Blitz bricht aus
einmal an deinen richtigen Namen. Du sagtest, du nähmest an, du heißest McGregor. Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich mich jetzt damit gar nicht weiter quälen, denn du wirst später Zeit genug dafür haben. Vorderhand denke nur daran, dich körperlich zu kräftigen und wieder ganz gesund zu werden. Wenn du wieder vollständig auf dem Damm bist, kannst du dir in Ruhe überlegen, was du tun willst.«
Er ging hinüber zu der Kommode, zog eine Schublade auf und entnahm ihr einen Umschlag, den er dem Jungen zeigte. »Hier ist das Geld, das du bei dir trugst«, sagte er. »Laß es hier liegen und vergiß es, bis du wieder ganz wohlauf bist. Wenn du dann weißt, daß es nicht dir gehört, kannst du dich entscheiden, was du machen willst; aber plage dich nicht mit dummen Gedanken, bevor du sicher bist, daß du ein Verbrechen begangen hast. Deine einzige Aufgabe ist zunächst, wieder ganz gesund zu werden. Wenn du dich dabei mit Schuldgefühlen herumquälst, wird deine Heilung nur um so länger dauern. Mach dir auch keine Sorgen darüber, ob McGregor dein richtiger Name ist oder nicht. In Arizona sind Namen ganz gleichgültig. Einer ist so gut wie der andre; bleib ruhig bei McGregor, er klingt gut. Wie Gordon auch—was, nebenbei bemerkt, ebenfalls nicht mein richtiger Name ist.« Er ergriff das leere Frühstückstablett und ging zur Tür. »So, nun schlaf wieder ein paar Stunden. Auf Wiedersehen.«
ACHTES KAPITEL
Das Land der hohen Fichten
In der folgenden Woche erfuhr der Junge alles, was er von Gordon wissen wollte. Tatsächlich war »Gordon« sein Vorname, sein Nachname war »Davis«. Aber während der sechs Jahre, die er hier im Land der hohen Fichten lebte, hatte er sich nicht mehr Davis genannt. Für diese Unterlassung gab es keinen irgendwie bedenklichen Grund, vielmehr wünschte Gordon nur völlig von seinem früheren Leben als Gordon Davis loszukommen. Er erzählte viel in dieser Woche, als sei er froh, einen Zuhörer zu haben. »Ein paar Jahre früher hätte ich das niemandem gesagt, ich wollte sogar jeden Gedanken daran von mir schieben, alles, was mich an Hollywood erinnerte. Ich haßte den Klang meines eignen Namens. Gordon Davis—der Herausgeber des blöden, prahlerisch aufgemachten Filmmagazins >Sterne der LeinwandGordon< allein ist gut genug!« Er lachte. »Eigentlich brauche ich überhaupt keinen Namen, denn in Arizona fragt kein Mensch danach, wie man heißt. Unten in dem Handelshaus in der kleinen Stadt Leesburg, wo ich meine Einkäufe mache, nennen sie mich den Mann mit dem Maultier. Das genügt jedem, denn jeder weiß, wer gemeint ist.
Mit vierzehn Jahren trat ich als Lehrling bei der Zeitschrift >Sterne der Leinwand< ein, und dreißig Jahre später wurde ich ihr Herausgeber. Zehn weitere Jahre verbrachte ich in dieser Stellung, ehe ich die Sache satt bekam. Ich war krank von meiner Arbeit, Hollywoods und der Welt überdrüssig. Ich nehme an, daß ich schon seit Jahren so fühlte, aber nie den Mut aufbrachte, entsprechend zu handeln. Eines Tages brachte mir meine Sekretärin die Urkunde über eine Schenkung von vierzig Ar Land: >Sehen Sie nur, was sich die Gesellschaft, die den Film ,Das Land der hohen Fichten' herausgebracht hat, ausgedacht hat: die Leute schenken Ihnen ein Stück Land in den Bergwäldern von Arizona! <
Tatsächlich war das eine originelle Werbeidee der rührigen Filmgesellschaft«, fuhr Gordon fort, »und vermutlich haben einige Dutzend Herausgeber maßgebender Zeitungen und Zeitschriften ebenfalls so ein Stück Land geschenkt bekommen.« Er lächelte. »Aber ich war wahrscheinlich der einzige, der ernsthaft Zugriff, die Steuern für das Landstück entrichtete, und dann eines schönen Tages alles hinter sich ließ und hierherreiste, um fortan auf diesem Besitz zu leben. Bis jetzt habe ich es noch nicht eine Minute bereut. Oh, es war anfangs nicht leicht, aber nach ein paar Monaten hatte ich es mir dann so eingerichtet, wie ich es mir wünschte. Ich bin glücklich hier geworden und lebe nicht viel anders wie andre Junggesellen in den Städten, nur daß ich unter den schönen Fichten wohne und meine Ruhe habe und allein bin. Ich liebe es, allein zu sein. Ich werde es bis ans Ende meines Lebens lieben, nach dem hektischen Trubel in Hollywood. In erreichbarer Entfernung—etwa dreißig Kilometer—habe ich
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