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Blink! - die Macht des Moments

Titel: Blink! - die Macht des Moments Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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etwas nicht. Der erste,
     der darauf hinwies, war ein italienischer Kunsthistoriker namens Federico Zeri, der damals im Beirat des Getty Museums saß.
     Als Zeri im Dezember 1983 in die Werkstatt des Museums geführt wurde, um den Kouros zu besichtigen, starrte er lange die Fingernägel
     der Statue an. Irgendetwas störte ihn, ohne dass er genau hätte sagen können, was.
    Evelyn Harrison, eine der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet der griechischen Plastik, war die nächste, die Zweifel
     an der Echtheit der Statue vorbrachte. Sie stattete dem Getty Museum einen Besuch ab, kurz bevor der Handel mit Becchina abgeschlossen
     wurde. »Arthur Houghton, der damals Kurator des Museums war, führte uns in die Werkstatt«, erinnert sie sich. »Er zog das
     Tuch weg, mit dem die Statue verhüllt war, und sagte: ›Noch gehört er uns zwar nicht, aber in ein paar Wochen ist es endlich
     so weit.‹ Worauf ich erwiderte: ›Es tut mir Leid, das zu hören.‹« Was hatte Harrison gesehen? Sie konnte es nicht genau sagen.
     Aber in dem Moment, in dem Houghton die Statue enthüllte, hatte sie eine Ahnung, ein instinktives Gefühl, dass mit dem Jüngling
     irgendetwas nicht in Ordnung war.
    Ein paar Monate später führte Arthur Houghton den früheren Direktor des Metropolitan Museum of Art in New York, Thomas Hoving,
     in die Restaurationswerkstatt, um einen Blick auf die Statue zu werfen. Hoving hat die Angewohnheit, sich immer |12| das erste Wort zu merken, das ihm durch den Kopf geht, wenn er etwas Neues sieht. Er werde nie vergessen, was er beim Anblick
     des Kouros gedacht habe, erzählte er. »Es war ›frisch‹ – ›frisch‹,« erinnert er sich. Und ›frisch‹ ist normalerweise nicht
     gerade das erste Wort, das einem beim Anblick einer zweieinhalbtausend Jahre alten Statue einfallen sollte. Als er sich später
     an diesen Moment zurückerinnerte, wusste er plötzlich auch, warum er diesen Gedanken gehabt hatte: »Bei meinen Ausgrabungen
     in Sizilien haben wir einige Bruchstücke dieser Dinger gefunden. Die sehen einfach anders aus, wenn sie aus der Erde kommen.
     Der Getty-Kouros sah aus wie aus dem Ei gepellt.«
    Nach einem kurzen Blick auf die Statue wandte Hoving sich um und fragte Houghton: »Habt Ihr den schon bezahlt?«
    Hoving erinnert sich, dass Houghton ihn verwundert angesehen habe.
    »Wenn ja, dann seht zu, dass Ihr Euer Geld wiederbekommt«, habe Hoving zu dem Kurator gesagt. »Und wenn nicht, dann lasst
     die Finger davon.«
    Im Getty Museum begann man allmählich, sich Gedanken über die Echtheit der Neuerwerbung zu machen. Also berief man eine internationale
     Konferenz in Griechenland ein. Die Statue wurde sorgfältig verpackt, nach Athen verfrachtet und dort den wichtigsten Skulpturexperten
     des Landes vorgeführt. Diesmal war der Chor der ernüchternden Stimmen noch lauter.
    Evelyn Harrison erzählt, sie habe während der Vorstellung neben George Despinis, dem Leiter des Akropolis-Museums in Athen
     gestanden. Dieser habe einen Blick auf den Kouros geworfen und sei bleich geworden. Zu ihr habe er gesagt: »Wer je dabei war,
     wenn eine Statue aus der Erde kommt, der erkennt doch auf den ersten Blick, dass dieses Ding nie einen Krümel Erde gesehen
     hat.« Auch Georgios Dontas, Leiter der Archäologischen Gesellschaft in Athen, sah die Statue und verspürte sofort ein Frösteln
     am ganzen Körper. Im Symposium sagte er später: »Als ich den Kouros zum ersten Mal gesehen habe, hatte ich das Gefühl, uns |13| würde eine unsichtbare Wand trennen.« Nach ihm sprach Angelos Delivorrias, Direktor des Benaki-Museums in Athen. Er führte
     lang und breit aus, dass eine Plastik dieses Stils unmöglich mit Marmor aus Thasos habe hergestellt werden können. Aber der
     Grund, weshalb er überhaupt auf diese Argumentationslinie verfiel, war ein ganz anderer. Beim Anblick des Jünglings habe er
     sofort ein Gefühl »intuitiver Abneigung« empfunden. Am Ende des Symposiums waren sich viele Teilnehmer einig, dass der Kouros
     nicht das war, was er zu sein vorgab.
    Die Anwälte und Wissenschaftler des Getty Museum waren nach monatelanger Arbeit zu
einem
Ergebnis gelangt, und die weltweit führenden Experten auf dem Gebiet antiker griechischer Kunst nach einem kurzen Blick und
     einem Gefühl »intuitiver Abneigung« zu einem
anderen.
Wer hatte Recht?
    Eine Zeit lang war die Lage unklar. Der Kouros schien eines jener zahlreichen strittigen Kunstobjekte zu werden, über dessen
     Echtheit sich Experten

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