Blitz bricht aus
niemandem, er wollte nur fliehen. Allen trat einen Schritt vor und hob die Hand. Jetzt, dachte der Junge, jetzt! Doch Allen ergriff die Zügel des Rappen. Nie zuvor hatte er ihn zu berühren gewagt, jetzt jedoch, in seiner starken Erregung, vergaß er das, denn im Augenblick hatte er nur einen einzigen Gedanken und der betraf das Rennen, das noch vor wenigen Minuten für ihn verloren gewesen war. Jetzt wollte er seinen Auftritt haben, indem er das Pferd, das für ihn lief, zum Start führte. Die Zuschauer warteten auf sie. Nach dem Rennen würde er alles, was in seiner Macht stand, für McGregor tun; aber daran brauchte er jetzt nicht zu denken. Er wandte sich zu dem Sheriff und sagte: »Tom, sei doch so freundlich und hole die Reitpeitsche, die im Transporter im Koffer liegt.« Dann schritt er vorwärts.
NEUNZEHNTES KAPITEL
Das Rennen
Der Junge atmete kaum, sein Kopf dröhnte, als jetzt sein Pferd gehorsam neben Allen dahinging. So hatte er es nicht geplant. Der Hengst bewegte sich voller Eifer neben Allen. McGregor saß aufrecht, mit steifem Rücken im Sattel; ihm blieb nichts wie abzuwarten, bis Allen die Zügel losließ. Er stellte sich in den Steigbügeln auf, lehnte sich vor und sprach zu dem Hengst, um ihn daran zu erinnern, daß er bei ihm war. Aber der schmale Kopf hob sich nicht wie sonst zum Beweis, daß das Pferd ihn verstanden hatte. Auch die Ohren zuckten nicht; alle Sinne des Hengstes waren auf das gerichtet, was vor ihm lag.
Allen ging weiter und führte sie immer näher an die Bahn heran. Der Junge sah, wie die Leute die Köpfe drehten und zu ihnen herübersahen. Ihm war, als müsse er jetzt sofort seine Absichten ausführen, gleichgültig was Allen passieren würde. Er zog die Zügel an. Allen drehte sich schnell zu ihm um mit erstauntem und forschendem Blick. McGregor wollte eben sein Pferd herumreißen, als er die kraftvolle Gestalt des Sheriffs an der andern Seite auftauchen sah. Somit mußte er wiederum abwarten. Er sah, wie der Sheriff Allen die Peitsche reichte.
Und plötzlich fühlte er die kurze Lederpeitsche in seiner eignen Hand, während Allen den Hengst weiterführte. Der Junge merkte nicht, daß er den festen Griff um die Zügel gelockert hatte; er starrte die Peitsche an und preßte seine Nägel fest in das Leder. Ihm war im Moment nichts mehr bewußt außer dem, was seine Hände fühlten. Er wollte die Peitsche nicht haben, doch er konnte sie nicht fallen lassen. Er starrte sie an. Warum wußte er, daß er den Hengst auf gar keinen Fall damit berühren durfte? Warum? Jetzt hatten sie die Rennbahn erreicht. Die Tribünen wirkten wie ein wogendes Meer von verwischten Gesichtern, die in seltsamem Schweigen verharrten, während der Hengst an ihnen vorübergeführt wurde. Dann begann ein langsam anschwellendes Murmeln aufgeregter Stimmen, das schließlich zu einem die Luft erschütternden Gebrüll wurde: »Range Boß! Range Boß!« Allen lächelte in dem Bewußtsein, daß die Menge auf seiner Seite war. Nachtwind war ein Vollblüter aus Texas, während er und sein Pferd hierher gehörten...
Der Ansager sprach durch den Lautsprecher: »Soeben hat Range Boß die Bahn betreten, er gehört der Allen-Ranch in Leesburg in Arizona.«
Der Junge fühlte, wie ihm das Blut in den Kopf schoß, als die Menge abermals ihren Beifall bekundete. Der Hengst begann zu tänzeln; Allen mußte rennen, um an seiner Seite zu bleiben. McGregor hörte sich zu Allen sagen: »Es ist besser, wenn Sie ihn jetzt loslassen; ich will anreiten.«
Allen nahm seine Hand vom Zügel, aber er blieb auf der Bahn, um seinen Auftritt zu genießen. Seine Augen ruhten auf dem Hengst, aber seine Ohren lauschten den Sympathiekundgebungen von den Tribünen, die der Hengst in leichtem Galopp passierte. Allen war glücklich! Im vergangenen Jahr hatte er mit Leichtfuß dasselbe erlebt, doch das war nach dem Rennen gewesen, als sein Liebling Sieger geworden war. Heute war es mindestens verfrüht, so zu fühlen, wie er es tat. Sein Gesicht verdunkelte sich.
Der Junge hielt die Zügel kurz auf dem Weg zum Start. Er versuchte seine Ohren vor dem ihm vertrauten Rufen und Murmeln der Menge zu verschließen. Er wollte nur die Hufschläge seines Pferdes hören, die ihm sagten, daß er jetzt frei war von Allens Griff. Jetzt konnte ihn nichts mehr davon abhalten, den Hengst an die entgegengesetzte Seite der Rennbahn zu lenken, ihn über den niedrigen Zaun springen zu lassen und mit ihm davonzujagen, bevor der Sheriff oder Allen
Weitere Kostenlose Bücher