war, und auch in puncto emotionale Stabilität und Offenheit für neue Erfahrungen kamen sie der
     Wahrheit näher als die Freunde. Alles in allem verstanden die Fremden also mehr von der Persönlichkeit ihres jeweiligen |43| Studenten als dessen Freunde. Das heißt nichts anderes als dass Menschen, die uns nie getroffen haben und die sich 15 Minuten
     lang bei uns zu Hause umschauen, uns besser einschätzen können als Freunde, die uns schon seit Jahren kennen. Vergessen Sie
     also die endlosen Kennenlernrunden und Mittagessen: Wenn Sie wissen wollen, ob ich gut zu Ihrer Firma passe, dann schauen
     Sie besser bei mir zu Hause vorbei und stöbern ein bisschen in meiner Wohnung herum.
    Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie – wie die meisten Menschen – die Schlussfolgerungen Samuel Goslings ziemlich unglaublich
     finden. Aber nach allem, was Sie über John Gottman gelesen haben, sollten sie das nicht mehr sein. Goslings Experiment ist
     nichts anders als ein weiteres Beispiel dafür, wie unser Unbewusstes eine Situation in dünne Scheibchen schneidet. Immerhin
     nehmen die Tester den intimsten Ort der Testperson unter die Lupe, und an solchen privaten Orten finden sich in der Regel
     Hinweise in Hülle und Fülle über unsere Persönlichkeit. Laut Gosling findet man in einem Zimmer oder einer Wohnung dreierlei
     Hinweise auf die Persönlichkeit des Bewohners: Da sind zum einen unsere Identitätsmarker, die wir ganz bewusst setzen, weil
     wir von der Welt in einer bestimmten Art und Weise wahrgenommen werden wollen: zum Beispiel ein gerahmtes Universitätsdiplom
     mit der Beurteilung

Weitere Kostenlose Bücher