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Blitz bricht aus

Blitz bricht aus

Titel: Blitz bricht aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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zurückwünschst, wird es auch ganz sicher eines Tages wiederkommen.«
    »Aber wie bloß? Was nützt mir mein Wünschen, wenn ich über die dicke Wand da in meinem Kopf nicht hinüberkomme?«
    »Bloßes Wünschen nützt tatsächlich nichts«, sagte Gordon. »Du mußt auch etwas dafür tun, Stufe um Stufe. Dein Körper und deine Hände sind sicher auf irgendeine Arbeit eingestellt, die du früher verrichtet hast. Versuche dich zu betätigen, und du wirst herausfinden, was es war. Du wirst bald spüren, was dir in gewohnter und natürlicher Weise zu tun gelingt, und was dir im Gegenteil ganz fremd ist. Dann nimm dir vor, was dir gelingt, und mit der Zeit wirst du dich gleichsam an Hand einer dir geläufigen Tätigkeit in deiner Erinnerung zurücktasten können, bis es dir wie Schuppen von den Augen fällt. Warte einen Augenblick; wir wollen gleich mal einen Versuch machen.«
    Gordon nahm eine Flinte von der Wand und reichte sie dem Jungen. »Nimm sie einmal in die Hand, leg an und ziele.«
    Die Hände des Jungen glitten an der Waffe entlang. Sie lag leicht in seiner Hand, aber er hatte kein Gefühl von etwas Vertrautem. Ungeschickt hob er sie an die Schulter.
    Als Gordon das sah, nahm er sie ihm weg. »Mit einer Flinte hast du bestimmt nie zu tun gehabt«, sagte er. »Nun probiere den mal.« Er reichte ihm einen Revolver, wobei er ihn genau beobachtete.
    Der Junge betrachtete den Revolver und schloß seine Finger um den Kolben. Er fürchtete sich vor dem, was er entdecken würde. Endlich faßte er die Waffe richtig an, den Finger am Drücker, hob sie und zielte.
    »Du hast das falsche Auge zugedrückt«, sagte Gordon, »entweder mußt du sie beide offen lassen oder aber das linke schließen.« Er ergriff den Revolver und gab sich keine Mühe, seine Erleichterung zu verbergen. Er lächelte: »Was immer deine Beschäftigung gewesen sein mag—mit Waffen weißt du nicht Bescheid. Das zu wissen, ist für uns beide erfreulich.«
    Die folgenden Tage waren für McGregor etwas leichter, denn er hatte jetzt etwas wie einen Plan, und das war besser, als im Haus herumzusitzen und darauf zu warten, daß sich der schwarze Vorhang in ihm hob.
    Er arbeitete an den Blumenbeeten, schnitt die verblühten Blumen ab, versetzte andere und legte auf Gordons Wunsch ein neues Beet an. Er grub die Erde um und rieb einige Krumen in der Hand, in der Hoffnung, irgendeine Erinnerung an eine ähnliche Tätigkeit würde in ihm erwachen. Er beroch die Erde, wie er es mit den Blumen tat; doch weder die Erde, noch die duftenden Blumen verschafften ihm Aufklärung.
    Eines Nachmittags wollte es ihm scheinen, als sei ihm die Angelrute, die er zur Hand genommen hatte, besonders vertraut, und er ging mit ihr zu dem Wiesenbach. Er folgte seinem Lauf ein Stück weiter und gelangte an einen kleinen Teich, in dem er Fische umherschwimmen sah. Er beobachtete sich, wie er die Angelschnur von der Rolle zog, den Haken am Vorfach befestigte und eine Fliege als Köder aufsteckte. Das alles schien seinen Fingern geläufig zu sein. Also mußte er früher schon geangelt haben. Ein begieriges Vorgefühl stieg in ihm auf, eine große Hoffnung. Vielleicht fand er jetzt Aufschluß! Er glitt das steile, grasbewachsene Ufer hinunter und blieb dort stehen. Dann nahm er den Arm zurück und warf mit gewandtem Schwung die Angel aus. Da gab es keinen Zweifel: er mußte früher schon geangelt haben! Die Fliege blieb nur eine Sekunde an der Wasseroberfläche, dann schnellte ein silbriger Körper aus der Tiefe empor, schnappte zu, schoß davon. Er fühlte, wie seine Hände automatisch reagierten.
    Als er den Fisch vom Haken gelöst hatte, hielt er ihn, in tiefes Nachdenken versunken, in den Händen und starrte ihn an, als ob er ihm Antwort auf die Frage nach seiner Identität geben könne. Er blieb im Gras sitzen, bis der Teich dunkel wurde von den langen Schatten, die die Fichten warfen, als die Sonne unterging. Endlich stand er auf und ging zum Haus zurück. Er hatte etwas herausgefunden, was er ohne Zweifel früher schon getan haben mußte; es war ein Schlüssel, aber er öffnete ihm keine Tür. Ein Gefühl von Bitternis, Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit überkam ihn. Nichts würde sich mehr für ihn ändern. Niemals mehr.
    In den nächsten Tagen saß er untätig herum. Gordon beobachtete ihn und bezeigte kein Mitgefühl. »Das ist dein Kampf, McGregor«, sagte er, »dabei kann dir niemand helfen.« Der Junge erwiderte nichts.
    Anfang der nächsten Woche sagte Gordon

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